Seite 26 Internationale Sammler-Zeitung. Nr. 2 Italien stammt der Schmuck 441 ff, broschartige Scheibe und breitreifige Ohrringe, von jener wunderbar feinen Granulier- und Filigranarbeit, welche diese klassischen Juwelierarbeiten auszeichnet, und der man gerade in dieser Ausstellung auf Schritt und Tritt begegnet. Unter den runden, als Besatz oder sonstwie verwandten Zierscheiben aus Gold fällt eine mit Büste in der Art der besten Hildesheimer Stücke ins Auge, vor allem jene (ein hellenistisches Werk) mit dem Helioskopfe, wo die Wölbung rings von einem feinen Maschen- und Schuppenmuster, umgeben gewissermaßen die flimmernde Atmosphäre des Sonnenballs, künstlerisch zum Ausdruck bringt. Auch an den kunstvollen Fibeln (Sicherheitsnadeln), besonders der brillant ornamentierten 451, Silber- mit üold- belag (aus Campanien), wird man nicht gleichgiltig voriiber- gehen. Umfangreicherer und schwererer Goldschmuck liegt in der nächsten Pultvitrine am Fenster aus. Totendiademe, Goldkranz, das lockere Blattwerk durch kleine grüne Beeren aus Smaragden belebt; Armband aus der römischen Kaiser zeit mit nachgeahmten Münzen Jes Caracalla und der Plan- tilla (499). In die byzantinische Aera versetzt uns ein Fund aus Oberägypten, sechs Stücke, darunter das große halbmond förmige Kollier aus durchbrochenem Golde, von Perlen und Edelsteinen strotzend, die große Zierscheibe mit biblischen Reliefs an jeder Seite (Verkündigung, Verwandlung des Wassers in Wein), auch griechischer Inschrift dabei. Ein schweres Armband mit imitierten Kaisermünzen. Ein anderes mit griechischer Widmung stammt aus Syrien wie die kleine Glocke daneben, auf dieser liest man den Wunsch: tö as ■piXouvT« cpiXst den sich früher bei uns die Schulkinder ins Stammbuch schrieben, allerdings in der erweiterten Fassung: »Liebe mich so wie ich Dich; hoppsassa Gedankenstrich.« Indem wir uns den im Saal stehenden Pultvitrinen erster Reihe zuwenden, geraten wir einigermaßen in Verlegenheit bei dem Versuch, eine Auswahl zu treffen unter dem, was hier an kostbaren Kolliers, Ohrringen, Fingerringen und ähnlichen Kostbarkeiten ausgebreitet ist. Die Liebhaberei für Kameen und geschnittene S i e g e 1 s t e i n e, die heute fast aus gestorben, konnte auch einstmals nur durch eine Anzahl un echter Arbeiten im Spätrenaissancestil oder mehr oder weniger geschickter Nachahmungen der Antike befriedigt werden. Die allgemeine Unsicherheit auf diesem Gebiete, die Schwierigkeit der Unterscheidung des Echten hat nicht wenig dazu beige tragen, die Kenner und Liebhaber auf einen immer winzigeren Kreis zu beschränken; natürlich auch das Abkommen des Brief siegeins, der großen Siegelringe am Finger, und andererseits der über die Enge des Schubfaches hinausstrebende Sinn, der sich auf das Räumliche, auf die größere Kunst und ihre Ab bilder richtete. Von den wenigen, aber offenbar zuverlässigen und kritisch geprüften Proben, die hier ausgestellt sind, nenne ich nur den großen, entzückenden Sardonyx, wo ein Jüngling, auf einen Pfeiler gestützt, das Schwert und die anderen Wafferistücke betrachtet, als sollte er sie zum erstenmal in seinem Leben anlegen. Und nun erst der weibliche Schmuck! Da wechseln mit den goldenen Zwischengliedern an Schnüren bald milchweiße Achate, bald duftige Amethyste, bald lange Reihen von Karneolen in Fassettenschliff, ln Gestalt flacher rhombischer Scheibchen verflechten sich mittelst kleiner so oder so gestellter Röhrchen bald Edelsteine, bald mit Ver tauschung der Funktion Goldelemente zu breiten Halsketten. Ganz