Seite 280 Internationale Sammler-Zeitung. Rümmer 18 rieht erschien uon seinem Schüler Viktor Grofj und ein neunter non Jakob Heierli, uielche neben dem zuerst Genannten sich einen berühmten Flamen in der Pfahlbauforschung ereuorben haben. Als eigentümliche Erscheinung konnte festgestellf inerden, dalj die Pfahlbauten der Westschweiz die jüngere Steinzeit, in tnelcher die Siedelungsart, auf schimmernden Seeflächen, umgeben uon dichtem, schattigem Uiiuald und sumpfigen Fliederungen, seine Behausung aufzuschlagen, zuerst auftritt, überdauern und noch bis in die späte Eisenzeit hinein besiedelt sind, so dafj selbst die jüngere Eisenzeit noch nach einer ausgedehnten Pfahlbaute den Hamen La Tem Periode erhielt. Anders dagegen ist es in der Ostschweiz und in den österreichischen Seen, eno man aus dem JTlangel an Bronzefunden schließen mufj, daf; diese Besiedlungsart mit dem Ende der Steinzeit uerschruindet. Wenn auch oereinzelte Bronze funde gemacht courden, so z. B. hat der Schiffmeister Theodor Wang aus Seerualchen am Httersee an der Stelle der daselbst einstmals gegen die Ager zu gelegene Pfühlbaute Dar einigen fahren zmei bronzene Geroandnadeln gefunden, roelche ihr Be- siljer Herr Ferdinande uon Peratoner dem ITluseum des Vereines „Deutsche Heimat“ in Kammer geschenkt hat, so sind diese als aus dem Süden importiert anzusehen, ln Österreich hat Graf Gundakar Wurmbrandf zuerst 1864 mit seinem Freunde, dem um Kunst und Wissenschaft hochuerdienten Grafen Hans Wilczek senior gemeinsame Flachfcrschungen in den Alpenseen, haupt sächlich im Attersee, uorgenommen. Er tuies zu Seerualchen beim Agerausflusse, zu Attersee, Aufham, sowie zu Weyregg, und Puschacher Pfahlbauten nach. Eine grofje menge uon Steinarte fakten, durchbohrter und undurchbohrter Hämmer, Äxte und Beile, Geräte aus Hirschhorn und zahlreiche Gefäijreste, roaren das Er gebnis seiner mit der Baggerschaufel uorgenominenen Unter suchungen. 1872 hat Regierungsrat Dr. 111. llluch zu Sec am Alondsee eine ausgedehnte Pfahlbauansiedlung nachgeruiesen und noch heute sieht man am Seegrunde Gruben dicht aneinander gereiht, die Spuren der Forschungsarbeit des uerdienstuollen, im Vorjahre oerschiedenen Forschers. Wir finden die Pfahlbauten in ganz Europa, mit Ausnahme des hohen llordens und Ostens oerbreitet; auf der Balkanhalb insel findet sich diese Siedelungsweise noch zu tebzeiten Hero- dots im 5. Jahrhundert uor Christi Geburt uor, welcher uns in anschaulicher Weise uon dem Pfahlbau der Päonier am See Prasias in Thrakien berichtet. Die Pfahlbauberoahner mären Jäger, Hirten und Fischer und betrieben neben der Viehzucht in bescheidenem ITlafje Ackerbau. Ihre wichtigsten Haustieie sind Rind, Schaf, Ziege, das Schwein und der Hund; der Ackerbau lieferte Weizen, Gerste und Flachs, llach ethnographischen Analogien zu schliefjen ist es wahrscheinlich, dafj die Frauen sich mit dem Ackerbau be schäftigten, mährend die fflänner wohl uormiegend der Viehzucht, Jagd und Fischerei oblagen, ln der Hahrung waren sie nicht sehr wählerisch; neben dem Fleische des erlegten Wildes, der Haus tiere und Fische afjen sie alle Arten uon Baumfrüchten und Beeren, deren sie habhaft werden konnten. Den Pfahlbauten der Steinzeit hat man ein Alter uon 5000—7000 Jahren zugesprochen. Sooiel ist sicher, dafj sie lange Zeit bewohnt waren und ein wichtiges Glied in der Kette der Entwicklung menschlicher Kultur in unseren Alpenländern bilden. Aus diesem Grunde hat sich der Verein „Deutsche Heimat“ über Anregung seines rührigen Obmannes Herrn Dr. E. Stepan entschlossen, aus uolkserzieherischen Gründen als auch um den Fremdenoerkehr zu heben, ein steinzeitliches Pfahl baudorf zu rekonstruieren, dessen Eröffnung am 14. August zu Kammer am Attersee stattfand. Die Rekonstruktion wurde im sogenannten Sturmwinkcl in Kammerl unweit der Bahnstation und Dampferlandungsstelle er richtet. 