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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 11
Opern »Narciß« und »Iphigenie auf Tauris« beschäftigen.
Im letzteren dieser Briefe vom 1. Mai 1781, den Gluck
»mit zitternder Hand« geschrieben hat, teilt er dem
Adressaten, dem kaiserlichen Gesandten in Paris K. r u 11-
hoffe r, mit, daß er seit langer Zeit »in stäter inäetion
gelebet«, daß ihn aber die bevorstehende Aufführung der
»Iphigenie in Tauris« »widerumb in Bewegung setzen
und sein geblüt rege machen« werde. Er fügt hinzu, daß
seine Opern »bis zum Eckel« aufgeführt würden, so daß
sie zuletzt der ganzen Welt unerträglich werden müßten.
Als wertvolle Ergänzung zu diesen Briefen ist das
offizielle Ernennungsdekret Glucks »zum Hof-Corn-
positor« aus dem Jahre 1774 zu erachten, »in Ansehung
seiner in der Müsic besitzenden gründlichen Känntnis und
dargethanen ganz besonderen Geschicklichkeit, wie auch
in verschiedenen Compositonen erprobten Fähigkeit...«
Als Gehalt wurden ihm 2000 Gulden bewilligt.
Ebenfalls nach Wien, aber in ein Leben voller Härten
und Kämpfe führen die Handschriften Mozarts. Neben
acht bisher unbekannten Menuetten werden zwei eigen
händige Briefe des
Meisters zum Ver
kauf gelangen, von
denen besonders der
Brief vom 27. Juni
1788 einen Einblick
in die sorgenvollen
Tage gewährt, von
denen das Leben
Mozarts bis zur
letzten Stunde ange
füllt war. In diesem
Brief, den Mozart
an einen Bruder des
Freimaurerordens
richtet, heißt es
u. a.: »Meine Lage
ist so, daß ich un
umgänglich genötigt
bin, Geld aufzuneh
men. - - Aber Gott,
wem soll ich mich
vertrauen? — nie
manden als Ihnen,
mein bester! —
Wenn Sie mir nun wenigstens die Freundschaft tun, mir
durch einen anderen Weg Geld zu verschaffen! ich
zahle ja gerne die Interessen, und derjenige, der mir
lehnte, ist ja durch meinen Caracter und meine Besol
dung, glaub ich, gesichert genug . . . Wenn Sie liebster
Br.: mir in dieser meiner laage nicht helfen, so verliere
ich meine Ehre und Credit, welches das einzige ist, was
ich zu erhalten wünsche, etc.« Unterzeichnet: »Ewig ihr
verbundener Diener, wahrer Freund und O.: Br. W. A.
Mozart.«
Bemerkenswerte Beiträge zur Geschichte Mozarts
bilden auch die zahlreichen Briefe seines Vaters, des
Salzburger Hofkapellmeisters, die sich nicht nur auf
dessen eigenes musikalisches Schaffen beziehen — so
erkundigt er sich zum Beispiel am 14. Jänner 1756 nach
der Aufnahme seines ebenfalls im Manuskript vorhan
denen »Schlittengeleuth« in Augsburg — sondern auch
von den Erfolgen der Kinder berichten. Aus der Schilde
rung der glänzenden Aufnahme, die sie am Hofe der
Kaiserin Maria-Theresia gefunden haben, spricht
der berechtigte Stolz des glücklichen Vaters.
Den unbekannten Kompositionen Mozarts reihen
sich bisher unbekannte Kompositionen Beethovens
an. Es sind schwedische. Tiroler und bosnische Volks
lieder, ein 'Feil jener »Brotarbeit«, zu der sich Beet
hoven, dem Verlangen des schottischen Kunstfreundes
T homSon entsprechend, anfänglich nur schwer ver
stand, um bald aber schon den tiefen Gehalt der Volks
musik zu entdecken und sich dann mit der ganzen Glut
seines Genies der Bearbeitung dieser einfachen Weisen
hinzugeben.
An diese führenden Geister auf dem Gebiet der Musik
schließen sich nun die übrigen an, unter denen man
kaum einen bedeutenden Namen vermissen wird. Als be
sonders charakteristisch seien die Briefsammlungen von
Liszt, Wagner und B ti 1 o w hervorgehoben -- von
Wagner ist außerdem noch ein von T i c h a t s c h e k in
früheren Jahren gezeichnetes Bildnis vorhanden, das die
scharf gezeichneten Züge des Meisters in trefflicher
Weise wiedergibt.
Der zweite Teil des Kataloges enthält die Dichter
und Schriftsteller aller Länder - von englischen Dich
tern sind u. a. Briefe P o p e s und Sternes vorhan
den — mit Ausnahme der österreichischen Schriftsteller,
die ebenso wie die
österreichischen Po
litiker und Fürsten
in eine besondere
Abteilung verwiesen
sind.
In diesem zweiten
Teile finden sich Ge
dichte und Briefe
von Goethe,
Kant, ein umfang
reiches Manuskript
von M ö r i k e, eine
Klageschrift Boer-
n e s gegen die
Stadt Frankfurt, die
ihm die durch seine
Uebersiedlung nach
Paris verwirkte
Pension nicht mehr
auszahlen wollte,
ein Brief H o-
manns, des Vaters
des Atlanten, Briefe
von Schiller,
nebst einer kürzen Bemerkung aus seinem Malteser
manuskript — was in diesem Zusammenhang ein be
sonderes Interesse verdient — eine Handschrift
Schillers von Hcrdern, des Tiroler Kanzlers aus der
Zeit der Gegenreformation, auf den sich das Geschlecht
des Dichters zurückführt und zurückführen läßt. Eines
der wertvollsten Stücke dieses Abschnittes dürfte der
Brief des erst siebzehnjährigen Wieland sein, der
darin mit dem ganzen Feuer seiner jungen Jahre seine
Gefühle für Sophie Gut er mann, die spätere Frau
von La Roche, zum Ausdruck bringt.
Dem literarischen Deutschland tritt das literarische
Oesterreich gleichwertig zur Seite. Was Oesterreich an
ruhmvollen Namen auf geistigem Gebiet besitzt, findet
sich in den Blättern dieses Kataloges vereinigt, so
Grillparzer, Hebbel, Halm, Anzengruber, Laube, Ha-
rucrling, Lenau, Joh. üabr. Seidl, Nestroy, Pyrker,
Saphir, Sonnenfels, Joh. Nepomuk Vogl, Frh. v. Zed
litz etc.
In einer Zuschrift Friedrich Hebbels, de dato
18. Dezember 1861, macht der Dichter, der zu einer
Publikation beitragen soll, deren Ertrag zur Schaffung
einer deutschen Flotte bestimmt war, die nachstehende
politisch-geschichtliche Bemerkung: »Ich glaube zwar
Fig. 2. Brekelenkam: Schusterwerkstatt.