Seite 52 Internationale Sammler-2eitung, Hummer 4 als Heiter des Bankhauses weniger Zeit für seine Passionen hatte und in seinen ITlnßesfunden besonders dei^ Jagd, dem eislaufspart, der Rmateurphotographie und dem Schach spiel huldigte — hat mit feinem Geschmack und klugem Blick sein Heim in der Heugasse zu dem kunstreichen Wohnsiß eines Grandseigneurs ausgestaltet. Schon in der Hnlage dieses Palais hat Baron Roth schild seinen speziellen Geschmack bekundet, der die Zeit Tudwigs XVI. benorzugte. Der Bau wurde in den sieb ziger Jahren non dem ausgezeichneten Pariser Architekten Teyendecker ausgeführt. Gin hübscher, oon hohen ITlauern umgebener Vorgarten trennt das schmucke, mit hohem Hlansardendach oersehene Palais oon der Strafe. Besondere Aufmerksamkeit wurde auf die Anlage des in der ITlitte ge legenen Vestibüls und Stiegenhauses oerwendet; es ist genau nach dem Illuster des berühmten „Escalier des ainbassa- deurs“ in Versailles erbaut, was besonders deshalb Interesse oerdient, weil das Original heute nicht mehr besteht. Auf einem Gemälde oon Jerome und in alten Stichen ist das Bild dieser brillanten Treppenlösung erhalten geblieben. Schöne französische Plastiken in Bronze und lllarmor sowie ein figuraler Brunnen, ein hübscher Rokokoschlitten und eine zierliche Sänfte schmücken diesen Raum. Wir begeben uns über die Treppe ins Hauptgeschäft das im Stil der Boiserien und des niobiliars auch die Gpoche Tonis XVI. zur Schau trägt. Außerdem enthält hier fast jeder Raum berühmte Dleisterwerke der lllalerei. lieben der französischen Schule des 18. Jahrhunderts, die Baron Rothschild beoorzugte, sind auch die niederländische, italienische und englische Kunst oorziiglich oertreten. So bewundern wir im Rauchzimmer ein Hauptwerk Van Dycks, das berühmte entzückende Gruppenbild, welches die Kinder des Herzogs oon Tancaster darstellt. Im selben Raum befindet sich eines der köstlichsten Bildnisse oon frans Hals, ein oergnügt grinsendes Kind, in der bekannten braoaurösen Planier des Kleisters ausgeführt. Von den übrigen Hiederländern müssen besonders die ausgezeich neten Stilleben, die Tierstücke oon Paul Potter und ITlelchior Hondecoeter, sowie ein schöner Wauoerman heroorgehoben werden. Dieser Wouoerman machte dem Baron besondere freude, weil er ihn selbst „entdeckt“ hatte, wie er seinen Bekannten gern erzählte. Gr hatte ihn in Graz bei einem „Tandler“ aufgestöbert und für einen Pappenstiel erworben, in dem oerschmußten und beschädigten Bilde jedoch gleich den hohen Kunstwert erkannt, nach der sorgfältigen Restaurierung entpuppte sich das Bild tatsächlich als ein oorzüglicher Wouoerman. Und bekanntlich macht gerade den reichsten Teufen, die sonst jeden Genuß mit schwerem Gelde erkaufen müssen, ein solcher fang den allergrößten Spaß. An einigen guten Seestücken oorbei gelangen wir in die große Galerie, die hauptsächlich französische Gemälde enthält. Von fragonard „La falle“ (ein entfliehendes lllädchen), oon Grenze mehrere Köpfe in der bekannten süßlichen Art, einen schönen Boucher, mehrere Werke oon de Troy und Porträts des Vanloo. Auch herrliche fran zösische und Brüsseler Gobelins gibt es hier und in den benachbarten Sälen, aus deren Inhalt ich oor allem die oornehmen englischen Porträts oon Reynolds, Romney und Gainsborough anführe, denen sich ein herrliches lebens großes