Internationale $amm(er-2eifunj Zentralblatt für Sammler, fiebhaber und Kunstfreunde Herausgeber: Ilorbert Ehrlich und J. Hans Prosl, 3. Jahrgang. Wien, 15. September 1911. Hummer 18. Zur Sesrtiirhte der Glasmalerei in der 5ctuueiz. Van Dr. Hans Cehmann, Direktor des Schweizerischen Candesmuseums (Zürich). ■ is zum Ausgange des lllittelalters gehörte die Glasmalerei in erster Binie unter die den Be dürfnissen der kirchlichen Baukunst dienenden monumentalen Künste. Doch hatte sie sich __ nebenbei auch anderen Ansprüchen anzupassen, denn mit Glasmalereien oerlieh man nicht nur den fensterflächen großer und kleiner Kirchen und Kreuzgänge einen wegen seiner farbenglut non den Zeitgenossen ganz besonders hoch ge priesenen Schmuck, sondern seitdem Aufkommen des Maßwerkes in seiner oerschiedenartigen Verwendung ebenso den großen und kleinen Öffnungen dieser kunstoollen Steinneße. Die Glasmaler mußten da rum imstande sein, auch Ansprüchen der Kleinkunst zu genügen. In dem bekannten Traktate, „Diversarum artium schedula“, das der Presbyter Theophilus zu Ende des 11. oder zu Anfang des 12. Jahrhunderts über die Aus übung oerschiedener Handfertigkeiten oerfaßte, gibt er auch eine eingehende Anweisung zur Herstellung oan Glas malereien. Dabei setzt er Daraus, daß die Herstellung des Glases, die Zeichnung, die Bemalung, deren Ginbrennen und das Zusammenfügen der oerschiedenen Glasstücke zu einem Bilde oan der gleichen Person ausgeführt werde. Das mag zu jener Zeit bei bescheidenen Ansprüchen wohl möglich gewesen sein. Als diese aber sowohl mit Bezug auf den Umfang der Aufgaben als auch auf die Qualität der Technik und Zeichnung wuchsen, trat eine Arbeitstei lung ein. Da man Glas nicht nur zu fensteroerschlüssen und Glasmalereien herstellte, sondern daraus seit ältesten Zeiten auch Gefäße und Schmuck anfertigte, riefen diese mannigfaltigen Bedürfnisse schon im frühen Mittelalter Glashütten ins Beben, für deren Tätigkeit die römischen als Vorbilder dienten. Wie wir in frühester Zeit die Glasmaler unter den Klosterinsassen zu suchen haben, so gehörten im Gebiete der heutigen Schweiz auch die ältesten Glashütten zu Klosterbetrieben. Aber schon seit der mitte des 15. Jahr hunderts reihen Glasbereitung und Glasmalerei fast aus schließlich unter die weltlichen Berufsarten ein, und nur ausnahmsweise erfahren wir, daß man sich auch noch in Klöstern damit befaßte. Wohl gaben für den künstlerischen Wert eines Glas gemäldes Zeichnung und Komposition den Ausschlag, für die das Auge oar allem bestechende farbenwirkung und Eeuchtkraft aber die Qualität der Gläser. Da nun nicht jede Glashütte imstande war, darin gleich Gutes zu leisten, bezog man die oeischiedenen Glassorten oft oan weit her. Unter diesen fremden Erzeugnissen erfreuten sich die aus Venedig, Burgund und oerschiedenen Gegenden Deutsch lands darum einer besonderen Beliebtheit, weil man tech nisch heroorragende Produkte im eigenen Bande nicht her zusteilen oermochte. Auch die Glasmaler waren mit wenig Ausnahmen fremde, meist franken, Schwaben und Rheinländer. Zum Glück für die Glasmalerei in der Schweiz ließen sich gerade die besten Kleister bleibend an ihren neuen Wohnorten nieder und erwarben das Bürger recht, sei es, daß sie um die Einkaufssumme dem Rate Arbeiten lieferten oder darum mit der Stadt Banner ins feld zogen, wozu es damals an Gelegenheit nicht fehlte. Solange diese Verhältnisse dauerten, ist es geradezu ausgeschlossen, daß sich in der Eidgenossenschaft eine nationale Glasmalerkunst entwickeln konnte, die sich oon der in den Grenzländern ausgeübten wesentlich unterschied. Und in der Tat lassen sich die Anfänge zu einer solchen auf schweizerischen Glasbildern erst mit dem Ausklingen des gotischen Stiles erkennen. Die Bezeichnung „Glaser“ auch für die Glasmaler, welche bis zur ITlitte des 16. Jahrhunderts die übliche war, weist darauf hin, daß beide Handwerke gewöhnlich gemeinsam betrieben wurden, jedenfalls oiel häufiger, als daß sich Rlaler und Glasmaler in einer Person oereinigten. Aber selbst wenn dies oorkam, so waren doch die oon den Glasmalern ausgeführten Rlalerarbeiten fast immer sehr untergeordneter Art. Darum oermochten auch die wenigsten unter ihnen Entwürfe zu den Glasgemälden selbst zu komponieren. Dies besorgten oielmehr die Rlaler und Reißer. Da aber diese Vorlagen teuer waren, wurden sie stets oon neuem wieder abgezeichnet und unter Herbeiziehung oon Bildermaterial, wo sich geeignetes fand, kombiniert. Zwar stellten sich die ersten Künstler, wie Hans Baidung, Albrecht Dürer u. a. in Deutschland, Hans Holbein d. J., Urs Graf, lliklaus Rlanuel Deutsch u. a. in der Eidgenossenschaft, auch in den Dienst der Glasmalerei, doch war gerade ihr Einfluß immer nur ein mehr indirekter, während die große Zahl der zur Ausführung gelangenden Glasgemälde auf Entwürfe zurückgeht, die massenhaft als Handelsware oder auf Bestellung oon meistern zweiten und dritten Ranges gezeichnet und als solche nur selten oan diesen signiert wurden. Um so weniger Bedenken