Seite 34 Internationale Sammler-Zeitung. riummer 3 Hinsicht bemerkenswert. — ferner ein „Buttenmann“, Silber oergoldet, mit der Butte auf dem Rücken, den Hammer in der Rechten, einen Becher in der Linken, auf rundem ornamentalem Sockel, mit Wappen und Inschriften, eine nürnberger Arbeit des 17. Jahrhunderts. Endlich möge der prächtige Hochzeitsbecher in Gestalt einer frau heroorgehoben sein; das Kostüm des 17. Jahrhunderts ist reich ornamentiert mit getriebener und gepunzter Arbeit. Kopf, Hals, Krause und Hände sind Silber, das übrige oergoldet. ln den erhobenen Händen trägt sie an Ästen die halbkugelförmige, reich ornamentierte Cupa. Am Rande des Rockes steht die Inschrift: „Wer daraus trincket Bier oder Wein, der gedenck alzeit in Besten mein.“ .. Hieran roollen toir einige oorzügliche HoIzschnitjer- eien anreihen. Zunächst eine llladonna mit Kind, das Werk eines niederrheinischen, roohl kölnischen Uleisters, oon prächtigem Schöning der Linien und überaus roeich und oornehm im reichen faltenrourf des Gemandes. Auf der Rückseite ist das JTlonogramm A. D. eingeschnitten, ferner ermähne ich zroei herrliche französische Reliefs in mattem Buchsholz, Arbeiten oon entzückender feinheit in den reich beroegten Gruppen, der Landschaft, der Perspek- tioe. Die eine stellt die Auffindung lllosis, die andere den Zug durchs Rote LlJeer dar. Besonders reich ist die Sammlung an Glfenbein- arbeiten oon deutschen, olämischen und italienischen meistern, in der ITlehrzahl aus dem 17. Jahrhundert stammend: Krüge mit figuralem Schmuck in Relief, Gruppen oon frauen und Llymphen, ITleergottheiten, Kriegern, Puloerflaschen mit Jagdszenen etc. — Gndlich sei mit geteilt, dalj auch zahlreiche roertoolle ITliniaturen oon französischen und englischen Künstlern sich in der Samm lung finden. Indem ich die Schilderung der entzückenden Garten salons mit reichem Blumenschmuck, mit Reliefs oon Rafael Donner, eines mit llJobiliar, das zum Teil aus dem einstigen Besil3 der Königin AJarie Antoinette stammt, mit guten ungarischen ITlarktmotioen oon Pettenkofen etc. einer späteren Gelegenheit oorbehalte, will ich nun einen der interessantesten Räume des Palais beschreiben, den Prudhon-Saal, Der im Louis XVI.-Stil, roeil) mit goldenen umrahmenden Ornamenten gehaltene Raum enthält in den hohen Wandfeldern und über den Türen dekoratioe Gemälde des erst in jüngster Zeit roieder zur gebührenden Würdi gung erhobenen Pierre Paul Prudhon (1758—1823) und seiner Schülerin und Geliebten Constance LTlayer. Von der Existenz dieser Gemälde ist bisher in der Öffentlichkeit so gut toie nichts bekannt. Als ich oor einigen Jahren Herrn ITleyer-G raefe, dem geistoollen Autor der „Gnt- roicklungsgeschichte der modernen ITlalerei“ und speziellen Kenner der französischen Kunst gelegentlich oon diesen Arbeiten Prudhons Grroähnung machte, äufjerte er den leb haften Wunsch, die Bilder zu sehen, Photographien zu erhalten und genaueres über die Gntstehung zu erfahren. Prudhon toird, roie enoähnt, oon den neueren Kunstkennern und Historikern besonders hoch gestellt. Gr mar der einzige, der neben Daoids hartem strengen männlichen Stil der Gmpirezeit die roeiche toeibliche zarte Seite der französischen Kunst aus dem Rokoko hinüberrettete ins 19. Jahrhundert, in die Alalerci der Romantik. Prudhons schcoärmerischer Geist oermochte seine Llahrung nicht allein aus der kühlen Gröfje der Antike zu ziehen, sondern er fühlte sich gerade zu jenen meistern hingezogen, die - roie Corregio und Watteau — der Antike am fernsten stehen. Das macht seine mythologischen und allegorischen Darstellungen, roie die berühmte „Gntführung der Psyche“ im Louore so an ziehend und sympathisch. Da sich die Kunstfreunde und die Wissenschaft oon Jahr zu Jahr mehr mit diesem oor- nehmen Künstler beschäftigen, der inmitten einer tendenzi