Nr. 2 Internationale Sammler-Zeitung. Seite 27 auf ein Alter von vier und fünf Jahrhunderten zurückblicken können. Die Verwaltung des Britischen Museums ist von dem gücklichen Fund bereits verständigt worden und hat einen Teil ihrer Manuskripte und Bücher geprüft. Unter den Manu skripten befinden sieh ein »Missale Secundum Morem Romanae Curiac«, ein Oktavband, Pergament mit Musiknoten auf roten Linien, wahrscheinlich aus dem Jahre 1480; eine prachtvolle Vulgatabibel, ebenfalls Pergament, Foliogröße, zweispaltig, mit schönen gotischen Buchstaben, reich illuminiert und mit Federzeichnungen geschmückt, die Heilige und Teufel darstellen, mehrere Abhandlungen über Aristoteles und über Kirchengeschichte, ausgezeichnet erhaltene seltene Druckwerke aus dem 15. und 16. Jahrhundert und vor allem eine ganze Reihe scholastischer Manuskripte, die von Kartäusermönchen verfaßt und geschrieben wurden. Sehr gut erhalten ist auch eine von Anton Koberger im Jahre 1496 in Nürnberg ge- dtucktc Predigt »Sermonum quadragesimalium Thesaurus novus« und ein Exemplar des 1513 zu Straßburg gedruckten Werkes des Venezianer Bischofs Peter von N a t a 1 i s, »Cata- logi Sanctorum«, eine Druckarbeit von Anton Flach. Die meisten Werke haben Folioformat, sind in geglättete feste Fichentafeln gebunden, die durch kräftige Lederflechtereien zusammengehalten werden. Viele der kostbaren Stücke tragen den Namenszug »Cuthbert Sherbrooke«, der wahrschein lich zur Zeit König Philipps II. und der Marie von Eng land Vikar von Rockland war und die schöne Sammlung kirchlicher und kirchenhistorischer Werke zusammenbrachte, die jetzt wieder der Vergessenheit entrissen sind. Bilder. (Auffindung der »Heiligen Familie« von Raffael.) Russische Blätter melden, daß in Moskau das Bild »Die heilige Familie« von Raffael aufgefunden wurde. Ein kleiner Bauunternehmer hatte dieses Bild bei einer Lizita tion von alten Sachen erstanden. Der Bauunternehmer brachte das Bild zu dem bekannten Moskauer Restaurateur Mutti; nach vorgenommener Reinigung des Bildes kam die heilige Familie, die Madonna mit dem Jesukindc am Arme und Johannes den Täufer im Purpurgewand darstellend, zum Vor schein. Der Moskauer Antiquitätenhändler Werkmeister erwarb später das Bild um 1400 Rubel. Gegenwärtig sind in Moskau Kunsthändler aus London, Paris, Berlin und Nürnberg eingetroffen, um das Bild zu erwerben. (Rubens »Krönung der heiligen Katharin a«.) Der Herzog von R u 11 a n d hat aus seiner Galerie »Die Krönung der heiligen Katharina« von R u b e n s an einen ameri kanischen Sammler verkauft. Als Kaufpreis wird die Summe von 3,280.000 Mark genannt, die uns aber als stark über trieben erscheint, da der Pariser Händler, der das Bild über den Ozean brachte, überhaupt nur 800.000 Mark verlangte. Es ist also eher wahrscheinlich, daß das Gemälde um einen niedrigeren, als höheren Preis an den Mann gebracht wurde. — Rubens hat das Bild im Jahre 1633 für den St. Barnabas-Altar in der Kirche von St. Augustin zu Mecheln gemalt. Für seine Herstellung steuerte die Gerber-Innung der Stadt 100 Gulden bei, und schließlich kam durch anderweitige Sammlungen die Summe von 620 Gulden zusammen. Von diesem Kloster er warb es nachher der Chevalier V e r h u 1 s t im Jahre 1765 für 9500 Gulden und zwei Gebinde Wein im Werte von 120 Gulden. Später kaufte es der damalige Herzog von R u t 1 a n d auf einer Auktion für 12.000 Gulden. (Ein zerstörter M u r i 11 o.) Eines der berühmtesten Bilder von M u r i 11 o, die »Unbefleckte Empfängnis«, im Museum von Sevilla, ist infolge einer fahrlässigen Reini gung zum Teile zerstört worden. Besonders sind