Seite 98 Internationale Sammler-Zeitung. Rümmer 7 hohe Steuern, das läßt sich auf normalem Wege nicht leicht hereinbringen, ln der Auslage sieht man kleine Terra kotten, billige Bibelots und einfache Porzellanfigürchen, mit fünfzig, hundert oder zweihundert Francs etikettiert; roenn er die oerkauft, hat er nichts nerdient. Diese Sächelchen sind nur Anlockung. ITlan soll sehen, daß um geringes Geld Preisanirdiges geboten wird. Der Besitjer lungert gelangroeilt hinter seinem Geschäftspult und kümmert sich gar nicht um die kleine Pariser Kundschaft, die überläßt er seinen Kommis. Cr erwacht erst aus seinem Dämmern, roenn der lllandarin erscheint. 5ür den hat er einen sicheren Blick. Das ist in der Regel ein dicker Herr in einem Astrachanpelz und mit dielen Brillanten an den fingern. Gouoernement Jekaterinoslau oder Rishnijnorogorod. Das ist der eine Typ. Oder ein kleines dürres ITlännchen mit mattgelbem Teint und einer grellen buntfarbigen Krawatte. Geographische CageBuenos- Ayres oder Valparaiso. Das ist der ITlandarin Rümmer zwei. Beide Cxemplare sind außerordentlich geschaßt wegen ihres Geldes, das sie so leicht und so gerne los werden. Sie bekommen für unmenschliche Summen irgend einen wertlosen, aber pompös aussehenden Gegenstand. Ich entdeckte in einer Cadennische zwei große chinesische Vasen, wie sie jedes Kauffahrteischiff aus Schanghai mitbringt, und frage was sie kosten. „Das weiß ich selbst noch nicht“, sagt mir der Cadenbesißer, „das hängt ganz daoon ab, wer sie haben will. Gin Kenner kauft sie gewiß nicht und der ITlandarin soll dafür tüchtig zahlen. Das Wichtigste ist, daß man zu beurteilen t>er- steht, roieniel man einem zumuten darf. Die meisten haben sich ja oorgenommen, einen bestimmten Betrag aus zugeben. Und dann kommt es auch darauf an, ob mir im gegebenen ITloment etwas Passendes einfällt. Vielleicht sind diese zwei Vasen, die ich uor oierzehn Tagen aus China bekommen habe, im Schreibzimmer des Schlosses fontainebleau gestanden, als Rap.olean die Abdankungs- urkunde unterfertigte. Crhöht das nicht den Wert der Vasen ins Ungemessene? Cr sann einen Augenblick nach. „Rapoleon fontainebleau Abdankung, das klingt sehr hübsch. ITlacht sich auffallend gut. Ich denke, ich werde bei dieser fassung bleiben. Sie schadet Riemandem, denn der Glaube macht selig und mir wird sie nüßen. Und dann, möglich wäre es immerhin, warum sollten diese Vasen nicht im Schreibzimmer Rapoleons gestanden haben? Wenn ich noch lange mit Ihnen darüber plaudere, bin ich sogar selbst daoon überzeugt.“ Cr lächelte zynisch und fügte dann seufzend hinzu: „da, roenn er nur kommt, der ITlandarin! Rach meiner Crfahrung und nach meinen statistischen Aufstellungen ist er alle sechs Wochen einmal bei mir im Geschäft. Rur roenn sie in Rußland Krieg haben oder roenn sie sich in Chile bei einer Reoolution die Köpfe blutig schlagen, bleibt er aus. Dann freilich haben wir eine schlechte Saison.“ Die meisten JRenschcn sind durch ihr schmales Porte- monaie daoor geschiißt, zum lllandarin zu werden. Aber gelegentlich kann sich auch der minderbemittelte etwas leisten. Cs gibt Interieurs, die mit einem minimalen Auf wand, allerdings im Verlaufe einer längeren Zeit, ent zückend hergerichtet worden sind. Cs geht schon, wenn man sich nur die Rlühe nicht oerdrießen läßt, und auch die nötige Bedächtigkeit hat, um auf passende Crgänzungen und Ausschmückungen seines Heims zu warten. Ulan darf nur nicht einen Corot haben wollen, roenn man bloß hundert Gulden ausgeben kann, und man soll nicht in das nächste Rlagazin treten und Kunstwerke einhandeln, wie Zuckerrüben und fisolen. Das Wort fausts: „Rame ist Schall und Rauch“ ist nirgends so wahr wie bei Kunstwerken. Bei näherer Prüfung durch einen fachmann oerflüchtigen sich die meisten Reimen zu Schall und Rauch, und was gestern noch