riummer 23 Internationale Sammler-Zeitung. Seite 361 Chronik. Bibliophilie. (Die Bibliothek des Ex-Sultans Abdul Hamid.) Drei Jahrzehnte lang hatte Rbdul Hamid seine kostbare Bibliothek jeglicher Benutzung entzogen nur er blätterte bisweilen in einem neuen TAanuskripte. Er mar kein freund der schönen Künste und der Philosophie, weil ihm das Wissen dazu angetan schien, seinen Thron zu untergraben. Deshalb wurde die Zensur außerordentlich streng gehandhabt und sogar auf bereits tote Dichter ausgedehnt, Omar Khaijam und Hafis mußten sich manche Kürzungen und Raderungen gefallen lassen. Die fllakamen des Hariri, die Helden sagen des firdusi und das Schah-Aameh waren eine Zeitlang gänzlich oerboten Seltsamerweise konnten aber stark unsittliche Bücher wie der „Ozean der Ciebe“ öffentlich uerkauft werden. Die sogenannte Julireoolution, die mit nie! Tamtam, aber wenig Zweck in Szene geseßt wurde, erschloß diese Bibliothek wieder der Wissenschaft. Bei einer Reoision zeigte sich freilich, daß die Bibliothekare den Verschluß der Sammlung dazu benußt hatten, ITlanuskripte zu oerkaufen, daß sich die Bibliothek überhaupt in großer Unordnung befand. Da sich unter den Türken niemand befand, der bibliographische Kenntnisse besaß, so ließ die neue Regierung einen jungen englischen Bibliothekar kommen, der zu sammen mit dem Schriftsteller flehad Bey die Büchersammlung systematisch ordnete. Vor einigen Wochen ist der sehr interessante Katalog erschienen, der freilich nicht ohne TRängel ist. Von euro päischen Citeraturen ist die französische am stärksten uertreten, was nicht wunder nimmt. Erlaubt doch die Regierung neben der türkischen auch die französische Sprache in amtlichen Schriftstücken, llloliere ist in drei Ausgaben, Voltaire, Diderot, Hugo, Daudet, George Sand oollständig zweimal zu finden. Von sonstigen her- oorragenden Autoren Balzac, Restif, Amiel, Ohnet, Droz. Goethe ist nur in einer französischen Ausgabe oorhanden, der Saust fehlt ganz, und oon deutschen Autoren sind nur Wieland, Brentano und Grillparzer mit dünnen Bändchen da; die Engländer mit Swift, Clenland, Shakespeare, Browning, Dickens, Austen; die Italiener mit da Vinci, Dante, Boccacio, Carduse, Talma. Die neuere tür kische Citerafur ist lückenlos uertreten, auch ein Eremplar der seltenen ersten Tellüberseßung, die heute noch uerbofen ist, findet sich. Den Hauptbestand machen die lAanuskripte aus, die zum Teil mit den kostbarsten TAiniaturen geschmückt sind. Ein paar waren in TAünchen auf der „mohammedanischen Ausstellung" zu sehen. Der Wert der Gesamtbibliothek wird auf über eine halbe million geschaßt, was sicher zu niedrig ist, denn einzelne ITlanus kripte sind nur einmal auf der ganzen Erde uorhanden. Die wissenschaftliche Bearbeitung wird noch literarische Schüße zutage fördern. (Heine Reliquien.) Im Verlag Karl Curtius (Berlin) wird demnächst ein umfangreiches Werk unter dem Titel Heine-Reliquien erscheinen, das der ITeffe des Dichters, Baron lAaximilian o. Heine- Geldern (Wien) und der inzwischen uerstorbene Heineforscher Dr. Gustao Karpeles herausgegeben haben. Es enthält neben zwei noch gänzlich unbekannten literarischen Arbeiten Heines eine große Anzahl Briefe, die leßterer an seinen Bruder Güstau, seine frau, seine IHutter und an Ferdinand friedland geschrieben hat; ferner Briefe, die zahlreiche freunde und Zeitgenossen, wie Solomon Heine, Immermann, Gußkam, Hndersen, ITlundt, mendelssohn, Herwegh IReyerbeer, Carriere, die fürstin Belgiojoso, die „JTlouche“ an Heinrich Heine gerichtet haben Eine längere Arbeit Gustao Heines über Heinrich ergänzt das Werk. Das gesamte material wird hier mit zum erstenmal in Buchform oeröffentlicht. Bilder. (Verkauf eines Velasqucz). Ein Condoner Händler-Kon sortium hat einen im Besiß des Prinzen Elie o Bourbon-Parma auf Schloß Schwarzau in lTiederösferreich befindlichen Velasquez um eine million Kronen erworben. Das Gemälde ist ein Kniesfück und stellt Philipp IV. dar, dessen Hofmaler Velasquez bekanntlich mar und den er oft porträtierte. Das