Seite 214 Interna tionale Sammler-Zeitung. riiiminer 14 eine Sammlung non Gipsabgüssen einzuflößen pflegt. Wir werden uns im allgemeinen weigern, in diesen Abgüssen, deren „unange nehme Kälte“ uns zurückstöfjt, die Originale wieder zu erkennen, die uns mit warmer Bewunderung erfüllten. Um so dankbarer müssen mir sein, daß hier die frage der Reinigung der Abgüsse in einer Weise gelöst wurde, durch die zugleich eine überraschende ästhetische Befriedigung gegeben ist. Der Versuch, die Abgüsse anzustreichen, mar durch den schlechten Zustand der zum großen Teil recht alten Gipse geboten. ITlan hat aus der Hot eine Tugend gemacht und durch den Anstrich eine erfreuliche malerische Wirkung erzeugt, ahne die Feinheit der modellierung zu beeinträchtigen. Selbsfoerständlich muffte hierbei auf eine uollkammen täuschende Wiedergabe des echten ITlaterials, der Bronze oder des ITlarmors, uerzichtet werden. Ulan begnügte sich, den allgemeinen Gindruck des Originals miederzugeben und einen dem Auge angenehmen, warmen Ton heruorzubringen. Besondere lllühe wurde auf die Tönung der nach marmormerken hergestellten Abgüsse oerwendet. Hier mußte die schmutzige Oberfläche zunächst mit einer dünnen Deckfarbe überstrichen und dann mehrfach lasiert und gewachst werden. Jst das Verfahren auch nicht bei allen Stücken gleich mäßig gut geglückt, so muß man den Versuch im allgemeinen doch als durchaus gelungen bezeichnen, Die Aufgabe, die Kunstwerke dem gegebenen Raume einzuordnen, ist mit nicht geringerem Ge schick gelöst als die Reinigung der Abgüsse. Gewinnt man dennoch zu diesem oder jenem Denkmal nicht die rechte Stellung und ge bührende Distanz, so ist dies auf Kosten der besonders schwierigen Verhältnisse, unter denen die Aufstellung uollzogen wurde, zu seßen. Wer in die Säle einfritt und die wohlgeordneten Kunst werke auf dem ruhigen Hintergrund des grauen Rupfenstoffes erblickt, wird jedenfalls das Gefühl der Ruhe und des Wohlbehagens ge winnen, das zur Betrachtung der Werke großer Kunst erforderlich ist. Während hiermit eine Reihe uon altbekannten Kunstwerken der Befrachtung des Publikums wieder freigegeben ist, wird im ITtuseum für Völkerkunde die (Eröffnung des Saales ange kündigt, in dem neue, höchst interessante Erscheinungen uar das Auge der gebildeten Welf treten und ihr Interesse beanspruchen werden. Die Aufstellung der Turfanaltertümer ist dort ihrer Voll endung nahe gerückt, neben den Kolossalgemälden aus dem Grottentempel uon Bäsäklik, die schon früher dem Publikum zu gänglich waren, kommen zur Aufstellung uiele kleinere und größere Gemäldetafeln, fast durchweg Erwerbungen der zweiten Turfan- expedition des Herrn o. Ce Coq. Die Wandgemälde, die dem bud dhistischen Religionskreise angehören und wahrscheinlich dem 8. und 9. Jahrhundert entstammen, uersprechen uns einen neuen und überraschenden Einblick in die Kultur eines Zweiges des Türken- oolkes zu geben. — Daneben werden uns ein großes Wandgemälde und zwölf kleinere, mehr oder weniger gut erhaltene Fragmente non Wandgemälden aus den fasten- und Gebetshallen der ITlanichäer mit einigen anderen Reliquien dieser Glaubensgenossenschaft in eine ganz andere und unbekannte künstlerische Anschauungsmelt einführen. Diese einzigen Reste einer merkwürdigen Kunst und Religion sind durch die aufopferungsoollen Bemühungen des Herrn u. Ce Coq dem sicheren Untergange entrissen und als ein unschätz barer, einzigartiger Besiß dem hiesigen ITluseum für Völkerkunde zugeführt morden. Die Sammlung wird ueruollständigt werden durch eine reiche fülle uon Kleinfunden, eine überlebensgroße Statue eines Bodhisattoa sowie durch zwei chinesische Inschriffensteine und eine chinesische Stele mit Anschriften und eingerißfen mytho logischen Bildern. Von einer schönen lleuerwerbung berichtet das Klünz- kabinett. Durch die Hochherzigkeit einiger freunde des Kaiser- friedrich-Kluseums ist es dem lllünzkabinett ermöglicht worden, mehrere heroorragende und interessante Stücke aus der ITtedaillen- auktion