5ie besteht aus 5 Hütten, welche auf 190 Piloten aus Cärchenholz ruhen, darüber ist der Rost aus Querbalken gelegt. Besonderes Gewicht wurde darauf gelegt, dal] nur ungeschältes Holz zur Verwendung gelangt. Die Hütten zeigen genau die Form der beiden wissenschaftlich fesfgestellten Typen des Blockbaues und Flechtbaues. Der Grundrifj der Hütten ist rechteckig, die Dimensionen der größten 5'8:5'1 m, die der kleinsten 47:575 m, der Flächenraum des Rostes beträgt 357'16 m*. Die Innenwände der Hütten wurden mit Cehm uerputjt, nachdem die Zwischen räume der Balken und des Flechtmerkes mit llloos ausgestopft waren. Zwischen den Hütten befindet sich, ein kleines Jdyll inmitten der traulichen, llloos uerkleideten und Schilf gedeckten Hütten, umrahmt uon dem bläulich wogenden See mit lachenden llfer- landschoffen, ein kleiner Hafraum mit einem Vorrat an Holz, das sich die Bewohner hiehergeschleppt, und einem Steinbohrapparat nach einer Rekonstruktion des Grafen Wurmbrandt 1875 gearbeitet, womit die Pfahlbaubemohner ihre Beile und Äxte zu durchbohren pflegten, ln ein Stück gespaltenen Baumstammes sind uertikal zwei Balken eingelassen, oerbunden durch ein Querstück, welches in der lllitte durchbohrt ist. Durch diese Öffnung ist ein an seinem Ende gespaltener Stab gesteckt und in diesen Spalt ein zylindrisch ausgehählter Endsprolj uon Hirschgeweih eingelassen, welcher die Durchbohrung erzeugt, wobei befeuchteter Quarzsand als Agens oerwendet wird. Das Pfahldorf ist durch einen 40 in langen Steg aus Knüppelholz mit dem Festlande oerbunden. ln Verbindung mit dieser Rekonstruktion hat der Verein „Deutsche Heimat“ ein üluseum im Schlosse Kammer errichtet, worin prähistorische Funde hauptsächlich aus der Pfahlbauära der jüngeren Steinzeit zu sehen sind. Flachbeile in nerschiedensten Größen und aus oerschiedenartigem material, durchbohrte Stein äxte und Hämmer in schöner und feiner Ausführung bieten sich dem erstaunten Beschauer dar, als Beweis großer, manueller Ge schicklichkeit oergangener Zeiten. Zahlreiche Überreste der Keramik aus Ton, welcher durch Beimischung oon Quarzkörnern gefestigt ist, sowie namentlich eine Reihe oon Getäfjbruchstücken mit Or namenten, die in das Gefäfj eingegraben und durch weilje Kalk füllmasse heroorgehoben wurden, machen den Besuch des ITlu- seuins zu einem lohnenden. Durch das Entgegenkommen der In tendanz des k. k. naturhistorischen Hofmuseums in Wien ist der Verein in der tage, dem Besucher des AJuseums auch eine Reihe oon Gypsabgiissen oon Werkzeugformen der Bronzezeit und Eisen zeit oorzuführen. Sehenswert sind ferner Flachbildungen oon Flecht werken der steinzeitlichen Pfahlbaute Robenhausen am Pfäffiker- see, welche Herr Direktor Gustao Funke der k. k. £ehr- und Versuchsanstalt für Korbflechterei und oerwandte Techniken dem museum geschenkt hat. Endlich sind noch Funde der La Tene- Periode zu nennen, welche aus einem oom ITluseumsleiter F. Sch en da aufgedeckten Tumulus zu Ober-Egg bei Pichlmang her rühren, 2 Gefäfje mit Graphit geschwärzt, welche Ceichenbrand enthielten, 2 Armspangen aus lapis lazuli, sowie eine Gewand fibel und ein eisernes Gürtelblech. ln rastloser Tätigkeit strebt der Verein darnach, das llluseuin zu einer Sehenswürdigkeit ersten Ranges auszugestalten und hat bereits die Genugtuung, darauf hinmeisen zu können, dafj sich das Ausland, selbst England und Amerika, für seine Unternehmungen am Attersee interessieren und telegraphisch Abbildungen der ge lungenen Rekonstruktion und eingehende Berichte oerlangen. Er gibt sich der frohen Hoffnung hin, dafj sowohl das Pfahlbaudorf als auch das ITluseum, welche den ganzen Tag über gegen geringes Entgelt der Besichtigung offen stehen, sich reichen Zuspruches er freuen werden.