Seite 248 Internationale Sammler-Zeitung. Nr. 15/16 wichtixen Hauses erhalt. Unter den »Miszellen« registriert Theod Distel eine Melduhg Frorieps an B ö 11 i g e r, in der Goethes Mißtrauen gegen die Studenten nach der Er mordung Kotzebues durch den Jenaer Studenten Sand doku mentiert wird. Daß Goethe nach der Affäre, die natürlich nicht spurlos an ihm voriitergehen konnte, seelisch sich be drückt fühlte, ist auch aus anderen Quellen schon bekannt. Unter den zahlreichen Beiträgen, die weiterhin hier nieder gelegt sind, beanspruchen die Arbeiten Frankels über »Goethes Maus beim Säkulartage 1849«, die »Erinnerung an Bernhard Suphan« von Ludwig Geiger, sowie »Alma von Goethes Sterbehaus« von Ottilie Franzos Interesse. Den Schluß des Bandes bilden die üblichen bibliographischen Mit teilungen. (Schauspieler-Bibliotheken.) In den Schau spielerkreisen ist eine Bewegung im Gange, die die Errichtung von Schauspieler-Bibliotheken betreiben will. Es wird vorge- sehlagen, eine Sammlung zu veranstalten und für deren Er trag in den Ortsverbänden Bibliotheken zu errichten. Haupt sächlich sollen Bücher, die sich mit den geschichtlichen, recht lichen, wissenschaftlichen und sozialen Fragen des Schau spielers befassen, gesammelt und den Künstlern zugänglich ge macht werden. Demnächst wird ein offizieller Aufruf zur Be gründung der Bibliotheken erlassen werden. Bilder. (Ein unbekanntes Jugend werk Lionardos.) Der Name L i c n a r d o da Vincis wird jetzt bei einer köst lichen Maria mit dem Kinde genannt, die sich in der Sammlung der Frau Benöis in St. Petersburg befindet und die vor einiger Zeit von Professor Hauser im Berliner Kaiser Friedrich- Museum restauriert worden ist. Auf Grund eines umfangreichen Materiales weist der Direktor der Kasseler Gemäldegalerie in der Zeitschrift für bildende Kunst nach, daß sich diese Lionardo- sclie Komposition gegen Ausgang des 15. Jahrhunderts und den Beginn des folgenden einer außerordentlichen Beliebtheit er freut. Denn es gibt eine ungewöhnlich große Zahl mehr oder minder freier Benützungen des Bildes. Für die Urheberschaft Lionardos entscheidender ist eine Federzeichnung im Britischen Museum, die den Entwurf des Künstlers für die Manengruppe darstellt, nur daß die Mutter auf dem Bild unterhalb der Knie abgeschnitten ist. Nicht nur Italiener, wie Lorenzo di Credi und Albertinelli, haben das Bild kopiert, auch Niederländer. Für die Feststellung der Entstehungszeit wichtig ist es, daß Credi in seiner 1480 entstandenen, in der Dresdener Gemäldegalerie be wahrten Maria sich an die Arbeit seines großen Mitschülers in der Werkstatt des Verrocchio hält. So muß die Madonna Benois damals schon Vorgelegen haben, was auch aus der Benützung von Requisiten und Motiven der Verrocchio-Werkstatt hervor geht. (Ein Shakespeare-Fund.) Ans Ne w y o r k wird ein interessanter Shakespeare-Fund gemeldet. Der ver storbene Frank de Hey mann hat ein Bild hinterlassen, das, wie es scheint, Shakespeare und Ben Jonson beim Schach spiel darstellt. Der Dramatiker Jonson, neun Jahre jünger als Shakespeare, stand bekanntlich mit ihm in freundschaftlichem Verkehr und hat für die Folioausgabe von dessen Werken die poetische Einleitung geschrieben, in der er den »Schwan von Avon« voll Herzlichkeit preist. Das stark nachgedunkelte Bild rührt offenbar von Isaac Oliver, einem englischen Schüler des römischen Malers Zuecaro, her. De Heymann hat es vom Obersten Ezra Miller erworben, der seinerzeit 18.000 Schil linge dafür gezahlt hatte. Von Kennern der überlieferten BJd- nisse Shakespeares wird zugegeben, daß die Züge des einen Dargestellten starke Aehnlichkeit mit diesen Bildnissen auf- weisen. (Ein Porträt der Mal ib ran.) Aus Feldkirch (Vorarlberg) wird uns geschrieben: Im Besitze der Frau des hiesigen Rechtsanwaltes Dr. R. R i c c a b o n a, befindet sich ein Porträt