Seite 274 Internationale Sammler-Zeitung. Nr. 18 an der ganzen modernen Entwicklung des künstlerisch geschmückten Porzellans teilnahm. In den Jahren 1869 bis 1885 war nach dem Tode Juels der Vizepräsident der dänischen Kunstakademie Heinrich Hansen künstleri scher Leiter der Porzellanfabrik Bing & üröndahl und hat namentlich durch dekorative Entwürfe im Stil der holländischen Renaissance Bedeutendes geleistet. Sein hervorragendstes Werk war ein Tafelservice, dessen Original sich in der Sammlung des königlichen Schlosses Rosenberg in Kopenhagen befindet. Zur selben Zeit wurde eine 1871 in London ausgestellte, in Biskuit aus geführte Nachbildung der Hebestatue von T horwald- sen für das Londoner South-Kensington-Museum er worben. Im Jahre 1886 trat Professor Pietro Krohn als Direktor des Kopenhagener Museums der dekorativen Künste an die Spitze der Anstalt. Krohn war es, der die Dekoration des Porzellans in leuchtenden Farben vor dem Brand dort einführte und damit auf der Pariser Aus stellung von 1889 Aufsehen, erregte. Sein berühmtestes Werk war das »Reiherservice« (Fig. 1), das auf den in blauem Email dekorierten Stücken Reiher in verschie denen Stellungen zeigte. Da die Manufaktur durch Krohn in der Jury vertreten war, stand die Meisterarbeit natür lich hors de concours. Sehr bedeutende Anstrengungen, die auch mit Erfolg gekrönt waren, machte die Kopen- hagener Porzellanmanufaktur zur Pariser Weltausstel lung im Jahre 1900. Einen gewaltigen künstlerischen Aufschwung nahmen Bing &. Gröndahl, als darauf J. F. Willumsen, der jetzt nach Amerika gegangen.ist, die Leitung dieser An stalt übernahm. Von nun an zeigen fast alle Arbeiten das Streben nach einer Art monumentaler Wirkung. Ein fach, kräftig erscheinen die Formen, und ihr Dekor, meist in flachem Relief, hebt sich kraftvoll von der schönen weißen Grundfarbe des Materials ab. Etwas Wickingisch- Nordisches steckt in diesen Arbeiten, ein cnergischcr künstlerischer Wille spricht aus ihnen und sichert ihnen im Gegensatz zu den vielen charakterlosen Flauheiten, mit denen die übliche moderne Porzellanindustrie ope riert, eine bedeutende Wirkung. Die technische Leistung des Chemikers Hall in unterstützt in glücklicher Weise diese künstlerischen Bemühungen, und einige Nuancen, wie das zarte Rosa, ein prächtiges helles Blau und Oxy dationen, die dem Ton der Bronze nahekommen, sind »I rouvaillen« der Kopenhagener Fabrik, die .andere ihr noch nicht gleich gut nachzumachen vermögen. Eine Gruppe für sich stellen neben diesen, den Geist von Willumsen atmenden Arbeiten die auf naturali stische Weise dekorierten Vasen, durchbrochenen Krüge dar, in deren Erfindung und Dekoration talentvolle Künstler und Künstlerinnen miteinander erfolgreich wett eifern. Noch eine andere Gruppe von Erzeugnissen der Fabrik Bing & Gröndahl hat durch eine bewußte An lehnung an die dekorative Art des dänischen Architek ten B i n d e s b ö 11 ihr Gepräge erhalten. Die charakteri stischen Beispiele dieser wirkungsvollen Manier zeigen auf dem blendenden Weiß der schönen Kopenhagener Porzellanmasse sinnreich verschlungene Ornamente m dichter Anordnung als breite Borten um die Gefäßkörper gelegt. Man wird bei dem Anblick dieser Stücke an die alte Weise der irischen Bandverschlingungen aus der Tierornamentik erinnert. Bing & Gröndahl verfügen über einen eigenen Stil, in welchem das plastische Moment eine wichtige Rolle spielt, ohne daß darum die farbigen Qualitäten vernach lässigt würden. Von ungemeiner Lebenswahrheit sind die mit wenigen Farben leicht getönten Tierfiguren, in denen die plastische Richtung der Fabrikation am ent schiedensten und vorteilhaftesten zum .Ausdruck kommt. Ein wie hoher Grad der Charakteristik in diesen Figuren erreicht wird, läßt sich an unserer Abbildung (Jaguar, Fig. 2) erkennen. Der dilettantische Zug, der den zahllosen Nach ahmungen anhaftet, welche als »dänisches Porzellan« überall gezeigt werden, die sich aber zu Originalen ver halten etwa wie der Esel im Löwenfell zum Löwen, ist ihnen gänzlich fern und es wäre zu wünschen, daß mehr von den guten Stücken zu uns wandern wie bisher. Sie werden fördernd wirken, beweisen sie doch, welch vor nehmer Schmuck des Innenraumes durch künstlerische Behandlung des Porzellans gewonnen werden kann, wenn strenge Selbstzucht, ernstes künstlerisches Wollen durch technische und materielle Hilfsmittel in kluger Weise gefördert werden. Sie zeigen die schönen Resul tate, welche erzielt werden können, wenn die künstleri schen Ideen sich auf einem Boden entwickeln, auf dem eine fortschrittliche Technik die verschiedenen Schwierigkeiten der Ausführung sehr hochgespannter Forderungen überwinden gelernt hat und die Freiheit der Entfaltung nicht durch traditionelle Bedenken oder dem Mangel an materieller Hilfe gehemmt wird. Nur dort kann eine solche Stufe der Vollkommenheit erreicht wer- Fig. 2. Bing & Gröndahl,. Jaguar.