Seite 88 Internationale Sammler-Zeitung. riummer 6 Uolksteöter Porzellan. Dem Ceipziger nationalökcmcimen Professor Dr. Wilhelm .Sticda, der uns schon ein instruktiues Buch über den Anfang der Porzellanfabrikation aus dem Thüringer Walde geschenkt hat, danken mir nun eine oerdienstliche Arbeit über die Volkstedter Parzellan- fabrik, die im 18. Jahrhundert ihre Blütezeit erreichte und deren Crzeugnisse noch heute beliebte Sammelobjekte sind. An der Hand eines zum größten Teile ungedruckten und bisher auch unoeröffentlichten Alaferials gibt der Gelehrte ein Bild der für die thüringisch-deutsche Porzel'.anfabrikatian sehr ruichtig gewordenen Anstalt. (Die Parzellanfabrik zu Volkstedt im 18. Jahr hundert oon Dr. Wilhelm Stieda, ard. Professor der national- ökonomie an der Unioersität Ceipzig. mit drzi Bildern. Ceipzig. Verlag oon S. Hirzel. 1910.) Über den Zroeck des Buches spricht sich der Verfasser selbst in dem Vorworte aus, wo es unter anderem heifjt: „6s beabsichtigt keine kunstgewerbliche Würdigung der Teistungen des Volkstedter €tablissements und hat daher auf Ab bildungen heroorragender Stücke oerzichtet. Jn dieser Beziehung sei auf das unter der Presse befindliche Werk oon Graul und Kurzwelly über Altthüringer Porzellan oerwiesen. Vielmehr ist der Gedanke maßgebend gewesen, für eine noch zu schreibende Geschichte der deutschen Arbeit und des Aufkommens der Groß betriebe einen Beitrag zu liefern. Auf Grund der leider allerdings auch jeßt noch unoollständig gebliebenen ITlaterialien sollte die Entwicklung der Fabrik im achtzehnten Jahrhundert und namentlich die mitwirkung der organisatorisch bei ihr tätigen ITlänncr ins rechte llicht gerückt werden.“ Troß dieser bescheidenen Einschränkungen kommt der Ceser auf seine Rechnung, da Professor Stieda in seinem Buche sehr oiel mertoolles material zusammengetragen hat. Die Gründung und Entwicklung der fabrik sind eingehend geschildert und in den weiteren Kapiteln (Der fürst Johann Friedrich zu Schwarzburg Rudolstadt und die Porzellanfabrik, das Personal der fabrik, die Gebrüder Greiner und die Porzellanfabrik zu Gera etc.) wird man des Wissenswerten oiel finden. Das Interesse des Sammlers wird insbesondere das Kapitel „Die fabrikatian und die marke“ erregen, dem wir fol gendes entnehmen: Was in Volkstedt erzeugt wurde, erhellt aus den Aufzeich nungen, die gelegentlich der Übernahme der fabrik durch IJonne im Jahre 1767 gemacht wurde. Es handelt sich uorzugsweise um die Herstellung oon Gegenständen des täglichen Bedarfs, um Kaffee-, Schokolade und Teegeschirr, um Bestandteile oon Tischseroicen oder sonst im Hause zu gebrauchende Stücke. An größeren Stücken werden namhaft gemacht: die Aufsäße, in der Regel aus 3—5 Stücken zusammengestellt, die Potpourrioasen, Waschschalen mit Kanne, grabe Punschnäpfe, große bunte Teller (Assielten), große bunte Schüsseln, Terrinen. Als Erzeugnisse, die dem feineren Wohlleben oder dem Cuxus dienen, zeigen sich die Degengriffe und Stöckknöpfe, Vasen und Blumenkrüge, Pfeifenköpfe und Tabak stopfer, Pomadenbüchsen und Tabatieren. Sie scheinen indes an Zahl erheblich hinter die anderen Waren zurückgetreten zu sein. Als besonders bemerkenswert hebt Stieda heroor, daß in Volkstedt oon Anfang an figuren gemacht morden sind. Es werden genannt, eine staffierte Statue der Venus zu einem Reichsfaler, 16 Groschen, drei große Statuen zu 8 Groschen. Alle diese Gegenstände wurden weiß, bunt, paille, blau und oergoldet hergestellt. Einen weiteren Unterschied bedingte bei Tassen, Kannen, Tellern und Schüsseln das „glatt“, „gerippt“ und „graoiert“. Unter den