Seite 212 Internationale Sammler-Zeitung. Rümmer 14 andächtig betenden ITlönch umfängt. 1 ' 1 Die Architektur bei diesen Reliefs erinnert an die Architekturen bei den Krippen darstellungen. leider tnurden die beiden Szenen zur Wiederherstellung der ursprünglichen färben einem lllaler nach Eeoben geschickt, der dazu aber nicht „geschickt“ genug mar und den Anstrich in sehr bäurischer Weise ausführte. Als Abt Anton II eifrig an die Erbauung eines Bibliofheksaales ging, traf er mit dem Augsburger lllaler Gottfr. Beruh. Gaß in einen regen Verkehr. Im 13. Briefe, den Göß an Abt Anton sendet, liefert er auf des Abtes Begehren Skizzen zu uier allegorischen figuren, die dann in Holz geschenkt rourden und noch heute den JAiftelraum des Büchersaales zieren. 11 beider ist eine mehr als ober flächliche Befrachtung nicht möglich. Durch eine photo graphische Aufnahme roird man sehen, ob eine Beein flussung Stammeis uon Gaß in stilistischer Hinsicht zu erkennen ist, roie ich eine solche in der Wahl allegorischer Attribute durch Gößsche Kupferstiche mahrzunehmen glaube. Allein die Zeit mar noch nicht gekommen, mo die Biblio thek unseren Künstler ausschließlich auf mehrere Jahre in Anspruch nehmen sollte. Im Jahre 1749 lieferte er, mie ich schon in der chronologischen Übersicht festsfellen konnte, für das Stift Seifenstetten acht Reliefs, jedes 55 cm hoch und 59 ein breit, deren Gegenstände schon in Wichners Studie aufgezählf sind und deren eines große Verwandt- schaff mit dem Tabernakelrelief in frauenberg hat. Von diesen acht Schnitzereien ist die Opferung Christi im Tempel signiert. ln den nächstfolgenden Jahren schuf unser Bild schnitzer für das Blasius-lTUinster in Admont die große Krippe, die seine ganze Kunstfertigkeit und seinen Humor im schönsten Eichte zeigt. frater Syluesfer Sulzinger zeigte mir freundlichsf, daß auf der Unterseite der Krippe die Signatur tR ange bracht ist und dafz sich auch der lllaler auf der Unterseite der ITlaria uereroigt hat. ln höchst dankenswerter Weise gibt dieser genau die Zeit an, in der er an der Krippe gearbeitet hat, und ermöglicht dadurch, die Zeit der Vol lendung dieses Werkes genau festzustellen. Die Signatur des lllalers laufet wörtlich: Zu fassen Angefangen den 17. Hofemb: 1755 Vollendet abends den 16. Rlärtijus 1756 Johann Anfoniy Pöttschnickh bürg: lTlaller alda der Zeit 46. Wir dürfen mahl annehmen, dafz demnach llleister Stammei das Werk im Jahre 1755 oollendet hat. Cr be nützte für seine Krippenfiguren sicherlich Hlodelle aus der Umgebung und bringt durch die oolkstümliche Realistik seiner Gestalten den wunderbaren Vorgang der bäuer lichen Beoölkerung nahe. Auch manch sinnoolle Symbolik mutzte der Künstler anzubringen. Auf der linken Seite zeigt eine stürzende antike Götterbildsäule an, daß für das Heidentum das leßte Stiindlein geschlagen hat, rechts im Vordergründe dürften auf einem Palmenbaume das Wespen nest die Pharisäer, ein buntgefärbter Papagei die Herodianer bedeuten, und wie köstlich weiß er durch die stoßenden Böcke und den Ochsen, der gegen den Hirtenhund sehr bedenklich den Kopf neigt, den Gegensaß der Wirklichkeit zum Engelspruche anschaulich zu machen, daß Streit und Krieg auf Erden schwerlich aussterben werden. Der faßmaler Anton Pättschnick hat seine Arbeit in feinstem künstlerischen Geschmacke ausgeführt, man kann sich die Bemalung kaum zarter und wirksamer denken. Admont 1 Wichner bezeichnet den Heiligen als St. Benedikt. 