Seite 68 Internationale Sammler-Zeitung. Hummer 5 Fälschung antiker Bläser. Es scheint kein Gebiet der Kunst oder des Kunst geroerbes mehr zu geben, oor dem der falscher Halt machen würde, keine Kunstgattung, deren Schmierigkeiten er nicht mehr oder roeniger geschickt zu Überminden oermöchte. Wer etroa glaubt, dafj Glas oor fälschung sicher ist, der roird eines anderen belehrt durch das ausgezeichnete Buch Paul Eudels „fälscher-Künste“ (Ceipzig, Verlag oon fr. Wilhelm Grün am), auf das mir bei seinem Erscheinen schon aufmerksam gemacht haben. Eudel midmet den Glasfälschungen ein eigenes, sehr interessantes Kapitel, dem mir folgendes entnehmen: ln sehr oielen ITluseen gleifjen hinter den blanken Spiegelscheiben der Vitrinen römische Glasschalen, fläschchen und Vasen im rounderoollsfen Irisschimmer und sind doch blofj fälschungen antiker Gläser. Ein Hauptfabrikationsort derartiger Imitationen mar Köln, heutzutage roerden sie auch noch an oielen anderen Orten erzeugt, d. h. primitio geformte, bereits oorhandene Gläser roerden entsprechend präpariert, damit sie den irisi erenden Glänz annehmen, der den jahrhundertelang in der Erde oerschiittet geroesenen Gläsern zu eigen ist. Sehr beliebt sind bei den fälschern die im niederöster reichischen Weinland aus alter Zeit noch immer im Gebrauche befindlichen, kubisch schlicht geformten Viertel- und Halb literflaschen, da sie gemessen römischen ähneln. Um ihnen Irisschimmer und Patina zu oerleihen, roerden sie entroeder in Jauche gelegt, oder roeil dieser Ätjprozefj langsam oon- statten geht, mit einer lllixtur oon ungefärbter Gelatine und puloeriesiertem roeifjen Glimmer bestrichen. Ein geringer Zusatj oon in konzentriertem Spiritus gelösten Anilinfarben ermöglicht es, ganz nach Belieben das Spiel oon Rot, Grün, Blau und Violett in der irisierenden Schimmermasse zu oerstärken, zu nuanzieren. Ein Wiener Sammler besafj eine ganze Kollektion derartiger Gläser, und man mul] zugeben, dafj es eine roahre Augenlust bereitete, die farbenprächtigen Gefälje in den Schauschränken glitjern zu sehen. Gelegentlich des Besuches eines Kenners erlitt jedoch der auf seine Kollek tion nicht roenig stolze Besiijer eine empfindliche Ent täuschung. Aufgefordert, eine der flaschen zur näheren Besichtigung aus dem Schranke zu langen, roozu er sich roegen der oermeintlichen Kostbarkeit der Gläser nur schroer entschlaf], mufjte er oon dem lachenden Kenner zu seinem Entsetjen oernehmen, dafj er da eine Reihe oon Winzerflaschen zusammengetragen hatte, roie sie sich im Weinbezirke oon Krems noch im werktäglichen Gebrauch befinden. Warmes Wasser löste den ganzen schönen Irisschimmer zu einer trüben flüssigkeit auf. Ähnlich roerden die kleinen ITletflöschchen, die die Cebzelter auf ihren Kirchfagsständen feilhalfen, durch das Vergraben in Düngerhaufen in sogenannte Tränenfläschchen di prima cartello, oerroandelt. Antike Goldgläser: doppelte Glasböden, zwischen denen graoierfe Goldblättchen eingeschlossen sind, und die angeblich aus den ersten christlichen Jahrhunderten stammen, kommen aus Italien. falsche orientalische Gläser und ITloscheenlampen mit Emailmalerei und Goldhöhung wurden oielfach oon Paris aus in Umlauf gebracht, doch fällt bei Vergleichung mit echten Stücken gewöhnlich die harte, unharmonische farben- gebung sofort auf. Alte deutsche Humpen mit bunten JTlalereien und Inschriften liefert in ganz oorzüglicher Ausführung ITlün- chen. Antikes JAurana kommt aus Böhmen. Die schönen alten Erzeugnisse der lllargeride de Saint-flour (Departe ment Eantal, Südfrankreich) roerden in den nordfranzö sischen Glashütten sehr geschickt kopiert. Eine ungarische Glashütte machte Überfanggläser so täuschend den antiken nach, dalj es den fälschern, die mit diesem material arbeiteten, gelang, Kirchenfenster zu machen, die selbst oon Kennern für Arbeiten des Anfroerpener Kleisters Hans Ack gehalten wurden. Jn Süddeutschland, namentlich in Bayern roerden sogenannte alte fenster und Wappenscheiben oirtuos imitiert, und es gibt hierzu bereits mehrererlei Verfahren. Das eine besteht darin, dafj man, um die in alten Scheiben so häufigen Dächer nachzuahmen, oor dem Brande oer- miftels einer Bürste eine dunkle färbe aufsprifjt, deren Tröpfchen dann mit der lllalerei darunter oerglasen, wo durch man dem modernen fabrikaf den Stempel des drei zehnten Jahrhunderts aufdrückt; das zweite ist einfacher: sobald die einzelnen Stücke durch Bleirufen oerbunden sind, roird das ganze fenster mit flüssigem lllastix über gossen. Die dritte lllethade bedient sich, roie bei so oielen anderen fälschungen, der Photographie und ist ebenso ein fach als unkünstlerisch. Sobald die Photographie oerglast und auf chemischem Wege koloriert ist, werden die Glas- fafeln zugeschnitten und mit Blei gefafjt und das fernster aus dem sechzehnten Jahrhundert ist fertig. Die Glasfenster-fälscherkunst blüht in den achtziger Jahren des oorigen Jahrhunderts ganz besonders, da da mals jedermann, der es nur irgendwie oermochte, in seinem „altdeutsch“ eingerichteten Zimmer auch gotische fenster haben wollte. Seither sind andere fälschergebiete lukratioer geworden, doch taucht noch immer hin und wieder im Handel das Rosettenfenster eines gotischen Doms oder die Deootianaltafel einer Stifterkapelle auf, kenntlich als falsch durch die leuchtkraftlosen färben. Die alte Glasmalerei zeichnet sich, welchem Stil sie auch angehören mag, roie jedes edle Kunstwerk, durch Geschmack, durch Harmonie der färben und hauptsächlich durch die aufjerordentliche Sicherheit der Technik aus. Das moderne, gefälschte Glasmalereifenster hingegen ist in der Regel geschmacklos, schlecht gezeichnet, hat grobe Umrifjlinien, während die auf alten Scheiben ebenso diskret roie bestimmt ausgeführt sind. Die modernen färben, zumal das Grün und Blau, kreischen mahl, leuchten aber nicht, dann pflegen sich unreine Zroischenföne, ein siifj- liches Cila, einzumischen, und die Schrift ist schlecht nach gemacht. Und all das gilt noch oon den besser gelungenen fälschungen, denn oiele andre erweisen sich schon durch den blofjen Widerspruch zwischen der Stilepoche, der die figuren angehören, und der mitunter geradezu blödsinnigen Datierung als unecht, manche oon den modernen Glas malerei-Imitatoren haben oermutlich nie die schönen und echten fenster alter Kathedralen gesehen. Wozu auch? Sie arbeiten ja für jenes Publikum der Auktionen, das oon den Geheimnissen dieser Kunst blutwenig roeilj.