nfemafi'onafß Zenfralblatf für Sammler, Oebhaber und Kunstfreunde Herausgeber: Horbert ehrlich und J. Hans Prosl. 3. Jahrgang. Wien, 1. itonember 1911. Hummer 21. Die Galerie öes Prämonstratenserstiftes 5trahoui. Von Rugust Strobel (Prag). 'rv^pr/)och über der vielhunderttürmigen JTloldaustadt, höher noch als der felsengrund der Hradschiner Burg und des Veitsdoms, haben sich schon im Rnfang unseres fflillenniums in beherrschender tage die weifjkuttigen ITlönche des Prämon- stratenserordens einen Klosterbau errichtet, der im Paufe der Jahrhunderte sich immer statt licher entfalten und dank der schrounguollen Phantasie barocker Baukünstler endlich ein merkenswertes Baudenkmal jener glänzenden Periode böhmischen Kunstlebens werden sollte. Ohne Zweifel haben die ITlönche selbst auf die Gestaltung ihres Klosters oerständnisuollen Gin- flufj genommen, und dalj Kunstoerständnis und liebe zu schönen Werken aller Künste auf Sfrahow zu Hause war, beweist besser als alles andre das Vorhandensein einer Sammlung uon Gemälden, die ebenso umfangreich wie gut ist. Sonderbarer Weise sind diese Schäle bei nahe unbekannt. Das berühmteste Bild des Strahower Bilderschatjes, Dürers „Rosenkranz fest“, ist freilich weltbekannt, zahllos oft ab gebildet und kritisch besprochen. Rber die fast dreihundert Stück aufweisende übrige Sammlung, in der sich beträcht liche Teile der Rudolfinischen Galerie befinden und deren wesentlichste Teile am Gnde des 18. Jahrhunderts ge sammelt wurden, mu^te bis in die lebten Jahrzehnte in magazinmäfjigerRufschichtung unbetrachtet oerharren. nur wenige Bilder hatten in dem für die Sammlung einge räumten Saale Plaf3, das übrige mar nollkommen unzu gänglich. ln den lefjtcn Jahren aber hat sich löblicher Weise eine bemerkenswerte Änderung uollzogen. Der kunstsinnige Rbt des Stiftes, Bandesprälat P. Zauoral und der Kustos der Sammlung, der mit diesen Schäden seif Jahrzehnten verwachsene Prior P. Bohelius Schmidt veranlagten den als Restaurator geschälten Inspektor der Prager Galerie, Herrn Paul Bergner, sich der Gemälde anzunehmen, und bald konnte in gemeinsamer Rrbeit j wenigstens für die wichtigsten Werke — etwa zmeihun- j dertfünfzig — eine würdige Unferkunftsstätte geschaffen ; werden. Gingebaute Querwände vermehrten die verfügbare j fläche genügend, um die Gemälde aufzuhängen, und was im Paufe der Jahrhunderte durch den Zahn der Zeit ge litten haben mochte, erstrahlte bald dank der sachkundigen Behandlung durch Bergner in voller Schönheit. Gs sei gleich hier darauf hingewiesen, dal] Inspektor Bergner mit der off angegriffenen Restaurierung des Dürer’schen „Rosenkranzfestes“ nichts zu tun hat, die ja in ihren entscheidenden Teilen schon vor einem halben Jahrhundert erfolgte. Übrigens ist der Zustand des Bildes durchaus nicht so schlecht, wie manchmal behauptet wird, wichtige wunderschöne Partien uon großem Umfang sind ganz unberührt. Ruch in ihrer neuen Gestaltung darf man die Galerie Sfrahow als wenig bekannt bezeichnen; dem gewöhnlichen reisenden Besucher öffnet sie sich nicht immer leicht und Damen sind von der Besichtigung ausgeschlossen, da die Sammlung sich in der Klosterklausur befindet. Gs lohnt deshalb wohl der ITlühe, den Bestand der Sammlung hier etwas genauer zu beschreiben. Ulan wird nicht erwarten, grobe Hauptwerke berühmter ITleister zu entdecken, obzwar ja auch ein solches in Gestalt des Dürerbildes vorhanden ist, Überraschend aber ist die grofje Zahl tüchtiger Arbei ten von solchen meistern, die bisher der allgemeinen Kunstgeschichte noch etwas fernlagen und die doch als kleinere, aber interessante Persönlichkeiten alle Aufmerk samkeit verdienen. Die Zuweisungen der Bilder, wie sie uon einem vorhandenen alten Kataloge der Sammlung nach alter Sitte oft recht willkürlich vorgenommen werden, können natürlich nicht immer unterschrieben werden: die folgende Darstellung, die sich selbständige Gntscheidungen versagt, hält sich in der Hauptsache an das Urteil Bergners, der mit der Katalogisierung der Sammlung beschäftigt ist und dessen Ansichten von namhaften forschem, die die Sammlung besucht haben, geteilt werden. Von den deutschen und österreichischen Bildern dürfte eine Tafel mit der „sterbenden ITlaria“, datiert 1480, am weitesten zurückreichen, wenn nicht ein durch die Drastik seiner Gestalten auffallendes groljes Tafelbild mit der „Verspottung Christi“, für das man einen österreichischen Kleister anzunehmen hat, noch etwas weiter zurückgeht. Die Cranachschule ist durch ein gutes Werksfadtbild mit dem häufig vorkommenden Judithsujet vertreten, während ein ausgezeichnetes Gelehrtenbildnis, bezeichnet 1533, auf den jüngeren Holbein hinweist, wenn es auch nicht, wie der alte Katalog will, von ihm selber stammt. Interessant durch die genaue Plächbildung eines Stiches von Georg Penz ist ein „Christus vor Pilatus“, ferner ein an Baidung Grien gemahnendes „lllarfyrium der heil. Barbara“, end lich eine originelle, nach Art des Schäuffelein gemalte