modern im Geschmack mutet die feine Goldkette an, mit den schweren daranhängenden Tropfen aus Smaragd. Man wird den Vergleich des Modernen nicht mißverstehen. Die Authentizität wird in manchen Fällen schon durch besondere äußere Beweismornente verbürgt; so liegen hier offenbar aus Tarentiner oder sonstwie süditalienischen Grabfunden zwei feine Ketten mit gedrehten Goldfransen, deren einer noch die Oxydationsflecken von einer Silbermünze anhaften, welche hier gleichfalls ausliegt. Es ist gut, daß neben den gediegenen Materialien auch jene heiteren buntfarbigen Glasketten nicht fehlen, welche in größerer Zahl übereinander die Brust der bürgerlichen Römerin zierte. Auf die damals beliebte zylin drische Form der mit Rundperlen abwechselnden Elemente solcher Ketten spielt einer der römischen Satirendichter an, speziell auf solche aus kostbarem Material. Es waren die letzten Typen in der langen Reihe von Kolliers, die von Eri- pliyle und Prokris angefangen, die Treue antiker Frauen auf die Probe stellten; blutige Kriege zu entfachen, wie den Zug der sieben Helden gegen Theben, waren sie nicht mehr im stande; man hatte sich eben an das la donna e mobile gewöhnt. Unter den zahreichen Ohrringen mit ihrem uner schöpflichen Reichtum der Zeichnung und Erfindung, ihren mannigfach gestalteten Bommeln, Kettchen, Angängseln führen nicht wenige kleine Figiirchen, als Tänzerinnen, Amoretten, den Adler mit Ganymed in den Klauen, Vögel mit emaillierten Partien. Eine Spezialität der Etrusker sind jene halb offenen Rollen (a baule, in Form der Reisetasche), ge wöhnlich von exquisiter Filigranverzierung. Eine hier be sonders gut vertretene Gattung griechischer Ohrringe ist die, welche nach der einen Schlußseite anschwellend, dort in einen Tierkopf (Löwe, Delphin, Bergziege) ausgeht. Goldene Medaillonkapseln, sogenannte bullae dienten zum Verschluß irgend eines Talismans. Auch die hier gleich im ersten Fache bei der Tür sichtbare Feuersteinspitze, eine prähistorische Pfeilspitze, in goldener Fassung setzt ähnliche Vorstellungen voraus; so gehört zu dem Goldfund aus Vettersfelde in einem der Nebenräume des Antiquariums ein in Gold gefaßtes kleines Steinbeil. Dergleichen in der Erde gefundene Steinwaffen wurden als vom Himmel gefallene Donnerkeile angesehen. Die hintere Pultreihe gewährt uns einen Blick in das Kulturleben der Goten, der Völkerwanderung, der Waräger und der Russen im frühen Mittelalter. Pferdezaumschmuck, Armbrustfibeln und Scheibenfibeln, silberne Schalen mit und ohne Vergoldung (sehr hübsch) erscheinen hier neben statt lichen Schmuckgehängen. Chronik. Bibliophilie. (B ü c h e r s c h ä t z e aus einem alten Land hau s.) In der Nähe der englischen Stadt Nottingham steht ein altes Landhaus, Oxton Hatl, das schon zu Zeiten der Königin Elisabeth von England der Landsitz der damaligen Gutseigentümer war, und das jetzt durch einen Zufall die Stätte kostbarer bibliophiler Funde geworden ist. Seit Jahr hunderten war das Landhaus Eigentum der Familie Sher- I brookes und ging 1847 in die Hände von Henry Potter Lowe über, dessen Bruder später das Gut erbte und den Titel eines Viscount Sherbrookcs erhielt. Der Vikar der Gemeinde, der Reverend W. Laycook, ist ein begeisterter Bibliophile und erwirkte von dem jetzigen Besitzer Kapitän Capten die Er laubnis, die alten Bücher des Hauses zu prüfen. In einem ver schlossenen Bücherschrank, der seit vielen Jahrzehnten ver gessen und verstaubt in einer Ecke stand, fand der geistliche Herr einen kostbaren Schatz echter, alter Handschriften, die