Seite 278 Internationale Sammler-Zeitung. Nr. 18 auf eint miesperson schließen ließ, mit einer tiefen Verb. ,ig den Weg vertrat, sieh als Gräfin Adelgunde Fr, ;ke G. aus einer preußischen Ostprovinz vorstellte, (j verblüfften Altmeister mit einem liebenswürdigen Lächeln ihre Sehnsucht nach dem »Vergnügen seiner per- . önlichen Bekanntschaft« schilderte und die bisher ein seitig geführte Unterhaltung mit einem vielsagenden Blick auf ihr goldenes Notizbuch und der Bitte um ein Auto gramm schloß. Ich kannte des alten Herrn Empfindlich keit in solchen Dingen, und seine Stirnrunzeln hätten der schönen Bittstellerin ein Warnungszeichen sein können* eine geeignetere Gelegenheit zur Erfüllung ihres »Her zenswunsches« abzuwarten. Als die junge Dame aber in vollständiger Verkennung von Menzels Gesichtsausdruck ihre Bitte zum zweitenmal vorzutragen begann, war es mit der Geduld des alten Herrn vorbei. Er unterbrach sie mitten in der Schilderung ihres »unaussprechlichen Vergnügens« mit den Worten: »Aber ich verzichte auf dieses Vergnügen und bitte Sie dringend, zu bemerken, daß ich mich auf einem Spaziergange befinde, den ich un gestört weitergenießen will,« und wandte sich dann zu mir, indem er auch für weiter wegstehende, zahlreiche Zeugen dieses peinlichen Intermezzos vernehmlich genug sagte: »Kommen Sie, wir gehen weiter.« Ich muß ge stehen, diese Abfertigung einer Dame, die ich durch eine höfliche Verbeugung vor der Verblüfften etwas weniger fühlbar zu machen suchte, war mir peinlich, und ich war ordentlich froh, als Menzel seine nervöse, fast me chanisch gewordene Nestelei am Schlußbande des ihn nie verlassenden Regenschirmes mit der Bemerkung unter brach: »Hier haben Sie das schöne Plätzchen, an dem Sie mich mit dem Reichskanzler photographiert sahen. Wir haben damals . . .« Ich atmete erleichtert auf, als ich sah, daß die Erinnerung an jene Stunde seine Stirne wieder glättete, kannte ich doch seine Eigenheiten zu genau, um nicht zu wissen, daß dieses äußere Zeichen wieder gut- Wetter kündete. Aber mir ging die arme, so kurz abgefertigte Gräfin nicht so rasch aus dem Kopfe, und es mag die Folge einer Ideenassoziation gewesen sein, daß ich ganz unvermittelt — denselben Wunsch aussprach, der meiner schönen Vorgängerin eben eine so unerwartete Antwort eingetragen hatte. Menzel sah mich einen Augenblick scharf an, lächelte und erwiderte: »Sie bleiben doch noch einige Tage hier, Sie sollen Ihren Wunsch erfüllt erhalten.« Und in der Tat, am Tage meiner Abreise fand sich der alte Herr bei mir ein und überreichte mir ein Buch, auf dessen ersten beiden Seiten ich eine in ungewöhnlich großen und für einen Neunzig jährigen verwunderlich kräftigen Zügen geschriebene Widmung fand. Als wenige Monate später Baronin Bertha v. Suttner sich gern bereit erklärte, dem Alt meister Menzel im Album Gefolgschaft zu leisten, und bald darauf auch Eleonore Düse meine Bitte um ein Autogramm erfüllte, kam mir der Gedanke, das Buch nach Möglicnkeit mit den Namen der prominentesten Per sönlichkeiten der Welt zu füllen.« Seitdem haben sich die Größten und Würdigsten unserer Zeit in diese Blätter eingetragen. Von Königshof zu Königshof, von Ministersitz zu Ministersitz, aus dem Arbeitszimmer des weltbekannten Gelehrten in das stille nachdenkliche Heim der großen Dichter, aus den weiten, stolzen Ateliers unserer großen Maler und Bildhauer in das ruhige Zimmer der Komponisten von Weltruf zieht dieser ungekrönte König mit seinem dicken, rotledernen »Menzel-Album« und wird als ein interessanter Gast überall mit Spannung und Neugierde und Liebenswürdig keit