A. u. Canna zu erwerben. Durch diese neuermerbung, die hauptsächlich deutsche Renaissancemedaillen umfaßt, ist eine bisher noch immer fühlbare Cücke im Bestände der Sammlung ausgefüllt worden. — Wie in Italien, frankreich und den lTiedcr- landen hat auch in Deutschland die ITlünzglyptik in der Zeit uon 1450 bis 1620 eine hohe Vollendung erreicht. Bei allen diesen ITledaillen tritt deutlich das Bestreben heruor, ein möglichst natur getreues Porträt zu geben. Bei den frühesten, hier umliegenden münzen, den Werken des Hans Schwarz, der nach den wenigen einleitenden Versuchen Dürers als erster die deutsche Gußmedaille oertritt, äußert sich dies Bestreben in noch etwas unbeholfener Weise. Die llledaille uon Eifelfriß 111. aus dem Jahre 1520, eine der ältesten Hohenzollernmedaillen, sowie die ITledaille, die die Bildnisse der nürnberger Patrizierin JTlargarcte Teßel und der Augsburgerin ITlagdalene Haunolt oereinigt, zeigen die Züge dieser oerehrlichen Persönlichkeiten fast ins Karikafurenhafte oerzerrt. — Bei den Werken friedrich Hagenauers und seiner Schule zeigt sich die Vorliebe, indioiduelle ITterkmale zu betonen, bereits in gemil derter form. Besonders sei das schöne oergoldete Schaustück mit Anhängerkette ermähnt, das das Bildnis des Grafen Albrechf o. Hohenlohe trägt und oon einem Augsburger Vorläufer Hagenauers, der seiner Schule oermandr ist, herstammt. Die Blütezeit der deut schen ITledaillenkunst, die die nürnberger Kleister oon 1525 bis 1545 oerkörpern, wird durch einige sehr schöne Stücke u er treten: die ITledaillen auf Hans Kraft (1 55 5), auf den bekannten Humanisten Willibald Pirkheimer aus seinem Todesjahr (1530), auf Cienhard Hofmann (1556) und andere. Sorgfältigste Beobachtung der Dafür und zierlichste Ausarbeitung der Einzelheiten zeichnet diese Werke aus. Dabei ist jeder Zug uon Karikatur gewichen. Die Rückseiten, die bei den Arbeiten oon Schwarz und Hagenauer glatt oder nur mit Schriffzeichen bedeckt sind, werden jeßt gleichfalls schön ge ziert, meistens mit dem Wappen. Die ITledaille Pirkheimers zeigt auf der Rückseite fünf aus dem Boden wachsende Ähren. Eine interessante, einzigartige Arbeit ist das Unikum auf Konrad Schlap: auf der Vorderseite ist der Kopf oon oorn gegeben; auf dem Rücken trägt es eine allegorische Darstellung: ein lllann ruht begraben unter einem miihlstein, der wohl die lllühen des täglichen Hebens oersinnbildlicht. Die genannten ITledaillen gehören alle einer Gruppe an, die sich nach einem her- uorragenden ITleisfer die Gebelgruppe nennt. Eine Sonderstellung nehmen zwei Silbermedaillen uon 1542 ein: die auf Elisabeth federmann und auf Stanislaus o. Ostrogski. Beide zeigen in Bucli- sfabenform und Caubornament unoerkennbare Verwandtschaft mit der Gruppe, der die besprochenen Schaustücke angehören; in der Darstellung und Behandlung des Kopfes weichen sie dagegen deut lich ab. Besonders merkwürdig ist bei dem frauenbild das antiki sierende Gewand und das aufgelöste Haar. — Zwei sorgfältige Arbeiten des nürnberger Kleisters Valentin Illaler oon 1570 be weisen, daß d r alte Hauptsiß der ITledaillenkunst, lJürnberg, sein Ansehen auch noch zu einer Zeit behauptete, in der sich bereits eine Erschlaffung auf diesem Gebiete des Kunsthandmerks wie auf allen andern in Deutschland erkennen läßt. Auch ein Schau stück auf Philipp Scherl oon 1615 und eins auf Hans Peßhold, d n nürnberger Goldschmied, oon 1628, sind noch achtungswerte Teistungen. Die leßtgenannte, ooale llledaille ist besonders inter essant wegen der mythologischen Darstellung auf ihrer Rückseite: Hermes fliegt zu einem Hirten herab, der neben seinem Vieh ein geschlafen ist, und in dem wir wohl Paris erkennen dürfen. Die schönen Erwerbungen belehren uns, daß die deutsche ITlünzglyptik der Blütezeit hinter den oortrefflichen Bildnismünzen der hellenistischen und römischen Zeit nicht zurücksteht. Sie zeigen uns aber auch recht deutlich, wie oiel uns heute noch fehlt, che wir einer ähnlichen Vollendung wieder nahe kommen dürften.