Hummer 15 Internationale Sammler-Zeitung. Seite 227 Ein Wiegendruck uon 1456. Als Festschrift zum sechzigsten Geburtstag Adolf Harnacks und zugleich als erstes Stück einer Sammlung „Seltene Drucke aus der Königlichen Bibliothek zu Berlin“ ist im Verlag uon JTlartin Breslauer in Berlin in getreuer llachbildung die deutsche Über- setjung der Türkenbuke Papst Calixtus TH. erschienen, die uor kurzem als Frucht der Tätigkeit des preußischen Ausschusses für den Gesamtkatalog der Deutschen Wiegendrucke in der ehemaligen Erfurter Bibliothek entdeckt und uon da nach Berlin übergetührt morden ist. Die Bedeutung dieses Druckes beruht uor allem darauf, daß er zu den roenigen gut erhaltenen Druckmerken gehört, zu deren Herstellung die erste Gutenbergtype gedient hat, ehe sie für den Druck der 56zeiligen Bibel neugegossen murde. Außer einigen Ablaßbriefen uon 1454 bis 1455 mar bisher als uollständig erhal tenes Stück dieser Art nur der „Türkenkalender“ für 1455 im Besiß der JTlünchener Hof- und Staatsbibliothek bekannt, ein Heft uon sechs Blättern mit neun bedruckten Seiten, dem jeßt in dem neu entdeckten Stück ein nur anderthalb fahre jüngerer, aber gleich gut erhaltener Druck uon mehr als dem doppelten Umfang an die Seite getreten ist. Die Schrift der Bulle zeigt unuerkennbar die Formen und Buchstabenoerbindungen der frühen Gutenberg- schen Technik, doch sind, mie der Herausgeber Geheimrat Schmenke in eingehender Untersuchung nachroeist, eine Reihe uon Klüngeln und Unregelmäßigkeiten darin enthalten, die die Typen als einen zur Zeit des Erscheinens der Bulle, also drei fahre nach Vollendung des Druckes der 42zeiligen Bibel und ein fahr uor dem Psalferium, bereits überroundenen Standpunkt der Outenbergschen Druckerkunst kennzeichnen. Es ist aus diesem Grunde ausge schlossen, daß Gutenberg selbst der Drucker des Werkes mar, uiel- mehr muß angenommen merden, daß die Bulle uon einem ehe maligen mitarbeiter Gutenbergs aus der ersten JAainzer Zeit ge druckt murde, dem dieser die beiseite gelegten Typen überlassen hatte und der seinerseits der alten Technik möglichst genau gefolgt ist. Geht ja doch aus uerschiedenen Eigentümlichkeiten der Druck- roerke dieses Kreises mit großer Wahrscheinlichkeit heruor, daß es mehrere solcher Ableger der ersten Gutenbergischen Werkstatt ge geben hat, deren Inhaber, mie man es auch beim Urheber dieses Druckes annehmen darf, durch Herstellung kleiner, leicht oerkäuf licher Drucke die neue Kunst zu oerroerten suchten. Diese Annahme findet auch in einer geschichtlichen und sprachlichen Untersuchung, die Bibliothekar Dr. Degering der Bulle gemidmef hat, ihre Bestätigung, nachdem am 29. ITlai 1455 die Türken Konstantinopel eingenommen hatten und damit das morgenländische Christentum uollsfändigem Untergänge preisgegeben schien, forderten somohl der damalige Papst llikolaus V. mie der im ITlärz 1455 gemählte Calixtus I1J. durch Bullen mie durch eigene Abgesandte die Fürsten und Völker des Abendlandes zum Kreuz zug gegen die Ungläubigen auf, und ztuar mar es für Deutschland der aus Koblenz gebürtige Dominikaner und Drontheimer Erzbischof Heinrich Kalteisen, der mit der Werbung für diesen Kreuzzug betraut murde, und der auch uom Februar 1456 an diese Werbe tätigkeit, namentlich in den Städten Süddeutschlands, nachdrücklich ausübte. Daß Kalteisen in