aufgenommen. Kaiser Franz Josef I. hat ihn in der Hofburg empfangen, der Papst hat ihn hei sich im Vatikan eingelassen, Kaiser Wilhelm II., König Eduard VII., sein Sohn König Georg V., und sein Enkel, der Prinz von Wales, der König und die Königin von Italien, das Königspaar von Dänemark, Ex-Kömg Manuel und seine Mutter Königin Amelie, der König und die Königin von Rumänien haben sich in dieses Album eingetragen; und dazwischen liest man die er lesensten Namen, die in der Geschichte der Literatur, der Politik, der Wissenschaften und der Künste unserer Zeit bereits Ewigkeitswert erhalten haben. 909 unserer zeit genössischen Weltgrößen haben bereits diesem Album in 44 Sprachen ihr Gedenkblatt eingefügt. Hundert der hier Verewigten weilen nicht mehr unter uns. Barth aber be wahrt das Buch am Tage in einer tiefen Tasche unter seinem Rock und in der Nacht unter seinem Kopfkissen wie einen Talisman, der teure und seltene Erinnerungen für ihn birgt. Im März 1910 kamen Nachrichten von einer Ver schlimmerung im Befinden des nun verstorbenen Königs Eduard von England. Ein Schreiben eines Vetters des Königs machte diesen auf das interessante Menzel- Album aufmerksam und empfahl seinen Besitzer Ludwig Barth zu einer Audienz. Der König weilte eben in Biar ritz, als Hofmarschall Dawidson am 22. März — vier Wochen vor dem Tode des Königs — Barth zur Audienz meldete. Der König empfing ihn mit großer Liebenswür digkeit, hieß ihn Platz nehmen und bot ihm eine Zigarre an. Als Barth sich die Bitte gestattete, als »leidenschaft licher Nichtraucher« ablehnen zu dürfen, lachte der König herzlich und sagte: »Ein Ungar und Nichtraucher? Ich wollte, ich könnte es mir abgewöhnen.« Und nach einer kurzen Pause: »Wo ist die schöne Jugendzeit, die ich im Ungarland verbrachte?« Beim Blättern im Albuin traf der König auf das Bild unseres Kaisers. Er hielt still und rief plötzlich liebevoll: »Mein lieber, guter Freund, Eljen!« Ueber die Kaiserplakette des Bildhauers Marschall, die dicht daneben lag, urteilte der König: »Sehr schön! Allerdings noch nach einem Jugendbildnis!« Dann brachte Barth seine Bitte um ein Autogramm des Königs vor. Der König lächelte zuerst, bedeutete Barth, daß er gewöhnlich nur Blutsverwandten seine Handschrift überlasse, griff aber dann zur Feder und zeichnete mit kräftigen Zügen auf die erste Seite: »Eduard, Ex et Imperator, March 1910.« Dann sagte der König: »Einen großen Fehler aber hat das Album.« Hcfmarschall Dawidson und Barth sahen einander und dann den König neugierig an. König Eduard aber setzte scherzend fort: »Daß dieser große Schatz nicht mir gehört.« Damit war die Audienz beendet. Am nächsten Tage traf bei Barth ein Bote der gleichzeitig in Biarritz weilenden Königin-Mutter Amelie von Por tugal ein, und überbrachte ihm die Einladung der Königin zum Five o’clock tea. König Eduard hatte am vorangegangenen Abend von dem Menzel-Album erzählt und in der Königin den Wunsch geweckt, es gleichfalls zu sehen. Die Königin trug, nachdem sie lange in dem interessanten Buche geblättert hatte, ihren Namen unter dem Autogramm König Eduards ein und sagte es Barth gern zu, ihm bei seinem Besuch in Lissabon eine Audienz beim König und seine Unterschrift erwirken zu wollen. Barth traf noch rechtzeitig in Lissabon ein. Wenige Tage später mußte König Manuel das Schloß und sein Reich verlassen. Vor einigen Wochen war Barth beim belgischen Königspaar zu Gast geladen. Länger als eine Stunde währte die Audienz, in der das Königspaar sich mit dem »König der Autogrammsammler« über sein seltsames Buch unterhielt und in der der König und die Königin und