Damenbildnis unsers füger ebenbürtig anschließt: es wurde seinerzeit noch um tausend Gulden erworben! Das Bildnis seiner Illutter, oon Tarnrence gemalt, hat Baron Rothschild oon seinem Vater geerbt, auch sonst findet sich das eine und andere Stück aus der Sammlung des Barons Anselm; die meisten und zwar die bedeutend sten Stücke hat aber Baron Albert selbst erworben, Gr hatte für seine Ankäufe einen ausgezeichneten Berater in der Person des alten Wiener Kunsthändlers Plach, an den sich die älteren Wiener Kunstfreunde noch mit Vergnügen erinnern. Troß seiner niedrigen Herkunft und geringen Bildung hatte der alte Plach einen sicheren Blick für gute und echte Kunstwerke; bekanntlich mar er auch der freund und geschäftliche Anwalt Pettenkofens. Von diesem Wiener Kleister hatte Baron Albert auch oor Jahren einige der besten Werke erworben, unter anderm ein ganz brillantes Pferdegespann. Diese Werke sowie mehrere Kabinettstücke der neueren deutschen und französischen lllalerei zieren die kleineren Zimmer, oor allem das Schreibzimmer des Barons. Da finden sich Perlen oon Kleissonier, oon Vautier und Knaus, während in den prächtigen Bibliotheksräumen oiele gute Zeichnungen und Aquarelle hängen, für die Aquarellierkunst hatte der Baron ein besonderes Interesse. Die feinsten Stücke oon französischen (besonders oon Gugene Tamil), englischen, schottischen Aquarellisten erwarb er, wo er konnte, so daß die Sammlung in dieser Hinsicht eine besondere Bedeutung hat. Weniger Glück hatte er mit Wiener Künstlern, Gr hat wiederholt auf Anraten oon freunden den Versuch gemacht, einheimische Künstler zu beschäftigen; sein oer- möhnter Geschmack war aber schwer zu befriedigen. Da gegen hat er die Altwiener Kleister hochgeschäßt, und neben den früher erwähnten Werken enthält die Aquarell sammlung einige der besten Rudolf Alf. — Auch der Bildhauer friedl durfte für das Palais einige größere Arbeiten ausführen. Damit märe die Kunstsammlung des Barons Albert Rothschild in großen Zügen charakterisiert. Daß sich unter den französischen Klöbeln oiele besonders mertoolle Stücke, mit Bronzen, Bouleeinlagen etc. befinden, daß auch schöne Kunstobjekte in Porzellan, Gold, Silber, Bronze, Glfenbein auf Kommoden, Konsolen, Säulen, Tischen angeordnet sind, oersteht sich eigentlich oon selbst. Viele Objekte konnten gar nicht untergebracht werden, und die Vorräte der Garde Kleubles würden allein schon ein kleineres Palais füllen. Auch in dem Bankhaus in der Renngasse hatte der Baron oerschiedene wichtige Kunstwerke placiert; so befindet sich dort, allzu wenig bekannt und beachtet, eine der schönsten Tandschaften oon Troyon, mit wei denden Rindern. Vielleicht gehört es noch zur Charakteristik diesesKunst- freundes, daß seine Passion für die bildende Kunst mit seiner Aaturliebe und mit seinen sportlichen Heigungen eine eigenartige Verbindung einging. Gr betätigte als Amateurphotograph das feinste Verständnis für landschaft liche Schönheiten, für aparte Tuftstimmungen, für den spezifischen Charakter eines Tieres; in Wien hat er zumeist die Porträtphotographie gepflegt, und oiele der bekann testen Persönlichkeiten aus der Aristokratie hat er in kunsf- Doller Weise festgehalten. Gin Bildnis Teweles war seine beste Arbeit. Professor Tenhard war zuerst sein Tehrer und dann sein Berater bei diesen Arbeiten.