der Tat der Überseßer der Bulle mar, roird somohl aus der Sprache, die im roesentlichen eine mittelrheinische fTtundart ist, mie auch aus geroissen Eigentümlichkeiten des Stils mahrscheinlich gemacht, die auf einen Prediger als Verfasser der tlberseßung hinroeisen. Andererseits lassen es manche Klüngel der Überseßung im Druck unmöglich erscheinen, daß der Überseßer mittelbar oder unmittelbar am Druck mitgemirkt hat, uielmehr mird dadurch erroiesen, daß der Drucker, über dessen Person im übrigen uns keinerlei Aufschlüsse gegeben sind, nur nach einer bereits stark mit Fehlern und Flüchtigkeiten belasteten Abschrift gearbeitet haben kann, mas roiederum darauf hinmeist, daß das Druckmerk nicht einem amtlichen Auftrag kirchlicher Kreise seinen Ursprung oerdankt, sondern ein reines Priuatunternehmen mar, mas die durch die Türkengefahr geschaffene Erregung der Geister geschäftlich auszunußen die Bestimmung hatte. Ein fltelierbesuch bei Stefan Schvuartz Von Hermann ■ as ist es, das der minutiösen Rcliefkunst der Uledaille einen so besondern Reiz oerleiht und sie zu den mit so großer Vorliebe gepflegten Sommelgegenständen macht? Ulan gerät in die Versuchung, ein roenig Kunstpsychologie zu treiben, den Ulysterien künstlerischer Wirkungen nachzugehen. Fast mehr noch als der skizzie re®, rende Zeichner macht der Uledailleur bei der 1 Beschränktheit der Dimension und der äußersten /S^-TyayY Kargheit seiner mittel den Betrachter zu einem (L-)j Ulitschaffenden. Es ist ein lllitdichten, mitge stalten, coenn mir die kleine, kühle Platte in die Hand nehmen und diese prägnanteste der Künste auf uns mir- ken lassen. Hier bestechen uns keine sinnlichen Reize, nicht die Farbe des Ulalers, die lebendige Formenschönheit des Rundplastikers, selten das material an sich. Ohne Umtoege und Beihilfen gibt der Künstler hier roie in einem Extrakt sein gestaltendes Vermögen, spricht er zu uns mit seiner einfachen, andeutenden Sprache. Wir setjen unbemufjt Farben hinzu zu einem Porträt auf einer Ule- tallplafte, oiele unserer Erinnerungen. Diese kleinen Dinge, die roir leicht in unsere Rahe, in eine Tasche stecken fflenkes (Wien'. | können, haben eine intimere Beziehung zu uns, oermitteln uns leichter die menschliche und geistige Art einer Per sönlichkeit und werden reizooller, coenn sie alt toerden und eine Patina anse^en. Jm Atelier oon Stefan Schmort], der innerhalb der Wiener ITtedailleurkunst steht, die ja jef]t in einem neuen Aufschwung begriffen ist, finde ich Gelegenheit, mich diesen Betrachtungen hinzugeben. Der ITleister führt mir in seiner Ciebensmürdigkeit und Bescheidenheit in Abgüssen und Doubletten sein ganzes Oeuore oor, das seine reiche Ent wickelung zeigt. Ich gewinne den Einblick in eine Werk stätte, in eine eigene Technik, die berufen ist, bahnbrechend zu wirken. Professor Schwärt] besitzt das, mas man die persönliche Handschrift nennt: eine ungemein delikate, die letjte Ausdrucksmöglichkeit gebende Cinie, den fein sten Sinn für das Verschlossenste einer Persönlichkeit. Das ist wie eine Galerie geistig oder psychisch her- oorragender Indioidualitälen, menschliche Dokumente in IRetall oon zeitgeschichtlicher Bedeutung. lieben dem Uledailleur wird man in diesem unge mein feinen und an Anmut reichen Künstler nicht in i let]ter Cinie den Grofjplastiker würdigen müssen. Schwärt]