Seite 332 Internationale Sammler- Z e i t u n g. Nr. 21 Verschiedenes. (Die Wandteppichsammlung Pierpont Morgans) Der amerikanische Sammler und Multimillionär Fiel pont Morgan hat der französischen »Societe des Amis du Louvre« gestattet, die sämtlichen »gotischen« Tapis serien, die er im Laufe der Jahre gesammelt hat, in der neuen Oalerie Seligmann auszustellen und den Ertrag der Ausstel lung fiir ihre Zwecke zu verwenden. Die Wandteppiche werden eii en Monat hindurch ausgestellt bleiben und kommen dann an ihren Bestimmungsort, das Metropolitan-Museum in New- york. In der Vorrede zum Katalog schreibt Seymour de I^icci: »Man weiß, daß es auf der ganzen Welt nur drei große Sammlungen von gotischen Tapisserien gibt: die des königlichen Hauses von Spanien, die der kaiserlichen Familie von Oesterreich und die dritte, den anderen beiden kaum nach stehende, des Brüsseler Museums. Nun kommt eine vierte Sammlung dazu, die ein Amateur in wenigen Jahren angelegt hat und die bald neben den anderen genannt werden kann. Es sind Stücke darunter, die man nicht als angenehme Augen weide kurze Zeit betrachtet, wie die schönen Wandver kleidungen, deren sich noch so viele in alten Schlössern vor finden. Diese Tapisserien des 14. und 15. Jahrhunderts, die gioße Flächen schmücken und verdecken sollten, behandeln ernste geschichtliche Vorgänge, und jedes Detail ist bei ihnen von Wichtigkeit. Bei manchen ist die Darstellung des Vor ganges, der Menschen, der Symbols von so großer Wichtig keit, daß man darüber die meisterhafte Technik vergißt, welche das Gewebe, die Seide und Wolle, die Farben und das einge wobene Metall beherrschte und dein Werke unverwüstliche Dauer verlieh. Da ist vor allem ein großes Stück, die »Löwen jagd«, von der man glaubt, sie stelle die von Curtius Quintus beschriebene Jagd dar, an der sich Alexander der Große auf seiner Expedition nach Indien beteiligte. Seymour de Ricci ist nicht dieser Ansicht. Die mythischen Tiere, die neben den Löwen dargestellt sind, bringen ihn auf den Gedanken, daß die Wandverkleidung eine Illustration des Epos Ramayana ist, und er hat alle Einzelheiten des Kampfes des Helden Rarna in dem geslaltenreichen Bilde entdeckt. Ein anderer Wandteppich, »Das Wunder der beiden Kinder« benannt, gibt die Geschichte der beiden vom Bischof von Besancen, dem heiligen Claudius, ins Leben zurückgerufenen Kinder, die ein grausamer Onkel ertränken ließ. Ein großartiger Wandteppich stellt das »Kredo« in der Weise dar, wie es auf heute fast unbezahlbaren kleinen, einst vielverbreiteten Holzschnitten des 14. Jahrhunderts zu j sehen ist. Weitere bewundernswerte gotische Wandteppiche sind; »Ecce Homo«, »Das Urteil Ottos«, »Das Gelübde des Ritters«, »Das Turnier«, »Das heilige Antlitz auf dem Wege nach Rom«, »Aeneas und Dido«, »Der Kampf zwischen den Tugenden und den Lastern«. Letzteren hat Pierpont Morgan im Schlosse Kuole in der Grafschaft Kent gekauft, wo einst die Erzbischöfe von Canterbury herrschten, Einer der schönsten Wandteppiche ist »Die Kreuzigung«, der ganz von Goldfäden durchwirkt ist und den Pierpont Morgan im ver gangenen Frühjahr bei der Jean Dollfus-Versteigerung erwarb. Alle diese gewobenen Bilder sind von entzückenden Bordüren umgeben, von einem Farbenreichtum und einer großen Mannig faltigkeit. Museen. (Budapest