Seite 184 Internationale S a m mI e r -2eitu n g. Hummer 12 liehe Werkstätten aller Art, in denen alte Gelehrte und oiele junge Kräfte eifrig an der Arbeit sind, die im lAuseum so klar zutage tretenden Tücken in der menschlichen Erkenntnis zu schließen und das lAaterial zu oerarbeiten, das die zahlreichen kleinen, meist mit freiwillig sich meldenden Hilfskräften ausgesfaltetcn filiol- Stationen an allen wissenschaftlich interessanten Punkten der €rde sammeln und einsenden für das grolle ffluseum. Dieses bedeutet das Gedächtnis und geistige Zentrum der ganzen Welt, und aus allen Tändern strömen Helfer und frager, Arbeitsfroh« und Wissens durstige zusammen, um auch nach ihren Kräften die menschliche Erkenntnis zu fördern im Sinne des menschlichen Tebensprinzipes. Der Verfasser schließt seinen schöne.t Zukunftstraum mit dem Wunsche; „lAage es deutsche Erde sein, auf der einmal dies Ge bäude ersteht, das lAuseum der Crkenntnis.“ Der fiilöesheimer Silberscba^. Otto Seeck, der ausgezeichnete Kenner altrömischer und frühgermanischer Altertümer, hat im Juni-Hefte der „Deutschen Rundschau“ eine interessante Hypothese über den berühmten Hildesheimer fund ausgesprochen, die auch auf das Taien- publikum ihren Eindruck nicht oerfehlen wird. Denn sie bringt eine Heldengestalt der germanischen Geschichte mit dem Silberschat] in bedeutsame Verbindung, deren Flame seit den Zeiten des Augustus bis auf unsere Tage den Deutschen roohloertraut gewesen ist. Bekanntlich wurden diese Kostbarkeiten oor 45 Jahren in nächster llähe der Stadt Hildesheim zutage gefördert, als eine Truppe oon Soldaten einen Schiefistand herrichten sollte. Illan stiefj beim Tackern des Erdbodens auf Hindernisse, glaubte zuerst schwärzliches Eisenmaferial oor sich zu haben, dann kamen aber Silbergefäfje zum Vorschein, eine Anzahl hafte die form oon eimern, in diese hatte der Besser des Schoßes wiederum kleinere Gegenstände geborgen, Becher, Teller, Speisegeräte. Als der ganze Schah zutage gefördert mar, konnte man foststellen, dal] hier herr liche Kunstwerke oon Silbcrschmiede-Arbeit oorlagen, deren griechi scher und römischer Ursprung mit Bestimmtheit festzustellen war. Daneben jedoch befanden sich große unförmliche Gefäße oon barbarisch roher farm. Die Stücke waren nur teilweise unoersehrt erhalten. Eine erhebliche lAenge war auseinandergebrochen, und die Vermutung lag nahe, daf] dies Zerstörungswerk ein absicht liches gewesen. Durch Jahrzehnte hat sich nun die Kunstforschung mit dem gesamten Apparat der Altertumswissenschaft der Unter suchung dieses wichtigen fundes gewidmet. Cs liegt auch ein aus führliches gelehrtes Werk (oon Pernice und Winter) oor, das genauen Bericht gibt über die Beschaffenheit der einzelnen Objekte, über die oollzogene müheoolle Arbeit einer Wiederzusammen- steltung oder Crgänzung der Bruchstücke und ferner über die wissenschaftlichen Crgebnisse. Danach wäre der fund oor allem in zwei Gruppen zu gliedern, in die Stücke hellenisch-römischen Ursprungs und ferner in jene Krüge, die germanische Schmiede- Arbeit oerraten. FAan darf sie im Vergleiche zu den Kunstwerken, denen sie zugesellt gewesen, als „Bauernware“ bezeichnen. Ihre Riesengröfje deutet darauf hin, daf] sie für lAet oder Bier berechnet sind. Auch sie zeigen Ornamente, die aber in kindlich unaus- gebildeter form gehalten sind. Wahrscheinlich hat der wackere germanische Handwerker antike Vorbilder gekannt und die Absicht oder die Weisung gehabt, sich der llachahmung