Bild kam unter Philipp V. non Spanien nach Parma. Aach der italienischen Reoolution im Jahre 1859 brachte man es nach dem Sctuoeizer Schloß Wart egg, dem Besiße weiland des Herzogs Robert uon Parma, der es kurz uor seinem Ableben im Jahre 1907 nach Schloß SchmaYZau am Steinfelde, der im Jahre 1892 angekauften österreichischen Residenz, schicken ließ, so daß es erst seit drei Jahren in Österreich mar. - Unter Reserue sei die Version uerzeichnet, daß das Gemälde zum Jnuentar des Schlosses Schwarzau gehörte und 1892 als „Kopie eines Velasquez“ in den Besiß des uerstorbenen Herzogs Robert uon Parma überging. (Zwei neuentdeckfe Rembrandts?) Aus Frankfurt am Alain wird uns gemeldet: Der Stadtoerordnefe Regierungs- baumeister Cion oeröffentlicht in der „lAainbrücke“ eine Studie über die Entdeckung zweier Gemälde im Hause eines frankfurter Verwandten, in denen er nach gründlicher Reinigung Bilder oon einem heroorragenden Künstler mit der deutlichen Signatur Rem- brandt entdeckt haben will. Cion schildert ausführlich die wun derbaren ßeleuchtungseffekte der Bilder, oon denen eines durch aus das Gepräge des berühmten Rembrandtbildes der Condoner Aationalgalerie: „Die Anbetung der Weisen“ trägt. Das zweite Bild behandelt den bekannten Bibelstoff der Auferweckung oon Jairi Töchterlein. Cion weist nach, daß beide Gemälde aus der berühmten Brentano-Birkenstockschen Sammlung stammen; Goethe hat 1815 die Sammlung besichtigt und sich sehr lobend darüber ausgesprochen Bekanntlich enthielt diese Sammlung zahlreiche Originale oon größter Bedeutung, zum Beispiel Don dem jüngeren Holbein, oon Cranach, Teniers, oon Goyen und Stuerbout. Cion schließt seine Betrachtung mit der Aufforderung an die Rembrandt- forscher, eine genaue Prüfung der Bilder oorzunehmen, die natür lich, falls ihre Echtheit bestätigt werden sollte, eine sensationelle Entdeckung bedeuten würden. Exlibris. (Auktion der Sammlung Stiebei.) Aus Ceipzig wird uns gemeldet: Bei der Versteigerung der großen berühmten Exlib ris-Sammlung des jüngst uerstorbenen frankfurters Heinrich Eduard Stiebei, die in dem Auktions-Institut C. G. Börner stattfand, wurden sehr hohe Preise erzielt. Am meisten oerlangt waren die frühen Exlibris des 15. und 16. Jahrhunderts, oor allem Schweizer Seltenheiten aus dieser Zeit, aber auch die späteren deutschen, französischen und spanischen Blätter waren stark begehrt. Die höchsten Preise brachten zwei frühe Blätter des 16. Jahrhunderts, Holzschnitte für das Bistum Konstanz, kleine erlesene Kunstwerke, oon denen der eine 450, der andere sogar 710 lAark brachte, wohl die höchsten Summen, die jemals für ein einzelnes Exlibris bezahlt morden sind. Unter den Amerikanern der Sammlung wurde eine Serie Blätter des berühmten Exlibris-Künstlers Edwin Daois f rench (289 Bl.), durchweg Originalradierungen, für 500 lAark erstanden. Eine Reihe Blätter des Engländers Sherborn trug 325 mark ein, neun Exlibris des Schweizer Künstlers Albrecht o. Haller 295 lAark., ein einzelnes Blatt des Schweizers Schellen berg 120 lAark. Das Bibliothekszeichen der Königin lAaria Anna oon Spanien wurde mit 125 mark bezahlt. Von den französischen Exlibris fanden besonders die feinen Stiche des 18. Jahrhunderts starken Zuspruch. Eine Sammlung amerikanischer Blätter brachte 375 lAark, eine andere des Engländers Bell 150 mark. Von den modernen deutschen Exlibris ging ein prächtiges Blatt oon Otto Greinerfür 160 lAark fort, ein anderes oon Kling er für 130 lAark. Eine kleine Serie oon Konuoluten deutscher Blätter des 18. Jahr hunderts wurde mit über 1000 mark bezahlt, für die in dem Katalog oerzeichneten Sammelnummern, welche durchweg Hunderte uon Exlibris umfaßten, die ihrem Charakter nach zusammenge hörten, wurden überhaupt durchweg hohe Preise gelöst. Van den alten deutschen meistern erzielte ein Blatt oon Dürer 105 lAark, ein weiteres oon Kreß oon Kressenstein 125 lAark, ein drittes oon Justus Jonas, des freundes Cuthers, 105 lAark, Das Gesamt ergebnis der Exlibris-Auktion beträgt zirka 52.000 lllark