die Fleisch töne der Cherubinen, die mit dünnen Lasuren ge malt sind, durch den Spiritus, den der Restaurateur Virgilio M a t o n i angewandt hat, vollständig aufgelöst und v e r- n i c h t e t worden. Der ungeschickte Künstler ist verhaftet worden und erwartet jetzt seinen Prozeß wegen Verletzung des Gesetzes, das in Spanien jedermann verbietet, die Restau ration eines Bildes in einer öffentlichen Galerie ohne die aus drückliche Ermächtigung durch die Akademie der Künste vor zunehmen. (Entdeckung alter Wandmalereien.) Aus Kassel wird uns gemeldet: In der Kirche des Dorfes Lippoldshausen bei dem benachbarten Hann.-Münden sind alte Wandmalereien entdeckt und zufolge einer Ver fügung des Provinzialkonservators freigelegt worden. Dabei zeigte sich, daß man einen künstlerisch wertvollen Fund ge macht hat. Die Fresken — es sind Darstellungen aus der Ge schichte des Neuen Testaments — stammen nachweislich aus dem Jahre 1494. Sie sind gut erhalten und sollen aus Staats mitteln wieder aufgefrischt werden. (Soll man Gemälde unter Glas halten?) Im Museum von Gent sind seit kurzem alle alten Gemälde unter Glas gebracht worden. Ueber die Gründe zu dieser Maßnahme berichtet jetzt der Konservator des Museums, L. Maeterlinck, im »Bulletin für alte und moderne Kunst«. Seine Ausführungen bilden einen interessanten Beitrag zu der vielumstrittenen Frage, ob die Museumsverwaltungen die in ihrer Obhut stehenden Schätze alter Malerei durch Verglasung vor dem Verfall schützen sollen. »Man weiß,« so führt Maeter linck aus, »daß das Sonnenspektrum, das wir sehen, nicht das ganze Spektrum ist. Jenseits der blauen Ntiance, der letzten, die wir wahrnehmen, folgt eine violette und ultraviolette Zone, die unsere Augen nicht mehr aufzunehmen vermögen. Sie ist nun leider vollkommen erwiesen durch ihre Wirkung, die sich in chemischer Aktivität offenbart; diese zeigt siel: nicht nur in der Einwirkung auf photographische Platten, sondern auch in einer schädlichen Wirkung auf die Augen. Man hat umfassende und systematische Versuche über die Bedeutung dieses violetten Teiles des Spektrums angestellt und auch Vergleiche zwischen der Wirkung des Sonnenlichtes und starken elektrischen Beleuchtungen vorgenommen. Ueberall ist das Streben darauf gerichtet, diese unsichtbare, aber chemisch stark wirksame Beeinflussung zu verhindern. Dabei hat sich herausgestellt, daß gelbe Gläser und auch ungefärbte Gläser gegen violette lind ultraviolette Strahlen fast undurchlässig sind. Man weiß, daß diese Strahlen nicht nur das Auge angreifen, sondern auch alle Farbenpigmente auf Bildern und Kunstwerken. Die Farbeti- veränderungen auf Bildern und das »Verschießen der Farben« an Stoffen sind das Werk der violetten und ultravioletten Strahlen, die sozusagen die Gewebe »verzehren«. Infolge dessen ist für alle Bilder, Aquarelle und alte Tapisserien eine Glashülle ein wichtiger Schutz gegen die gefährlichen ultra violetten Strahlen, die beim Eindringen durch die Fenster nur unvollkommen filtriert worden sind und infolgedessen die Kunstwerke schädigen, so lange sie nicht unter Glas gebracht werden. Handschriften. (Ein interessanter Fund.) Im Nachlaß Karl August Varn'nagens von Ense, der sich in der königlichen Bibliothek in Berlin befindet, wurde eine von Varnhagen selbst noch vorbereitete, ganz außerordentlich erweiterte Auflage des Werkes »Rahel. ein Buch des Andenkens für ihre Freunde«, das bekanntlich die schönsten und geistvollsten Briefe und Auf zeichnungen Rahels enthält, aufgefunden. Das Werk, das viele unbekannte Briefe enthält, wird von Dr. Kurt P i n t h u s (Leipzig) herausgegeben werden.