Seite 292 Internationale Sammler-Zeitung. Nr. 19 Kaufleutc darstellen. Bei allen ist staunenswert, wie der Künstler sein Material beherrscht und wie er trotz der Kleinheit eine vollständig individuelle Erscheinung dar- zustellen weiß. In ähnlicher Art, doch aus Elfenbein ge schnitzt und dann farbig getönt, ist die Medaille eines Kitters. Die Kleinporträtkunst seit dem 17. Jahrhundert repräsentiert sich in der Sammlung, abgesehen von dem fast miniaturartigen Gemälde der Gräfin Philippina Sabina von Hohenlohe auf Kupfer, überwiegend durch Wachsbossierungen, einem künstlerischen Gebiet, das uns Modernen beinahe vollständig unbekannt geworden ist. Wohl durch die Kunst der Goldschmiede groß ge worden, ist diese Kunstgattung seit dem 16. Jahrhundert selbständig geworden. Das älteste Stück der Sammlung, ein Porträt Papst Pius V., wird R o s s i zugeschrieben. Schon ganz barock in der Modellierung und Farben gebung ist Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz und ein männliches Porträt. Einer etwas anderen Richtung der Barocke gehört das feine Porträt des Erzbischofs von Mainz Karl Heinrich von Metternich an, das mit seinem weißen Wachs auf dunklem Grund den Gegensatz big. 3. Bassianus und Cavineus. zwischen Hell und Dunkel betont. Ueberhaupt scheint im 18. Jahrhundert das weiße Wachs dominiert zu haben, wie die Porträts von Dr. Joh. Christian Senkenberg aus Frankfurt, eines Fürsten, des Herzogs Ernst und der Herzogin Amalia von Weimar zeigen. Doch setzte schon mit dem Louis-scize neben Rosawachs wieder das farbige Wachs, meistens auf schwarzem Schiefer ein, das in der Biedermeierzeit zur Alleinherrschaft gelangt. Anfangs sind die Farben noch lichter, werden dann aber in der hausbackenen und manchmal sehr naturalistischen Biedermeierzeit immer kräftiger. Wie wenig gekannt und erforscht gerade in dieser Zeit die Wachsbossierung ist, sicht man am klarsten daran, daß man von den wenigsten Künstlern die Lebensdaten kennt. So geht es mit Biickle um 1782, F. C. Wimmer in Konstanz um 1789, Anton Didich um 1795, Xav. Carriger um 1807, Benedikt Gäriger um 1818, Karl E. Lode um 1819, L. Heybolt um 1820, F. Brugger um 1830 bis 1847 und Sprecher um 1840 bis 1850. Die ungefähren Daten kennt man dagegen bei J. Hinei, Wachsbildner in Mannheim um 1800 bis 1825, Jos. Christen, Bildhauer, geb 1769 zu Buochs, Kanton Unterwalden, seit 1701 in Basel, und Friedrich Brechter, Schüler von Hinei, Wachs- und Tonbildner in Mann heim, 1800 bis 1890, der bezeichnenderweise nebenbei Konditor war. Von anderen Porträts seien noch das aus Alabaster von Ohmacht (Fig. 1) und das Alabasterrelief Al. Ber- thiers, Herzogs von Neuenburg (Fig. 2) genannt. Von einem gewissen N. Schrödl sind drei Elfenbeinmedaillons von Baron M. C. Rothschild und zweier Töchter. Zwei ganz bedeutende Arbeiten, die dem rück sichtslosesten Naturalismus huldigen, sind die zwei Terrakottabüsten des Hieronymus Lukanus und des Max. Retius, wohl zweier italienischer Professoren, die dem 16. Jahrhundert angehören. Ihre Naturwahrheit wird durch die prachtvolle Polychromierung künst lerisch parallelisicrt. Derselben Zeit entstammt auch eine Chfistusbüste, die ähnliche Qualitäten zeigt. Auch unter den anderen Kunstgattungen, die die Sammlung umfaßt, sind hervorragende Stücke enthalten. Das Porzellan verschiedener deutscher Manufakturen ist meistens figürlicher Art, darunter einige interessante Porträtmedaillons. Besonders dürfen genannt werden die zierlichen, frühen Höchster Gruppen: Schmiede und Schweineschlachten sowie die Schustergruppe, dann ein seltenes Kasseler Figürchen: ein Hirtenknabe, das Lim- bacher Figurenpaar: Sommer und die vier idyllischen Züricher Gruppen. Das beste unter den Arbeiten in Metall sind neben anderen Plaketten ein schönes, altvergoldetes Exemplar von Peter F1 ö t n e r s »Memento mori« und eine getriebene, seltene Renaissancearbeit: eine Taber nakeltür mit dem Kalvarienberg aus Geisingen. Außer den schon erwähnten Buchsschnitzereien sind aus Buchsholz noch eine Serie entzückend feiner Messer griffe des 17. Jahrhunderts, verschiedene Buchsreliefs und Figuren und aus asiatischer Kokosnuß geschnitzte Nadelbüchsen erwähnenswert. Eine gute Arbeit des ausgehenden 16. Jahrhunderts ist die Solnhofer Platte mit der Kreuzigung Christi, die trotz des feinkörnigen Materiales ehemals gefaßt war, wie die Spuren noch zeigen. Die wenigen alten Gemälde weisen auch ein sehr farbenprächtiges altniederländisches Stück auf: Be weinung Christi, um 1510, das noch unter dem nach haltigen Einfluß Rogier von der Weydens steht und nach verschiedener Richtung hin ein eingehenderes Studium verdient. Die Sammlung A. Heß, wie sie jetzt in ihrer ge wählten Zusammensetzung und der gediegenen Qualität ihrer Stücke vor uns liegt, wird w r ohl ohne Zweifel das rege Interesse ernsthafter Sammler guter Kunstgegen stände erwecken. Von den Medaillen bringen wir in Fig. 3 ein interessantes Stück. Der Avers zeigt die Profilbrustbilder zweier bärtiger Männer nach rechts; die Umschrift lautet: ALEXAND. BAS- SIANVS. E. [OHAN. CAVINEVS-PATAVINI. Der Revers zeigt die Göttin in ganzer Gestalt aufrechtstehend, in der Linken ein Füllhorn mit Früchten, zu Füßen ein Schweinshaupt. Um schrift: LEGIFERAE CERER1.