ein Tizian war, ist heute oielleicht schon die Arbeit eines unbekannten Jüngers der tiziani- schen Schule. Wir machen es ja unaufhörlich mit, daß Bilder und Statuen, die nach Hunderttausenden bewertet wurden, und geradezu einen Bestandteil des llationaloermögens darstellten, oon Kennern plößlich als falsifikate gebrand markt werden. Wenn es den bedeutendsten Conaisseurs gestattet ist, zu irren, dann darf man es dem Caien nicht zu schlimm anrechnen, wenn er hereinfällt. Aber wozu sich erst auf die Pfade begeben, die mit Irrfümern dicht bewachsen sind? Cs gibt junge ITlaler und Bildhauer genug, die glücklich sind, roenn sie die Crstlinge ihres Könnens überhaupt an den IRann bringen. Die suche man auf. Sie fälschen nicht, sie geben, was sie haben. Ulan sammle Gegenwart, dann hat man oielleicht in der Zu kunft roertoolle Vergangenheit. f Hlt-Hamburgi5die Deckenmalereien. Das ITluseum für Hamburgische Geschichte hat in letzter Zeit verschiedene Deckenmalereien erwarben, die, nebeneinander- gestellt, einen Überblick, über einen interessanten Zweig altham- burgischer Zimmerausstattung während des 17. Jahrhunderts ge währen. Die älteren Decken entstammen dem Hause Deichstrafje 53, das, wie die überragende fachwerkwand mit dem hohen Spil]- giebel andeutete und wie urkundliche forschungen des Staats archivs bestätigten, um 1585 neu erbaut wurde. Die älteste Decke dürfte die sein, die in dem großen Saale des Hauses unter einer blaugrünen Verschaldecke zum Vorschein gekommen ist. Was sie charakterisiert, ist zunächst die Vielfarbigkeit, die noch den Cin- druck unoermittelter Buntheit macht. Die färben stehen scharf nebeneinander; das Bestreben geht sichtbar auf eine JTtannigfaltig- keit, in der jedem Tan annähernd die gleiche Bedeutung eingeräumt wird. Die Wirkung ist dem entsprechend frisch und fröhlich. Dem stilistischen Charakter der ITlalerei entsprechend ist die Zeichnung, die unoerbunden fruchtstücke, Tiere und manschen in mannigfacher Beschäftigung zeigt, noch uerhältnismäfjig dünn ausgezogen; be sonders die ornamentalen Randoerzierungen, deren spitge Cinie in Punkte ausläuft, machen den Cindruck, als ob sie Ornamentstichen des 16. Jahrhunderts nachgezeichnet wären. Ganz so hoch hinauf freilich wird man die Decke zeitlich nicht setjen dürfen, denn die Kleidung wie auch gewisse eigenwillige, aus dem rankenmäijig umbogenen Ornament gewonnene Schnörkel weisen die ITlalerei dem Anfang des 17. Jahrhunderts zu. Die im Alfer folgende Decke stammt aus dem rechten Parterrezimmer des gleichen Hauses. Auch sie hat noch die gleiche bunte farbigkeit, die sich aus etwa zehn Tönen mit gewollter Un- harmonie zusammensetjt. Die Komposition ist fast geometrisch scharf; zwei wie am Cineal gezogene Bilderstreifen laufen parallel über die ganze fläche; sie sind gefüllt mit oergitferten Ooal- und Quadratfenstern, die durch marmorierte Streifen oder durch ähnliche quer laufende Bänder miteinander oerbunden werden. An die ■senster schließen sich barock gewundene kurze Schnörkel, die aber charakteristischerweise noch nicht aus den Ooalen selber entwickelt, werden, sondern in loser Verbindung mit diesen ein noch ziemlich unbemerktes Dasein führen, ln die Oualfenster sind schlanke Hirsche, Pferde usw. gemalt; sie sind teilweise in ihrer Bewegung oorfrefflich charakterisiert, wenn auch noch weif entfernt oon der prachfoollen (Energie und Körperlichkeit, die das Barock seinen Tiergestalten zu geben wußte. Die Illusion, die Tiere im Vorbei eilen an den fenstern zu zeigen, wäre allerdings bei einer Decken malerei glaubwürdiger durch die (Einführung oon Vaqeln erreicht worden. Die übrigen Decken im Besitj des ITluseums gehören dem entwickelten Barock, der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts an. Sie unterscheiden sich in zwei Hauptpunkten oon den oorbe-