ösen und oft brutalen Produktion der Llach-Reoolutionszeit die feinsten koloristischen und seelischen Grrungenschaften des 18. Jahrhunderts festzuhalten und an dem Geiste der Antike zu oeredeln bestrebt roar, so roürde die Publikation dieses Rothschild’schen Salons besonderes Interesse er- roecken. Was in französischem Prioatbesitj oerborgen roar, rourde in den letzten Jahren fast oollständig oeröffentlieht. Die Zeitschrift „Les Arts“ hat in mehreren Heften eine Anzahl oon Gemälden Prudhons, soroie seiner schönen freundin und congenialen Schülerin Hille. Constance lllayer aus oerschiedenen Sammlungen, besonders aus der Kollek tion Alexis Rouart, publiziert. — Auch die Wandfüllungeri und Supraporten im Palais Rothschild sind charakteristische schöne Werke dieses Illeisters. Die oier Höhenbilder, roeiche die Kunst, die Illusik, die freuden des Reichtums und die der Liebe darstellen, und die drei Quergemälde über der Tür, dem Spiegel und dem feilster, roeiche in matten farbtönen, in der Art oon Grisaillen und in relief artiger Wirkung jedes eine liegende frauengestalt, die eine schlafend, eine andere lesend und die dritte sich schmückend zeigen, oermeiden mit größter feinheit die frioolität des Rokoko, roie die pathetische Pose des Klassizismus. Welcher Adel in der Zeichnung, roeiche Delikatesse in den Be wegungen, im Kolorit! Wohl haben auch deutsche und österreichische Künstler des 19. Jahrhunderts einen oer- roandten Stil dekoratioer ITlalerei aufzuroeisen, doch erreicht keiner, auch Ra hl nicht, den französischen ITlaler an Grazie der Komposition, an Lloblesse des Tons. ln eine frühere Zeit der französischen Kunst, in die Blütezeit des galanten Rokoko, fühlen roir uns oersetjt, roenn roir das Arbeitszimmer, die Bibliothek und den Schlafraum im ersten Stockroerk betreten. Vor allem das berühmte Gemälde oon Boucher, welches die LTlarquise Pompadour als Göttin darstellt, die schönen Gobelins und die beiden Gemälde fragonards „La bascule“ und ,, I Lescarpolette“ gehören zu den schönsten Produkten jener Gpoche. ITlit dem letzteren Bilde hatte fraganard (1737 bis 1806) bekanntlich seine eigene Position geschaffen. Gs ist aus Kupferstich-Reproduktionen bekannt, rourde übrigens auch oom ITleister in mehrfachen Varianten wiederholt. Virgile Jösz erzählt über dieses Bild: „Gs roar im Jahre 1 763, als der Baron Saint Julien den jungen begabten ITlaler, der den Liebesszenen Watteau's und Lanerets eine neue flöte geben sollte, aufforderte, ihn in seiner petite maison zu besuchen. Gr stellte ihn seiner freundin ITladame de la Tour du Pin oor und eröffnete dem Künstler seine Absicht: Ich möchte, dafj Sie ATadanie malen, und zroar auf der Schaukel sitjend. mich stellen Sie so, dafj ich die fiilje der Schönen sehe, — oielleicht auch mehr, roenn Sie mich besonders erfreuen roollen!“ — Sa entstand das Gemälde „Les hazards heureux de l’esearpolette“, oon dem eine Variante sich jetjt in der Wallace-Kollektion befindet; es gefiel so sehr, dafj weitere Bestellungen folgten, die sich in der Sammlung des Herzogs oon Polignac, bei Gdmond Rothschild in Paris und in der in Rede stehenden Wiener Sammlung finden, „fragonard hatte damit seinen Beruf entdeckt: Les surprises d’amour sind sein unerschöpfliches Thema geworden.“ Die Vorliebe für die Kunst frankreichs, die ja bis auf den heutigen Tag die führung der gesamten Kunst- beroegung behalten hat, spricht sich auch in der plastischen Ausschmückung der gartenseitigen fa^ade und der herr lichen, roeiten Liberblick gewährenden Gartenterrasse aus. Rechts erblicken roir an der Litauer eines Wirtschafts gebäudes einen figurenreichen grofjen Wandbrunnen, ein Werk des zeitgenössischen Pariser Bildhauers Chapu, dessen „Jeanne d’Arc“ im Luxembourg, die „Huldigung der Jugend“ (Grabdenkmal für Henri Regnault) wegen ihrer