der berühmten Sängerin Maria Felizitas Ma.li- bran von Franz Xaver Bo hfl et er. Der Maler hat die Künstlerin gelegentlich ihres Auftretens in Wien im Jahre 1836 gemalt, und zwar stellte er sie in der blauen Robe der Desdemona dar, in der sie ihren größten Triumph feierte. Wie einer Notiz auf der Rückseite des in Oel ausgeführten Porträts zu entnehmen ist, hat Bobleter das Bildnis fiir sich selbst gemalt. Das geht übrigens auch aus der von ihm mit eigener Handschrift angelegten und geführten Gemäldebe schreibung hervor, die der Großneffe des Künstlers, der hier lebende Professor Dr. K- Bobleter als teueres Vermächt nis aufbewahrt. Bobleter gab das ihm besonders wertvolle Bild bei Lebzeiten nie aus der Hand. Nach seinem Tode — er starb hier am 2. Mai 1869 - kam das Bild in den Besitz eines Neffen Bobleters und von dem an Frau Dr. Riccabona. Das Porträt Bobleters hat neben dem künstlerischen auch einen Seltenheitswert, weil die damals erst 28 Jahre zählende Sängerin bald darauf an den Folgen eines Sturzes vom Pferde — am 23. September 1836 — in Manchester starb und somit gerade dieses Gemälde wohl als ihr letztes Abbild nach dem Leben gelten kann. (Neu aufgedeckte Fresken in einer Mai länder Kirche.) Aus Mailand ward geschrieben: Eine der ältesten hiesigen Kirchen ist San Pietro in Gessate, ein gotisches Bauwerk aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Die Barockzeit hat an diesem bemerkenswerten Denkmal lom bardisch-gotischer Baukunst stark mitgearbeitet. Die Fassade wurde ihrer ursprünglichen Reinheit und Einfachheit ent kleidet und mit allen jenen Schnörkeln ausgestattet, an denen der Stil des 18. Jahrhunderts so reich ist. Die Wandgemälde im Innern der Kirche, die von Künstlern wie Bernardim, Zenale, Butinone und Montorfano herriihrten, wurden pietät los übertüncht. Jetzt hat ein Komitee von Kunstfreunden Sammlungen eingeleitet, um die Mittel aufzubringen, welche die Wiederherstellung der gotischen Fassade der Kirche San Pietro in Gessate erfordert. Aber auch das Innere der Kirche wurde untersucht und dabei in der Capelia üriifi die Wand malerei aufgedeckt, die wahrscheinlich von den Malern Bernardini aus Treviglio herrührt. Auch in einer zweiten Kapelle, die dem heiligen Michael geweiht ist, wurden durch den hiesigen Restaurateur S i 1 v e s t r i wertvolle Fresken aufgedeckt, die verschiedene Episoden aus dem Leben Johannis des Täufers darstellen. Senator Luca Beltrami, dessen Verdienste als Kunstforscher auch außerhalb Italiens bekannt sind, läßt diese Arbeiten auf seine Kosten unter nehmen. Die Wölbung der Kapelle ist in Dunkelnd gemalt, und von diesem Grund heben sich E-rtgelsköpfe ab. ln den Figurenresten, die aufgedeckt wurden, zeigt sich die aus drucksvolle Kraft des Cinquecento. Oberhalb des Altars In« der Maler — es dürfte wahrscheinlich Giovanni Donati (Ja M o n t o r f a n o gewesen sein — den Kopf Gottvaters ge schaffen. (Eine Ausstellung klassischer französi scher Malerei in Frankfurt a. M.) Die diesjährige Sommer-Ausstellung des Frankfurter Kunstvereines (Jung- hofstraße 8) ist der klassischen Malerei Frankreichs im 19. Jahrhundert gewidmet und gibt an ausgewählten Werken der führenden Meister einen Ueberblick über die Entwicklung der modernen französischen Kunst von Ingres und Delacroix ''her die großen Impressionisten bis zu van Gogh. Bedeutende Privatgalerien in Frankreich, Oesterreich, Ungarn und Deutsch land, vor allem auch die Frankfurter Sammler selbst, haben nicht weniger als der Kunsthandel dem um die Ausstellung bemühten Ausschuß ihre Schätze in liberalster Weise zur Verfügung gestellt, so daß eine Darbietung französischer Kunst zustande kam, die in gleicher Weise Reichhaltigkeit und Erlesenheit in Deutschland kaum wieder wird geboten weiden können. Die Ausstellung ist bis Ende September d. J- täglich zu besichtigen.