Seite 250 Internationale Sammler-Zeitung. Hummer 16 der fürst in Paris, tno er sehr nie] für die Sammlung kauft, folgenreich ist die Bekanntschaft, die er dort mit dem Wiener k. Kammerkupferstecher Josef fischer (1769 — 1822) schließt. fischer, ein gebürtiger Wiener und aus gezeichneter Zögling der Wiener Akademie, kam 1802 nach Paris, mo er, wie er später aus einem traurigen Anlaß melancholisch schreibt, „ruhig und unbefangen die Bahn der Kunst wandelte, roillens, zwischen den daselbst ange häuften llleisterwerken — nielleicht lebenslang — zu oer- roeilen“. Der fürst fand an dem tüchtigen Künstler und Kenner Gefallen und lud ihn ein, in seine Dienste zu treten, fischer nahm an und kam nach Wien, roo er sich bei der Ordnung der ins Große wachsenden Kupferstichsammlung gleich als oorzüglicher Organisator bewährt. Der fürst kaufte nämlich noch im Herbst 1803 die sehr bedeutende Prager Sammlung des kürzlich «erstorbenen Grafen franz Anton lfawohratsky non Kolomrat um 45.000 Gulden an, aus welcher Sammlung unter anderem unsere schönsten Rembrandfzeichnungen stammen. Run galt es, die Pölffysche, die Kolowrafsche Sammlung und die seit 1796 gekauften Blätter einheitlich zu ordnen, fischer entwarf einen Plan, der bis in die ällerneueste Zeit in Geltung blieb und sich oorzüglich bewährt hat. fc'r hatte einen klaren Kopf, guten Blick und erfüllte nollkommen die großzügigen Pläne seines Herrn. Der fürst ernannte ihn 1804 zum „Bilder- und Kupferstichgalerie-lnspektor“. Später bekam erden Direktor titel und führte, selbst im Pensionsstande, bis zu seinem 1822 eingetretenen Tode die Aufsicht über die fürstlichen Sammlungen. Die Anschaffungen für das Kupferstichkabinett gingen in großem Stile weiter; der jährliche Aufwand dafür be trug zehn- bis zwanzigtausend Gulden, für jene Zeiten eine enorme Summe, selbst heute noch den Bedürfnissen der großen staatlichen Sammlungen genügend. Auch für die Zugänglichkeit war in liberalster Weise gesorgt. Das Jahr 1810 brachte wieder eine außerordentliche Bereicherung. Im ITlai war der fürst in Paris und kam dort mit dem ausgezeichneten lAarchand-Amateur Cesar Antoine Poggi in Berührung. Gr besaß eine ganz her- oorrogende Sammlung alter Handzeichnungen, hauptsächlich Italiener, zum Teil aus den berühmten Sammlungen ITlariette Hudson, Reynolds usrn. stammend. Der fürst kaufte ihm die ganze Sammlung ab, indem er ihm und seiner frau eine lebenslängliche Rente non dreitausend franks ausseßte. Die Kollektion Poggi ist wohl bis heute der wertoollste Teil unserer sehr respektablen Handzeich nungensammlung. Die Grgänzungen und neuanschaffungen wurden in dem ermähnten ITlaße ungefähr bis zu dem Todesjahre fischers 1822 fortgeseßf. Hauptbezugsquellen waren die firmen frauenholz in Gliirnberg, Dominik Artaria in ITlann- heim, dann die Wiener Häuser Artaria u. Komp., f. X. Stöckl, J. Grünling usw. Gs wurde auch nie! auf Aukti onen und non Prioafen gekauft. Hach dem Tode fischers nehmen die Grwerbungen in diesem Sinne ein Gnde. Die Verschlechterung der finanziellen Gage gebot Beschränkung, und fischers nachfolger, Anton Rothmüller, scheint auch nicht der mann gewesen zu sein, eine großzügige Aktion zu leiten. Gr war eine ungemein fleißige, ehrliche, treue natur, ein mann, der seine Aufgaben mit Grnst und Gifer zu lösen trachtete. Seit 1805 im Kupferstichkabinett ange stellt, nermaltete er dasselbe auch unter der Direktion fischers, und die prompte Durchführung des fischerschen Programms war seiner unermüdlichen Arbeitskraft und peinlichen Ordnungsliebe zu danken. Diese Gigenschaften bewahrte er auch als Direktor, aber es fehlte ihm an Jnitiatioe, Gs