1 Siehe meinen Aufsah „öcifj und seine Beziehungen zu 1904, 21. Jahresbericht des k. k. Carl Cudmiq-Oymnasiums. Ebenso zart und fein sind zwei Reliefs, der reuige Petrus und die büßende Alagdalena, bemalt, so daß ich nicht irren werde, wenn ich dem Anton Pöftschnick auch diese Arbeit zuschreibe und die Entstehung der Reliefs in diese Zeit seße. Sie sind zwar nicht signiert, allein sie tragen unoerkennbar das Gepräge non Stammeis Hand. Sie waren im Besiße der Witwe des Stiftsarztes Dr, Alois Pröll und wurden oon ihr kurz oor ihrem Tode dem Stifte geschenkt. Das Inoentar der Prälatur, das bei der Wähl des Abtes Benno Kreil aufgenommen wurde — schon Wichner zitiert es—iführt nebst anderen Gegenständen auch „zwei Bild hauer-Arbeiten oon Stammei, Petrus und Ulagdalena oor- stellend“ an; so dürfte denn darüber kein Zweifel sein, daß sie aus dem Stiffsbesiße in den des Dr. Pröll ge kommensind. Gerade dadurch aber blieben sie beim Brande 1865 oon den flammen oerschont, während ein heroor- ragendes Werk, das sogenannte Unioersum, oerbrannte und einige andere Werke seif dieser Zeit oerschollen sind. Von diesen beiden schönen Reliefs ist das mit der IHag- dalena durch die Symbolisierung der sieben Todsünden sehr interessant, die dann in der großen Gruppe „die Hölle“ in der Bibliothek eine noch effektoollere Darstellung gefunden haben. Damit kommen wir wieder zu des Künst lers Arbeiten für die Bibliothek, die wohl sicher die ganze Zeit oon 1755—1760 ausfüllen und bei der Reichhaltigkeit dieser Arbeiten einen staunenswerten fleiß' und eine be- munderungswürdigefertigkeitdesSchnißens erkennen lassen. Die beiden größten Werke im 5aale, die Riesen-Reliefs, die uns je ein Beispiel der menschlichen Weisheit aus dem alten Testamente und der göttlichen aus dem neuen Tes tamente oorfiihren (Solomons Urteil — der zwölfjährige Jesus im Tempel), sind noch nie in gelungener Weise photo graphisch aufgenommen worden, ebensowenig die übrigen überlebensgroßen Statuen auf der Galerie, darstellend die oier Eoangelisten, die Apostelfürsten Petrus und Paulus und die Propheten Elias und ITloses. Von dem sogenannten Unioersum, das nach Wichner ursprünglich für den lTUttel- raum der Bibliothek bestimmt gewesen sein soll, dann aber das stiftische JTluseum zierte und dort uerbrannte, existiert noch eine photographische Aufnahme in einigen Exemplaren, die Rospini in Graz zur Herstellung oon Stereoskopbildern machen ließ und die doch ein ungefähres Bild des Aufbaues des Werkes, wenn auch leider kein Detail erkennen lassen. Die zahlreichen oergoldeten Büsten oon Künstlern, Dichtern und Philosophen sind bisher unbeachtet geblieben. Bei der fülle oon Schnißereien, die hier sicher oon Stammei selbst herrühren, glaube ich recht zu gehen, wenn ich diese Büsten, die nicht unoerkennbar seine Hand oerroten, einem anderen ITleister zuschreibe, und zwar Köninger (auch Kinninger), der in dieser Zeit ebenfalls für Admont beschäftigt war. " Die „oier leßten Dinge“ sind das bekannteste und seit der Zerstörung des Unioersums berühmteste Werk Stammeis, sie sind auch durch oorzügliche Aufnahmen oeroielfältigt und gerne sendet man sie aus Admont auf einer Ansichtskarte einem freunde oder Bekannten. Wenn auch die Wahl des Gegenstandes wahrscheinlich 00m Abte ausging, so ist doch die Ausführung ganz Eigen tum des Künstlers und sie zeigt eine ernste und geniale Auffassung des Themas, eine reiche Phantasie, mit der eine glänzende Technik durchaus gleichen Schritt hält. Wichner hat an oerschiedenen Orten diese Gruppen ziemlich genau beschrieben. Rur scheint er mir den Wurm an der Brust der männlichen Hauptfigur bei der Hölle irrig als das Gewissen zu deuten. Ich halte die Viper einfach für das Symbol des Zornes, wie der Künstler ja jede der anderen Hauptsünden durch ein allegorisches Zeichen oer- Wichner, Admont und die Kunst, Seite 95