farbigen Dekors ist der Purpur nicht selten. Als lAuster des Dekors werden nachgewiesen: Candschaften, der Palmenbaum, bunte Blumen, Kannen mit Gesichtern (Porträts?) Kornähre. Sehr oiel reichhaltiger erscheint die fabrikation 30 Jahre später, nach einem Preiskurant oon 1795. Dieser unterscheidet „Kaffee- guth“, Kaffee-Seroice, Tafelzeug, Pfeifenstummel und dioerses Por- zellain. Der Dekor war mannigfaltig. Es gab blau und weiß, purpur und bunt, Dekor mit goldenem Band, Dekor mit Cand schaften und mit figuren. Die leßteren Dekors waren kostspieliger. Die Preise für ganze Kaffeeseroice wechseln oon 6 Talern bis zu 80 Talern. Die billigsten waren die blau und weißen: am teuersten ein Seruice mit blauem Grund und goldenen figuren. Zwischen diesen beiden Extremen liegen die wohlfeileren Aus stattungen, oon denen namhaft gemacht werden: braun und paille mit Kanten, blau mit deutschen Blumen, mit indianischer UlaJerei, bunt oder purpur mit goldenen Rändern, Kornmodell ohne goldene Ränder, dergleichen mit goldenen Rändern, mit natürlichen Vögeln gemalt und mit goldenen Rändern mit Jllosaik und Girlanden mit Porträtmalerei und goldenen Rändern, mit Wedgwood-ITlalerei und Vergoldung. Zu einem „Tafelzeug“ gehörten nach dem Preiskurant, ohne daß die Zahl der Stücke genau bestimmt war, Terrinen, ooale und runde Bratenschüssel, runde Schüssel, Comtiers (siel), Butterdose, Tafelleuchfer, Suppen- und Speiseteller, Salzdose, Dessertteller, fruchtteller, Konfektschale, Weinblätter zum Dessert, Ulesserhefte. Butterstreicher, Geleellöffel, Kredenzteller, Senf-, Öl-, Essig-Krügel, Pfeffer- und Zuckerstreuer; ferner werden außerdem Platfmenagen zu kleinen Tafeln in Gestalt eines Schiffes, als fruchtbaum und als Hühnernest ausgeführt. In sehr großer Verschiedenheit wurden Pfeifenstummel ange- boten. Ihr Preis betrug pro Dußend: weiße Stummel 12 Gr. mit ard. Blumen oder Buchstaben ... 18 „ ganz weiße mit goldenen Buchstaben . . 1 Taler bunfgemalte mit goldenen Buchstaben . . 1 „ l „ mit Holzgrund. ... I „ 16 „ mit Porträts en basreliefs angelegt ... 2 „ mit sächs., preuß., kayserl, Wappen, ard. Alalerei I „ 12 „ ganz blau mit Blumen 2 „ 6 „ ganz blau mit figuren oder Candschaften . 3 6 „ mit bunten Porträts 3 „ als Vögel beschlagen 6 „ mit Sirenen, Safthalfer und Urne, beschlagen 7 „ dunkelblau mit „Alahlerey ä la Wedgemood“ 4 „ dunkelblau mit figuren und Candschaften in Gold graoiert 12 „ Die oorstehend oerzeichnete Ware galt als kurante; wollte man andere oder bessere haben, so hatte man nur nötig, seine Wünsche oerlauten zu lassen. Saubere lAalereien wurden in uor- züglich guter Ausführung in Aussicht gestellt. Höchst umfangreich fällt das Kapitel der „diuersen“ Porzellane aus. Eine menge der oerschiedensten Galanteriewaren als fassons, Etuis, Tabatieres, Stockknöpfe, JTtedaillans, Tableaus, fingerhüfe u. dgl. werden zu den billigsten Preisen angebofen. Auch 90 oer- schiedene figuren, Büsten, Basreliefs, Gruppen und Tiere, im Preise oon 12 Gr. bis zu 16 und 20 Talern, sowohl en biseuit als weiß und „staffiirt“ sind aufgeführt, ln diese Abteilung fallen auch die Porzellane, die man als Gebrauchsgegenstände bezeichnen kann. Es ist für die Verfeinerung des Geschmacks bezeichnend, daß man alle diese Stücke in den oben beim Kaffeegut angeführten Dekors haben kannte. So die Punschnäpfe und Punschlöffel, Caooir mit Gießkanne, Suppenferrinchen mit Schale, Schreibzeug mit und ohne Ceurhter, Rachtlampe, Pot de chainbre, ooal und rund, Handleuchter, Seifenkugelbüchse, Pomadenbüchse, Blumenasche, Butterdose als Birne, als Tulipane, als fisch mit Schale, als