Rümmer 23
Internationale Sammler-Zeitung.
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jede Linie »erhaltenes pulsierendes Leben. Dr. Dauid hält den
Wisent für gleichzeitig oder etroos später entstanden. So hat hier
der erste deutsche lllaler die beiden Tiere, die einst als Stolz des
deutschen Waldes in Poesie und Sage gefeiert umrden, auf einem
Blatte dargestellt. 1740 tuurde in Sachsen der lcfjtc Bich geschossen,
sechs Jahre später erlag der leßfe deutsche Wisent bei Eabiau der Kugel
eines Wilddiebes. Heute werden oon beiden Tieren nur noch einige
Rudel in Schonungen gezüchtet. Dieser Dürerfund ist auch für die
zoologische Forschung noch oon besonderer Bedeutung, da die
bisher älteste Darstellung des Wisent erst aus dem Jahre 155 2
stammt. Der Gelehrte wird über seine interessante Entdeckung
demnächst im Jahrbuch der preußischen Kunstsammlungen berichten.
(Römische Porträts aus dem ersten Jahrhundert.)
Einen höchst merkwürdigen fand hat der berühmte Ägyptologe
Professor f linders-Petrie nach seinem Bericht an die lllonafs-
schrift „Ulan“ („Der ITlensch“) in Hawara, einem Ort am Ostrande
der Oase oon fajum, gemacht. Er besteht in einer Unzahl oon
Römerporträts, roie sie gegen das Ende des ersten Jahrhunderts
unserer Zeitrechnung in Diode kamen. Bis dahin mar es Sitte
gewesen, die lllumien in uefgoldete Stuckgehäuse einzu
schließen. Hach der Zeit der Ptolemäer aber nahm man das
Porträt des Toten auf Kaneoas, wie es gewöhnlich eingerahmt
die Wand der Behausung geziert hatte und deckte es über das
Gesicht der ITlumie zum Ersah für den alten Stuckkopf. Das
Porträt war unzweifelhaft mit einer Wachsfarbe gemalt, die ent
weder mit einem oollen Pinsel oder in einem teigigen Zustand
mit kurzen schrägen Strichen aufgetragen wurde. Die Porfrät-
sammlung aus den Gräbern oon Hawara ist recht gut erhalten
und kann sich wohl rühmen, einzigartig zu sein. Die darge'stdl-
ten Personen sind nach ihren Gesichtszügen ohne Zweifel Europäer, u.
zw. meist Römer. Es sind aber auch andere Typen darunter, nämlich
eingeborene Ägypter, Syrier und Vertreter noch anderer orientalischer
Völker, die wohl zu Handelszwecken nach der Oase uonfäjuiTi ge
kommen und dort gestorben waren. Aber auch damit ist die Sti le
dieses Sundes noch nicht erschöpft. Über dieser Dlumienschicht
findet sich eine andere Begräbnisstätte, die auschließlich für römische
Beamte bestimmt war, deren Reste als zu oornehm betrachtet
wurden, um mit den Leichen oon Eingeborenen oermilcht zu
werden. Schließlich sind auch noch Reste eines spanisch-mauri
schen Typus in dieser Totenstadt erhalten geblieben.
(Thomas 111 urner als Illustrator.) Die Autoren des
ersten Jahrhunderts der jungen Buchdruckerkunst nahmen an den
Illustrationen ihrer Werke regen Anteil. Pirckheimer und Sebastian
Brand haben den Zeichnern Anweisungen und Vorlagen gegeben;
Georg Wickram hat selbst bezeugt, daß er einzelne seiner Schriften
eigenhändig illustriert hat. ln die Reihe dieser aktio interessierten
Schriftsteller für die Illustration ihrer Bücher wird nun auch Thomas
ITlurner eingeführt: 111. Sondheim (Frankfurt) sucht in dem
„frankfurter Bücherfreund (Ulitteilungen aus dem Antiquariate oon
Josef Baer u. Co. in frankfurt a. 111.)“ nachzumeiseny daß eine
kleine Gruppe oon illustrierten Schriften lllurners, deren Holz
schnitte sich nicht uns bekannten Schulen oder Werkstätten zu
weisen lassen, oon ihm eigenhändig illustriert sind. Hierzu, ge
hören „Die Schelmenzunft“ und alle anderen Schriften lllurners,
die 1511 und 1512 oon seinem Bruder Beatus Ulurner in frank
furt gedruckt worden sind, ferner die „Badenfahrt“ (Strgßburg
1514), die „niiihle oon Schwindelsheim“ 1515) und der „Lutherische
Harr“ (Straßburg 1522). Die Abbildungen in einigen dieser Werke
sind zum Teil oon den Holzschneidern werkstattmäßig modifiziert,
aber alle lassen erkennen, daß die Zeichnungen zu ihnen oon
demselben Künstler entworfen sind. Am treuesten scheint der
ursprüngliche Charakter in den Abbildungen zur „Schelmenzunft“
und zum „Lutherischen Darren“ bewahrt zu sein. Die Sond-
heimsche Hypothese wird durch ein Werk lllurners, oon dem wir
übrigens wissen, daß er sich in oerschiedenen Perioden seines
Lebens mit der Zeichenkunst beschäftigt hat, gestüßt. Die nur im
lllanuskript erhaltene Überseßung der „Enneaden“ des Sabellicus
(drei handschriftliche folianten) sind eigenhändig oon Ulurner ge
schrieben und mit federzeichnangen illustriert. Diese Zeichnungen
sind zweifellos als Thomas lllurners Werk zu befrachten. Sic
haben denselben Ductus und sind mit derselben feder und Tinte
ausgeführt wie der in seiner wohlbekannten Handschrift geschrie
bene Text. Diese federzeichnungcn sind allerdings aus Thomas
lllurners reifster Periode. Sondheim betrachtet daher seine Hypo
these als eine prooisorische, bis die Stilkritik entschieden hat,
welches der Anteil lllurners an der Illustration seiner früheren
Werke gewesen ist.
Dumismatik.
(5chenkung an die 111 ünzensam mIung der Stadt
Wien.) Die lUünzcnsammlung des Wiener städtischen llluseums
hat einen sehr wertoollen Zuwachs durch die Spende des Dr. Jo
sef Scholz in Wien erhalten, der seine durch langjährige Be
mühungen zusammengebrachte, auch in der Literatur bekannte
Sammlung oon Konoentions-Zwanzigern und Zehnern in
fig. 9. Illorland: La douce Attente.
großherziger Weise dieser Anstalt gewidmet hat. Die außerordent
lich reichhaltige Sammlung enthält nicht weniger als 1911 uer-
schiedene Prägungen aus allen österreichischen lllünzstätten und
reicht oon der durch Kaiserin Dlaria Theresia mit Bayern im Juhre
1755 abgeschlossenen Ulünzkanoenfion, oon welcher der Dame
Konoentionsmtinze stammt, bis zu den leßterfolgten Prägungen
dieser ITlünzarte im Jahre 1856, also bis zur Einführung der öster
reichischen Währung. Durch mehr als hundert Jahre waren die
Silberzwanziger eines der wichtigsten Zahlungsmittel in Österreich,
llachdem sie zum großen Teil eingeschmolzen wurden, wäre es
heute nicht leicht mehr möglich, eine solche Sammlung in gleicher
Reichhaltigkeit zustande zu bringen. Viele Stücke derselben sind
dou großer Seltenheit und besißen daher großen materiellen Wert.
Die Hauptbedeutung liegt aber in der Zusammenstellung des
Ganzen, das ein geschlossenes Bild oon den Prägungen dieser
Jllünzgattung bietet.