er N a t i o n a I m u s e u m.) Das National- museum in Budapest ist in letzter Zeit in den Besitz wert voller ägyptischer Antiquitäten gelangt. Finer der interessantesten Gegenstände ist ein Grabdenkmal aus rotem Granit, das König Thutmosis II. zu Beginn des XV. Jahrhunderts v. Chr. einem seiner Gardisten errichten ließ. Am unteren Teile des Steines be findet sich eine Hieroglypheninschrift: »eine Hymne an Gott Amon«. Interessant sind ferner: die Porträts eines Königs aus der XVII. Dynastie und einer Prinzessin, das erstere aus schwarzem Diorit. das zweite aus rötlichem Granit; ferner eine Grabtafel aus dem XIX. Jahrhundert v. Chr. Einer der wert vollsten Gegenstände der Sammlung ist der mit phantastischen Zeichnungen geschmückte Mumiensarg der Prinzessin Nesta- nater; zu Füßen des Sarges ist ein kleiner Schrank zu sehen der zur Aufbewahrung jener Gefäße diente, in welche die bei der Einbalsamierung der Leiche entfernten Weichteile gelegt wurden. In dem Sarge fand man auch die Sandalen der Prinzessin, ferner eine Papyrusrolle und zahlreiche kleine Statuen aus Holz, Stein und Fayence. Eine Sammlung von Amuletten, Bronze statuen u. s. w. ist dem Museum vom Botschafter Prokesch- Osten geschenkt worden, der diese Gegenstände seinerzeit vom Vizekönig von Aegypten, Mehmed Aii, zum Geschenk er halten hatte. (Ein neuer DonatelTo im Kaiser Friedrich- M u s e u m.) Im neuesten Heft des »Jahrbuches der kgl. preuß. Kunstsammlungen« sucht Wilhelm Bode eine im Kaiser Fried rich-Museum in Berlin befindliche, von ihm 1890 erworbene Marmorstatuette einer Maria mit dem Kinde dem Dona- tello zuzuweisen. Das keineswegs bedeutende, in Ausdruck und Haltung ungeschickte Bildwerk, das sich an der Grenze der in den letzten Jahrzehnten des Trecento bereits erstarrten Gotik hält, ist bislang unter dem von Bode geprägten Sammel namen der »Florentiner Tonbildner« geführt worden. Bode kommt zu seiner Vermutung, daß es sich hier um ein Jugend- w e r k Donatellos handeln könnte, durch den Vergleich mit den beiden nach eigentümlich befangenen Prophetenstatuen an der Porta della Mandorla und dem Marmordavid im Bargello, von denen er die streng ovale Form des Kopfes, die kleinen mandel förmigen, scharf umränderten Augen und die Art. wie die Augen sterne eingezeichnet sind, wieder finden will. Und er macht weiter aufmerksam auf die großen Hände, deren Knöchel noch kaum angedeutet sind, während die Nägel ängstlich eingeritzt sind, sowie auf die enge Einhüllung der Figur in reiche, ge fütterte Gewänder, die mannigfache große Falten bilden und nach gotischer Ueberlieferung noch über die Fiißc auf den Boden fallen. Charakteristisch wäre auch die malerische Wirkung, die dadurch erzielt wurde, daß der Mantel auf der einen Seite hoch genommen und über den Unterarm gezogen ist, während die Stoffe mehrfach umgeschlagen sind, so daß die Futterstoffe nach außen gekehrt wird. Die plumpe Bildung des Kindes wird mit einem Hinweis auf die ähnlich plumpe Kinderfigur an dem Lyoner Marmorrelief des Tanzes der Salome und den nicht viel belebter erscheinenden Madonnenreliefs der Zwanzigerjahre j erklärt. Vom Kunstmarkt. (Die Samml u n g M a n o s.) Eine Kollektion von 186 Ge mälden alter Meister gelangt am 27. November in der Galerie H e 1 b i n g in München zur Versteigerung. