Seite 226 internationale Sammler-Zeitung. Hummer 14 Zeit“ sichtbar roird, indem die Glasur am Rande entfernt roird und dann die uerroitterte, mit Staub und Schmuß bedeckte Rlasse, aus welcher das Stück gemacht morden ist, zum Vorschein kommt. Der betrügerische Händler schlägt dann oor dem kauflustigen Ciebhaber ein Werk über ftlt-Delft auf, findet nach langem Suchen endlich die IHarke und — das Übrige läßt sich denken. Bis oor ganz kurzer Zeit mar es eine französische Firma, non welcher die Ginfuhr des „schönen alten Delft“, namentlich der farbigen und mit Gold bemalten Sorten, ausging; in allerneuester Zeit soll es ein Riederländer sein, der das saubere Handwerk betreibt. Seine Rachahmungen müssen so täuschend sein, dafj selbst die Direktion eines ITluseums betrogen worden ist Gin Feinschmecker auf diesem Kunstgebiet erklärte, dafj er beim Rnblick dieses Fabrikats, das mit außerordentlicher Fertigkeit hergestellt war, ein „sehr neues Gefühl“ gehabt habe. Die Frage, welche ein Eiebhaber an den Händler, dem er sein Ver trauen geschenkt hat, stets zuerst richten wird, dürfte wohl die sein: Woran erkennt man den Unterschied zwischen alt und modern? Gewöhnlich glaubt man, dafj das heute nicht mehr nachzuahmende Blau das charakteristische lllerk- mal der Gchtheit bilde, darauf aber lautet die Antwort des Kenners etwa folgendermaßen: Wenn wir Weiße unter einander sind, dann können wir den einen oon dem andern recht gut unterscheiden, befinden wir uns aber unter einem Haufen Reger, dann glauben wir, daß alle einander durch aus ähnlich und gleich sind. Ähnlich geht es mit alt und modern Delft, alles Blau erscheint uns blau, alles Weiß weiß, aber in der Tat ist es nicht so. Rn der Farbe, an der Form, an der Glasur oder am Rohstoff, an jedem dieser Faktoren allein und für sich, ist es nicht zu sehen. Die guten Rachahmungen oerwenden nahezu denselben Rohstoff, zeigen dieselbe Glasur oder dasselbe Gmaille wie die alten, wie auch die Rrt und Weise der Herstellung ganz dieselbe ist. Gs ist oielmehr der Totaleindruck eines Stückes, der das entscheidende Wort spricht, aber dieser Totaleindruck wird durch eine Reihe oon Faktoren heroor- gebracht, oon denen manche außerhalb des Bewußtseins ! liegen, und die sich mit Worten nur schwer oder gar | nicht umschreiben lassen. Ulan bekommt aber „ein neues j Gefühl“. Gs kommt oor allem auf den Gegensaß zwischen ; den Farben, namentlich zwischen Blau und Weiß, an; kurzweg behaupten zu wollen, daß das alte Blau jeßt nicht mehr nachgeahmt werden könne, ist unrichtig, es gibt heute in Holland Fabriken, welche dasselbe schöne Blau darstellen, aber wenn ihr Weiß nicht dasselbe ist wie bei alt Delft, dann ist die Harmonie doch gestört. Daß es nur der Gegensaß ist, der den Gffekt heroorbringf, mag ein Beispiel zeigen. Rot, wie es z. B. auf der hollän dischen Flagge erscheint, ist unter Glasur beinahe nicht zu erzielen; nimmt man nun das Blau etwas matter, das Weiß mehr creme und seßt dagegen ein helles Braun, dann erhält man unter Glasur ein ganz präsentables Weiß und Blau. So geht es auch mit dem bunten alten Delft, auch hier kommen die eigentümlichen Gegensäße zwischen Gelb, Blau, Violett, Braun und Weiß oor. Gs wird wohl kaum darauf aufmerksam gemacht werden müssen, daß die Kenntnis aller hier genannten Verhältnisse nur das Resultat jahrelanger Vertrautheit mit dem im Handel oorkommenden alt Delft sein kann und daß jeder Eiebhaber, namentlich wenn er ein Rnfänger ist, am besten fahren wird, wenn er bei etwaigem Ginkauf sich des Rates eines zuoerlässigen Rntiquars bedient und oorläufig ein ihm angebotenes Stück durch dessen Rügen betrachtet; will man dann auf eigenen Beinen stehen, so schlage man nicht zu rasch zu, sondern nehme das fragliche Stück zuerst mit nach Hause und überzeuge sich, welche Figur es unter den bereits erwor benen Stücken macht; kann es sich hier halten, dann ist die Sache in Ordnung. Oben ist behauptet worden, daß schönes altes Delft fast nicht mehr im Umlauf oorkomme, und doch muß noch eine kolossale ITlenge daoon oorhanden sein, wenn man weiß, daß wenigstens 30 Fabriken oder oielmehr Werk stätten während zweier Jahrhunderte ununterbrochen tätig gewesen sind, natürlich darf die damalige Produktion nicht nach heutigen Verhältnissen gemessen werden, wo ein geübter Arbeiter in einem Tag über 2000 Teller machen kann, oder wo eine einzige deutsche Fabrik am Rhein innerhalb zweier Jahre nach Holland etwa 50.000 Teller eingeführt hat; auch der Prozeß der Herstellung ist ein ganz anderer, heute werden die Teller schablonenmäßig unter Glasur dekoriert, die alten Künstler oon Delft zeich neten alles auf die rohe Glasur aus freier Hand. Aber troß dieses gewaltigen Unterschieds wird man die Rnzahl der noch nicht ans Tageslicht gezogenen Stücke oon alt Delft ruhig nach Hunderttausenden berechnen dürfen. Gbenso merkwürdig und unerklärlich ist es, was aus dem „Ausschuß“ oder, wie es im Handel und Wandel hieß, der „tweede Keus“ (zweite Auswahl) geworden ist. Gin solches Stück alt Delft kommt gar nicht mehr oor, und man muß deshalb annehmen, daß es als minder wertige Ware oernichtet worden ist, um den Ruf und den Absaß der gut gelungenen Produkte nicht zu schädigen. Ob die Fälschungen sich auch darauf erstreckt haben, konnte bis jeßt nicht festgestellt werden; wird ein solches Stück zum Kauf angeboten, das in der Zeichnung oder in der Glasur oder auch in der Form etwas Auffallendes und Unregelmäßiges oder mangelhaftes zeigt, dann wird es nach dem eben Gesagten keines langen Rachdenkens be dürfen, bis man den richtigen Bescheid geben kann. Th. W.