zu befleißigen. Die Gefäße und Geräte griechisch-römischer Herkunft zeigen zum größten Teile oollendete Kunst. Otto Seeck schließt sich der kunsthistorischen forschung an, die als Zeitgrenze für die Entstehung das Walten des ersten römi schen Kaisers bestimmt sehen will. Doch nach rückwärts will die forschung weit zurückgehen, mit einiger Sicherheit erkennt sie Objekte, die 150 bis 200 Jahre oor dem Augusteischen Zeitalter gearbeitet worden, ja eines der schönsten Gefäße glaubt man auf die hellenische Kunstperiode des 5. Jahrhunderts n. Ehr. zurück führen zu können. Um einzelne der Gefäße schlingen sich Ornament bänder, sic oerraten die Flamen der früheren Besißer. Seeck zieht nun wichtige folgerungen. Ein früherer Besißer muß ein oornehmer, reicher, hochgebildeter Römer gewesen sein, wahrscheinlich ein hoher Offizier, denn sonst wäre sein Verweilen in einem der damals unwirtlichsten Gebiete Germaniens nicht recht erklärlich. Aach dem Geschmacke der Augusteischen Zeit scheint er ein Sammler non künstlerisch gearbeiteten Kostbarkeiten gewesen zu sein. Er liebte es, sich auch im häuslichen Gebrauche solch schöner Dinge zu be dienen. Eines dieser Gefäße trägt auf dem Ornamentbande den Hamen ßoehus und deutet damit auf nordafrikanischen Ursprung hin, in den dortigen Gebieten römischer Herrschaft gab es noch Geschlechter, die sich des Ursprunges aus numidischen fürsten- geschlechtern rühmten. Aun wissen wir, daß Quintilius Varus, beoor er aus Syrien nach Germanien beordert worden, Prokonsul oon Afrika gewesen, wo er reichliche Gelegenheit gehabt, wie manche seiner erwerbslustigen Kollegen als gestrenger lAachthaber derartige Kleinodien an sich zu ziehen. lAan hätte es also etwa mit einer Reisekassette des römischen Generals zu tun, die nach dem unglücklichen Verlaufe der Schlacht im Teutoburger Wald als willkommene Beute mit Beschlag belegt worden, Unter den Schößen, die jenes eroberte römische Tager dargeboten, hat das feldherrn- zelt des Varus sicherlich den kostbarsten dargestellt. Er mußte daher auch dem oornehmsfen der germanischen Sieger zugefallen sein. So tritt uns denn die Gestalt des Cherusker-fürsten Her mann entgegen, als des Erringers der herrlichen Beute. Der fund leitet ferner zu der Annahme, daß er das Ergebnis einer uorhergegangenen Teilung darstelle, bei der gleichmäßig oon jeder Gattung eine Anzahl Stücke gesondert worden. Aach Seeck hat Hermann mit seinem Oheim Inguiomarus, der zugleich sein gefährlicher Aebenbuhler war, diese werfoolle Beute geteilt. Später sieht sich der Held im eigenen Stamme bedroht und in höchster Gefahr. Er hat einen Teil seines Schoßes rücksichtslos zerstören, d. i. zerhacken müssen, um seinen Anhang zu oermehren und zu- oerlässig zu erhalten. Den Rest hat er an sicherer Stelle geborgen. Es ist zu furchtbarem Kampf gekommen, und daß Hermann und seine Schar oöllig aufgerieben worden sind, daß auch nicht einer entkommen, erhellt aus der Tatsache, daß der Schaß nach Hermanns Untergang nicht gehoben worden, sondern seine Entdeckung unserer Zeit oorbehalten geblieben. Der Schaß aber würde, wenn Seecks Darstellung recht behalten, für unser Geschlecht einen tiefsinnigen Charakterzug erhalten, ein dämonischer Glanz würde die unseren den Edelsteinen angehaftet, die Siegfried dem Drachen genommen. Zum Unheil ist er dem Römer-feldherrn geworden, der ihn im fernen Süden an sich gebracht, zu Unheil seinem Erben, dem ger manischen Besieger des stolzen Imperiums. f. Zw.