Seite 216 Internationale Sammler-Ze i t u ng. Nr. 14 ist es 7,n finden. Aber die Meniikartensamnilung des Genfer Vereines beschränkt sich keineswegs auf die kulinarische Kunst an den Herrscherhöfen. Wohl geordnet findet man hier eine stattliche Reihe von Speisekarten, die für jeden Gourmet Kuriositätswert haben, wie etwa das Menü eines großen Banketts, das am 24. Juni 1895 aut den Fidschi-Inseln abgehalten wurde; diese Speisekarte ist auf Leinen gedruckt, bringt als erstes Gericht »Haifischflossen«, dann Vogelnester, Schnecken. Schildkröten und manche andere exotische Leckerbissen, die viele europäische. Feinschmecker auf den ersten Blick gewiß abschrecken Könnten. Interessant ist auch die Tatsache, daß sich in Amerika nach den meisten Exemplaren der Sammlung die Mode durch gesetzt hat, in der Mitte des Mahles zwischen zwei Fleisch speisen Gefrorenes zu servieren. Das Gefrorene spielt überhaupt in den Menüs de r neuen Welt eine auffällig bevorzugte Rolle, denn bei vielen Banketten findet man, daß zwischen Braten und Geflügel als besonderer Gang römischer Punsch serviert wird. 95 min Damen als Briefmarkensammlerinnen. Der Briefmarkensammelsport, der in diesen Tagen sein fünfzigjähriges Jubiläum, ausgehend vom Erscheinen des ersten Briefmarkenkataloges, feiert, ist in neuester Zeit mehr und mehr eine Lieblingsbeschäftigung der Frauenwelt geworden. Während noch vor wenigen Jahren das schöne Geschlecht nur wenige Vertreter in den Reihen der Philatelisten hatte, spielen die Damen jetzt in den Kreisen der Markensammler eine große Rolle; zunächst ist das Sammeln in der vornehmen englischen Gesellschaft Mode geworden und seitdem auch zu uns auf den Kontinent gekommen, wo es sich mehr und mehr ausbreitet. Unter den Philatelistinnen befinden sich mehrere ge krönte Häupter, so die Königin Mary von England, die von ihrem Mann, einem leidenschaftlichen Sammler, angesteckt worden ist und nun selbst eine schöne Kollek tion besitzt; dann Königin Elena von Italien, die kaum mit geringerem Enthusiasmus Marken sammelt als ihr Gemahl Münzen. . Die Königin, die im vergangenen Jahre das Ehrenpräsidium der internationalen Philate listenausstellung in Turin übernommen hatte, hat ver schiedene Male von fremden Regierungen, die ihr Steckenpferd kannten, kostbare Kollektionen erhalten und ist nun stolz auf die vollständigen Serien, die sie von den Marken der Vereinigten Staaten, der argentinischen Republik und Frankreich besitzt. Die Königin Maud von Norwegen huldigt eben- j falls dem Briefmarkensammelsport, und das schwedi- j sehe Kronprinzenpaar widmet sich gemeinsam 1 diesem interessanten Vergnügen. Als die Prinzessin 1 Margaret von Connaught den schwedischen Kronprinzen heiratete, ließ sie der französischen Regie rung als ihren Herzenswunsch mitteiien, sie möchte ihr als Hochzeitsgeschenk eine vollständige Sammlung französischer Marken machen, und kaum hat sie sich über ein arideres der wertvollen Geschenke so sehr ge freut. Einige engliche Datnen besitzen sehr umfangreiche und berühmte Sammlungen, die sich den bedeutendsten der Männer an die Seite stellen können. Eine fast lückenlose Sammlung von Großbritannien und den britischen Kolonien besitzt Mrs. Bridson; ihr höchster Stolz aber ist ihre herrliche Sammlung portu giesischer Marken, für die sie bereits mehrere Ehren medaillen bekommen hat. Eine andere große Sammlerin ist Mrs. Edith Fi el d, die Mitglied vieler großer Philatc- listenvereinigungen ist. In einem Interview hat sie sich in trefflicher Weise über die Freuden und Reize ausge sprochen, die das Markensammeln gerade für Damen aufweist: »Markensammeln eignet sich so gut zu einer Beschäftigung für Frauen, weil es feinen Geschmack in der Anordnung der Marken, Sauberkeit, Akkuratesse und Ordentlichkeit erfordert, alles Eigenschaften, die wir Frauen haben. Die Damen wissen besonders die wunder vollen Farben der alten Marken zu würdigen; ihre leichte Phantasie fliegt mit ihren Lieblingen über Länder und Meere und durch die Jahrhunderte der Geschichte. Was gibt es Besseres, wenn man traurig ist, als sich in die Seiten seines Markenalbums zu vertiefen? Was ver treibt einem besser die Stunden, als die Augen über die bunten Reihen gleiten zu lassen, die manche Erinnerung wecken ?« Chronik. Bibliophilie. (EineMillionfürzweiCorvina-Codices.) Im Rahmen einer Soiree des Bischois Wilhelm Fra k n o i hielt kürzlich Geheimrat Albert Berzevüczy (Budapest) einen Vortrag über zwei Carvina-Codices, die dem Budapester Nationalmuseum v.on einem Florentiner Kunsthändler zum Kauf angebote'n worden sind. Der Kunsthändler verlangt für die beiden Codices rund eine Million, was selbst bei voller Ein schätzung ihres hohen kulturhistorischen Wertes ein horrender Preis ist. Es ist wohl wahrscheinlich, daß der Kunsthändler mit sich reden lassen wird. Da aber das Nationalmuseum selbst den stark reduzierten Preis nicht zahlen kann, ist der Gedanke aufgetaucht, den Ankauf der Codices im Wege einer gemein samen Aktion des Staates und der Gesellschaft zu ermöglichen.- (Das erste Wallenstein-Drama.) In der steier märkischen Landesbibliothek in Graz hat vor einigen Tagen Dr. Franz CI o lisch ein kleines, in graugeädertes Papier ge heftetes Buch gefunden, das den Titel trägt: »Nicolai Vernulaei Eritlandus. ■ I ragoedia. Lovanii, typis J. Coppenii 1637.« Alle gorische Figuren schmücken das Titelblatt, ein sorgfäitg ausge- führter Kupferstich, der Wallenstein in seiner Rüstung dar stellt, ist beigebunden. Ein Begleitschreiben zu dieser Wallen- stern-Tragödie ist an Peter Roose, »Seiner kath. Majestät Kon- seilspräsidenten in Hispanien und Belgien«, gerichtet und vom 15. Jänner 1637 — also kaum drei Jahre nach W'allensteins Er mordung — datiert. Dr. Goltsch führt über seinen Fund in der >Gr. Tp.« aus, der Verfasser des Trauerspieles sei Nikolaus de V e r n u 1 a, Professor der Beredsamkeit an der Universität in Löwen. Wallenstein wird da als ehrgeiziger Frevler gezeichnet,