Rümmer 13 Seite 196 nternationale Sammler-Zeitung. Der konstantinische Rubel. Aus dem Russischen non Cea mark (St Petersburg.) j)lte JTlünzen, die in einer mehr oder weniger roeit zurückliegenden Epoche geprägt wurden, haben gewöhnlich einen höheren als den 11a- minalwert. Doch gibt es münzen, deren £r- wähnung schon allein das Herz des Rumisma- tikers lauter schlagen läßt. Die Hälfte seines Besitztums würde er für die oon ihm gesuchte münze geben; ja es gibt sogar Sammler, die selbst oor einem Einbruch nicht zurückschrecken würden, nur um eine lllünze zu erhalten, die längst außer Kurs gesetzt ist und für die ihm der Krämer nicht einmal ein Päckchen Zündhölzer geben möchte. Zu solchen gesuchten münzen gehört unstreitig der sogenannte „konstantinische Rubel“, für einen solchen Rubel wird non Händlern und Sammlern 3000 Rubel ge boten. Der Glückliche, in dessen Besitz sich 10 solcher Rubelmünzen oorfinden würden, wäre der Eigentümer des recht ansehnlichen Kapitals non 30.000 Rbl., also ungefähr 65.000 Rlark. Einen solchen Glückspilz aber gibt es nicht und kann es nicht geben, da sich auf dem ganzen Erd boden keine 10 Exemplare dieses Rubels auffinden lassen, wenn man freilich nicht die gefälschten mit in Betracht zieht, für die oon leichtgläubigen Sammlern horrende Summen bezahlt worden sind. Die Geschichte des „konstantinischen Rubels“ ist überaus interessant. Außer seiner Bedeutung in numis matischer Hinsicht ist er auch noch deshalb oon Wert und Wichtigkeit, weil er an und für sich einen ganzen Ab schnitt der Geschichte des Russischen Reiches darstellt, einen Abschnitt, dessen Inhalt uns auch heute noch nicht oollständig bekannt ist. — Es handelt sich im gegebenen falle um den Großfürsten Konstantin, den Zweitältesten Sohn Pauls I. und Bruder des kinderlos Derstorbenen Kaisers Alexander I., der zwar im Jahre 1822 auf das Thronfolgerecht oerzichtet hatte, jedoch bis zum Tode Alexander I. als Thronfolger angesehen wurde. Aus jener Epoche sind oiele Reliquien geblieben, doch wurden sie fast alle oernichfef. Vernichtet wurden die Porträts mit der Aufschrift: „S. Hl. der Kaiser Kon stantin 1.“, oernichtet wurden auch die Pässe, Befehle und andere Dokumente mit der Überschrift: „Im Ramen des Kaisers Konstantin Pawlowitsch“. Unter dem Wenigen, was seiner Zeit der Vernichtung entgangen ist, nehmen die silbernen Rubel mit dem Bild nis Konstantins die erste Stelle ein. Sie wurden im Ge- heimarchio des finanzministeriums aufbewahrt und waren im Caufe der Zeit in Vergessenheit geraten. Erst im Jahre 1879 wurde Kaiser Alexander II. durch den Großfürsten Georg ITlichailowitsch, einem großen IRünzenfreund, der übrigens ein Exemplar für seine Sammlung geschenkt er hielt, auf diese oergessenen Silbermünzen aufmerksam gemacht. — Die Geschichte des „konstantinischen Rubels“ wird auf Grund einiger neuer forschungsergebnisse auch oon S. f. Cibromitsch in dem kürzlich erschienenen Büch lein un1er dem Titel „Ein ungewöhnlicher Rubel“ be handelt.*) *) Über diese seltenste ITliinze des Russischen Reiches sind in dem Werke des Orofjfürsten Georg michailoitiifsch: „Die mün zen aus der Regierungszeit Kaiser tlikolaus I.“ ebenfalls Angaben nth alten. Am 27. Rooember 1825 traf in St. Petersburg durch einen feidjäger aus Togaurog die ITleldung uom Tode Kaiser Alexander I. ein. Alle waren der llleinung, daß dem Geseß gemäß der ältere Bruder des oerstorbenen Kaisers, der in Warschau weilende Großfürst Konstantin, den Thron besteigen werde. Sofort nach dem Eintreffen der Trauernachricht wurde der Befehl erlassen, den Treueschwur auf den neuen Kaiser Konstantin i. 'zu leisten. Als erster legte der zweite Bruder des Kaisers Alexander ]., der Großfürst Rikolaus, den Eid ab, der sich gleich darauf nach der Kaserne des Preobraschenski-Regiments begab, wo er seinen Bruder Konstantin zum Kaiser ausrief. Am gleichen Tage wurden nach ITloskau und in andere Städte feidjäger mit der Rachricht doh der Thronbesteigung Konstantins ge sandt. Überall wurde dem neuen Kaiser der Eid der Treue geleistet. Gleichzeitig begann man in St. Petersburg mit dem Druck oon Pässen, Befehlen und anderen Dokumenten, desgleichen wurde ein großer Vorrat oon Porträts ange fertigt, alles mit den eingangs erwähnten Aufschriften. In den Kirchen wurden Gebetsgoffesdiensfe für den neuen Kaiser Konstantin I. abgehalten usw. Von Tag zu Tag erwartete man die Ankunft des neuen Kaisers, damit er die Zügel der Regierung in seine Hand nehme. In der Zwischenzeit war auch an den IRünzhof der Befehl oom finanzminister Grafen Karikrin ergangen, kRünzen mit dem Bilde Konstantins zu prägen. „Das Volk muß sich so schnell ahe möglich an den Gedanken gewöhnen, daß es einen neuen Kaiser hat, und das b.ste "mittel, um das zu erreichen, ist möglichst oiel münzen mit dem Bildnis des neuen Kaisers in Umlauf zu bringen,“ sprach Kankrin. Der Stempel der neuen münzen war auf Anordnung des oorsorglichen Kankrin bereits früher oom IRedailleur des münzhofes, Reichel, hergesfellt worden und wurde im Geheimen in der Kanzlei des IRünzhofes aufbewahrt. Von diesen Stempeln ließ Kankrin sechs silberne Rubel prägen und sie dem neuen Kaiser nach Warschau zur Be stätigung absenden. Auf der Vorderseite der konstan tinischen Rubel befand sich das Kopfbildnis Konstantins nach rechts mit der oerkürzten Umschrift: „Von Gottes Gnaden Konstantin I., Kaiser und Selbstherrscher aller Reussen“. Unter dem Bildnis war die Jahreszahl 1825 angebracht. Auf der Rückseite befand sich der Reichs adler oon einem mit Bändern umwundenen Corbeerkranze umgeben. Unter dem Adler auf einer h hoorstehenden fläche mar das Wort „Rubel“ angebracht. Der Kranz war umgeben oon der Inschrift: „Reines Silber 4 solofn. 21 doli“. Auf dem Rande: „Silber 83 1 ., Probe 4 sol, und elf fünf- undzwanzigstel doli“- Als der Offizier-Kurier Ssaburow nach einem oier- tägigen rasenden Ritt im Briihlschen Palais in Warschau anlangte und oorgelassen wurde, fragte ihn der Großfürst: „Was haben Sie für mich aus St. Petersburg mitgebracht?“ „Diese Schatulle und einen Brief Sr. Durchlaucht des finanzministers,“ war die Antwort. Der Großfürst öffnete sofort die Schatulle, und als er die Silberrubel mit seinem Bildnis und der Inschrift: „Konstantin 1., Kaiser und Selbstherrscher“ erblickte, warf er die münzen erzürnt auf