Seite 376 Internationale Sammler-Zeitung. Hummer 24 schnitt er nicht, sondern sie brennt oder malt er nachträglich ein. Solcher Holzschnitjer zählen mir in Deutschland etwa 12.000, die auf den Gebirgen zu Hause sind, fluf dem Erzgebirge und auf dem Thüringer Walde sehnigen sie ITIenschen und Tiere, auf dem Schwarzwalde kleine Häuser und Vögel, auf dem Riesengebirge die Rübezahlfiguren und ■ Attrappen. Im Gegensat;e zu dem Sehniger, wie sich der industrielle Holzschnitjer kurz nennt, stellt der Holz bildhauer oder Stecher immer nur einzelne Stücke aus linden-, Eichen-, lTuij-, Buchsbaum- und anderen kostbaren Hölzern her, 6r spannt sie ein und bearbeitet sie mit den uerschiedensten Werk zeugen, mit flach- und Hohleisen, mit Riffeln, ITlessern, teilen usuo. In der Holzbildhauerei muij man aber drei Gebiete unterscheiden, die uoneinander auch nach Arbeitsweise, künstlerischem Inhalte und geschichtlicher Entwicklung getrennt sind. Die größere figurenbild- hauerei holt frei aus dem uollen Blocke mit derben breiten Schnitten fig, 5. Watsan: „Miss Kitty dresing“. die Anlage der figur heraus, ohne sie uorher nach dem Tonmo- delle zu punktieren. Dadurch bekommt die Arbeit gleich uon uorn- herein etwas ungemein frisches. Diese breiten eckigen flächen der ersten Anlage überschneidet der geschickte figurenbildhauer nur nach. Dadurch bekommt allerdings das fertige Bildwerk eine nar bige Oberfläche. Aber diese schadet dem Gesamteindrucke um so weniger, als ein großes figürliches Holzbildmerk doch niemals für nahe Befrachtung bestimmt ist. Anders das Erzeugnis der zweiten Gruppe, der Kabineft- bildhauerei. Sie arbeitet in kleinem niafjstabe, also für nahe Be trachtung, allerlei Siguren und Zier- und Oebrauchsgeräfe. Ihre Er zeugnisse müssen, schon weil sie meist aus teuren Hölzern gefertigt sind, deren schöne färbe und lllaserung recht zur Geltung ge bracht werden sollen, mit Riffel und feile geglättet und schließlich geschliffen und poliert werden. Sonst würden uiele Kabinettbild werke überhaupt nicht wirken. Die dritte Gruppe der kunstgewerb lichen Holzbildhauern endlich, die Ornamentstecherei, ist non den beiden anderen wieder uöllig oerschieden. Sie ist eine flächenkunsf; ihr ziemen nur fließende, lange Tinien, wie sie ein weicher, schwung- uoll modellierender, breiter Schnitt zuwege bringt. Dicht durch peinliches Dacharbeiten mit kleinen Werkzeugen soll der Ornament schnitt zur Vollendung kommen, sondern die führenden Cinien und Kanten müssen aus dem sicheren und geschickt geführten Schnitt ganz uon selbst heroorgehen. Dadurch wird die Ornamentstecherei zur schwierigsten Technik der gesamten kunstgewerblichen Holz- nildhauerei. ln früheren Zeiten hat man diese Unterschiede in den Techniken der kunstgewerblichen Holzbildhauerei meistens festge halten; im neunzehnten Jahrhundert aber, insbesondere in seinem letzten Drittel, ist ihr Ansehen gesunken, weil man in der figuren- bildhauerei zu glatte süßliche Arbeit geschaffen und namentlich in fig. 4. R. Simon: „Oredulors ladv and astrologer“. der Ornamentstecherei so ungemein oiel schlechte geschliffene Orna mente zum blofjen Aufheffen auf das IDobiliar geliefert hat. In neuerer Zeit hebt sich die freude an guten Ornamenten und an der derben figürlichen Holzschnitzerei wieder, und damit tritt auch die Holzbildhauerei wieder in den Vordergrund. Aber das Publikum mui3 sich auch mehr für sie interessieren. Es darf uon ihr nicht uerlangen, dafj sic billige Dutzendware liefert, wie das der JAetallgufj tun kann, und es darf ihr auch nicht mit dem alten Vorurteile enfgegenfreten, sondern es mul] festhalten, dafz es sich um ein kunsthandwerkliches Schaffen uon Einzelnwerken handelt, das nicht benormundet sein will, das aber, wenn es eine liebeoolle Durchbildung und Aufnahme erfährt, sehr wohl einen beachtenswerten faktor in unserem nationalen Wohlstände be deuten kann.