wird immer weniger und weniger gekauft, und mit dem Tode des fürsten Hikolaus im fahre 1833 hören Ankäufe für das Kabinett ein für allemal auf. Somit ist die Gntmicklungsgeschichte der Sammlung beendet; eigentlich ist sie aber schon mit dem Tode fischers 1822 als abgeschlossen zu betrachten. Die sehr gewählte Kol lektion, die etwa 55.000 Stiche und 3500 Handzeichnungen aus allen Schulen und Richtungen umfaßte, ist also in sechsundzwanzig fahren entstanden, eine wahrhaft fürst liche Ceistung für einen nerhälfnismäßig so kurzen Zeitraum. Dann kamen fahre der Ruhe. Auch als die Samm lung 1869 in den Besiß des ungarischen Staates überging, blieb alles beim alten und die Portefeuilles lagen still und ruhig in den Schränken «erschlossen. Grst in den neunzigerjahren begann es sich wieder zu regen. Als aus Anlaß des nahenden millenniurns die Ankäufe für das zu errichtende llluseum der Schönen Künste begannen, oer- gaß Direktor Karl «. Pulßky auch der graphischen Samm lung nicht und bereicherte sie durch eine uoizügliche Sammlung alter Stiche, hauptsächlich Dürer, Rembrandt, Kleinmeister usw. und durch eine Reihe sehr interessanter alter Handzeichnungen. Zu einem neuen wirklichen Geben erwachte das Kabinett erst 1896, seit welcher Zeit es sich unter der Geitung Gabriel n. Te'reys wieder eines frischen Wachstums erfreute und eine spezielle Abteilung des IHuseums für Schöne Künste geworden ist. Herr n. Te'rey ordnete die ganze Sammlung, die nach dem fischerschen System hauptsächlich in Hlalerwerke geordnet lag, nach der modernen Art der Stechermerke um; er erwarb die ausgezeichnete Dürer- und Rembrandt-Sammlung des uor kurzem «erstorbenen fulius «. Gliscber, unseres gediegen sten Kenners und Sammlers alter Graphik, dann die feine moderne Sammlung des Herrn Bela Bäcker; Hand in Hand gingen damit die fortlaufenden Grwerbungen «an Blättern hauptsächlich moderner Graphik. In den uierzehn fahren, die Herr «. Te'rey an der Spiße der Sammlung «erbrachte, sind so die Hauptlücken der Gsterhdzy-Kollek tion, die Diirer- und Rembrandtmerke, glücklich gefüllt worden. Die neu angelegte Abteilung moderner Graphik gedieh bis zur ansehnlichen Zahl «on fast 4000, die der ungarischen Handzeichnungen bis etwa 2900 Blatt; und die so sich erweiternde Sammlung wurde durch eine lange Reihe «an Ausstellungen dem Publikum näher gebracht. Im Heubau des museums stehen der Sammlung herrliche Räume zur Verfügung; ihre «on Wiganf entworfene Gin richtung kann mustergültig genannt werden und der große Ausstellungssaal ist wohl überhaupt der schönste seiner Art. Das fahr 1902 brachte eine Überraschung; der in U 7 ien ansässige, aus Ungarn stammende ITtaler Stefan Delhaes «ermachfe seine 16.000 Stiche und 2700 Hand zeichnungen umfassende Kollektion dem lAuseum. Die Sammlung bestand etwa zur Hälfte aus Arbeiten des neunzehnten fahrhunderts, das war umso willkommener, als da Gsterhdzy mit den Zwanzigerjahren zu sammeln aufgehört hatte, dieser ganze Zeitraum bis zum Gnde des fahrhunderts in der Sammlung also so gut wie gar nicht «ertrefen war. Im «ergangenen lahre konnte so der Tereysche Kata log*) schon 75.000 alte, 4000 moderne Stiche und 10.000 Handzeichnungen ausweisen. Gs bleibt nur zu wünschen, daß diese große Sammlung je intensioer weiterpflegt und dem Publikum je näher gebracht werde und daß das kunstoerständige, kunstsuchende Publikum ihr sich mit Ciebe zumende, wie sie es unserer Bildergalerie gegenüber schon getan hat. ' " 'p es f, £\ '■) Dr. Gabriel u. Terey: „Verzeichnis der Kupferstichsamm lung alter und moderner Kleister und der Handzeichnungen moder ner Künstler.“ Budapest 1910.