Seite 326 Internationale Sammler-Zeitung. Nr. 21 Todesdaten und folgende Charakteristik: »Genealisch Profil, das oft in Narrheit hinausschwebt, — Aber lieb lich ist, und reich und einfach und kindlich. — 26. April 1790. L.« Lips ist in der Lavater-Sammlung mit einer Serie von 9 Nummern vertreten, von denen wir in Fig. 10 eine Federzeichnung (Ein nackter Knabe, eine Büste be malend) reproduzieren. Von Joh. Rudolf Schellen- b e r g ist die Gouache »Der vom Blitze erschlagene Schäfer« (Fig. 11) abgebildet. ln der Bibliothek Kurt Wolff fehlt es natürlich nicht an Modernen, wie eine lückenlose Reihe der Erstaus gaben Richard D e h m e 1 s, zum Teil in eigenhändigen Widmungsexemplaren und solche mit selbst gezeichneten Exlibris, zeigt. Auch Liebhaber von schönen Einbänden finden einige hervorragende Stücke in dem Katalog ver zeichnet, der unter Mitarbeit des Vorbesitzers und des Herrn Dr. F. A. Hiinich in Leipzig hergestellt, in ge nauen Beschreibungen der einzelnen Stücke literarisch interessante Notizen bringt. Sammler und Sammlungen auf tabakologischem Gebiet. Von Dr. Eduard Maria Schranka (Wien). HI.*) Eine wichtigere Rolle als. das Zigarrenspitzelsammeln spielt das Sammeln der Zigarrenstummel n. Schon im Worte Stump, Stumpf, Stummel liegt erstens der Begriff des Kurzen — man nennt auch kurze Pfeifen Stummelpfeifen und zweitens das Verächtliche, denn er ist ja ein weggeworfener Gegenstand. Ein G. W. signierter Ausspruch lautete: »Am weg werfendsten werden in der Welt die Zigarrenstumpen behandelt.« »Multi pertransibunt« — viele gehen vorüber, treten rücksichtslos darauf, andere stoßen ihn mit dem Fuß bei seite, den Wert wohl kaum erwägend, welchen diese Ab fälle eventuell noch repräsentieren; erst eine dritte Klasse von Menschen gibt es, welche sie aufheben diese Stummel, ohne zu fragen: »Von wessen Mund liegt diese Frucht am Boden?« Ihnen ist cs gleichgiltig, sie sind eben nicht heikel. Nur für den denkenden Psychologen ist die Frage nicht uninteressant, aber noch interessanter die andere: Warum liegt sie am Boden? Gewöhnlich dürfte die Antwort lauten: Sie mundete nicht. Klara Blüthgen sagt doch 'mal in der »Woche«: »Von den Zigarren und der Leidenschaft schmeckt das letzte Drittel unverweigerlich bitter.« Auch von den Zigarren gilt das Wort: »In cauda venenum.« Doch was dem einen nicht recht war, ist dem anderen wenigstens — billig, denn er kommt bisweilen zu einem mitunter nicht zu verachtenden Genüsse. Für den Stummelraucher kann ja auch Vespasians Wort von Titus gelten: »Non ölet«, obwohl ein Stummel manchmal ganz beträchtlich stinken kann; ich denke nur an jenen Bauernburschen, der, auf der Landstraße einen Stummel findend, den ein Automobilist weggeworfen, meinte, das müsse eine feine Zigarre gewesen sein, weil sie nach Benzin rieche. Aber auch aus anderen Gründen als dem genannten, findet man zuweilen selbst größere und feinere Zigarrenstücke am Boden. Der eine Raucher warf es in seelischer Aufregung von sich, ein anderer mußte einen Ort betreten, wo das Rauchen unstatthaft oder wenigstens die Sitte es verbietet und dergleichen Fälle mehr. Die besten Bezugsquellen solcher Zigarrenreste sind vor den Museen oder zur Theaterstunde vor den Hallen Thaliens, wo oft ganze Schwärme halbreifer Jungen stehen, die auf ihre Beute lauern. Die Ernte ist oft er- *) Siehe die Nr. 10 und 15/16 der »Internationalen Sammler- Zeitung«. giebig und gut; ja oft warten die betreffenden Sammler gar nicht, bis der Stummel, oft noch eine halbe Zigarre, auf den Boden geworfen wird, sie betteln um die Zigarre im Munde. Auch Post- und andere Aemter sind geeignete Fundgruben. An solchen Orten sind zuweilen eigene Zi garrenableger mit mehreren parallelen Rinnen ange bracht. Außerdem sind frequentierte Promenaden ein er giebiges Feld für die Suche nach Zigarrenstummeln. Größere und kleinere, gute und schlechte Abfälle sind da zu finden, denn hier passierten sparsame, aber auch luxuriöse Raucher und bisweilen kann ein Zigarren stummel selbst von geringer Länge, wenn es der Rest einer teuren Spezialität ist, immer noch einen Wert be sitzen, der den Preis einer mittelguten Zigarre eines an ständigen Mannes des Mittelstandes übersteigen kann. »Was rauchst du da?« fragte einer, und der andere ant wortete nicht geistlos: »Havanna-Auflese!« Nicht ohne Witz wurde der Stummel von dem Wiener Feuilletonisten Hippolyt »Trottoirkuba« ge nannt. Im Wiener Dialekt finden sich dafür auch die Be zeichnungen »Schraufen« und »Matschker«, welch letzteres Wort an die »mocka« des Pfeifenwassersackes erinnert, denn derlei Zigarrenabfälle dienten auch als Kautabak und fanden zu dieser Verwendung besondere Liebhaber unter der Soldateska, die mit einer gewissen Leidenschaft ihren »bago«, so nannte man’s auch, kauten. Noch ein, besonders in Wien gebräuchlicher Aus druck ist »Tschick«, daher tschicken gleich kauen. Man spricht in Wien auch von Tschickbarons, und die »Ar beiter-Zeitung« vom 20. November 1911 brachte einen Leitartikel, »Tschickjustiz« überschrieben. An die Havanna-Auflese erinnert auch das tschechische, an Britannika anklingende zvedanika, sowie der Ausdruck »nizozemsky« (Niederländer). Die Verächtlichkeit des Zigarrenstummels war nach dem »Neuen Wiener Journal« vom 20. März 1907 die Ur sache, daß ein J.-U.-Dr. Nemeczck aus der Advo katenliste gestrichen wurde wegen des den ganzen Stand kompromittierenden Aufhebens von Zigarrenresten. In einem »Souvenir« betitelten Buche Gustave Claudius läßt uns der Verfasser einen Blick ins Ar- beitskabinett Laraartines tun, der besonders beim Arbeiten ein starker Raucher und Schnupfer war. Er diktierte am Kanapee sitzend, seinen enthaarten Wind hund zu seinen Füßen. Er stopfte sich die Nase mit Tabak voll und zündete darauf eine kleine Zigarre an. Nach zwei bis drei Zügen fühlte er das Bedürfnis, sich zu schneuzen. Er warf vorher die Zigarre weg, schneuzte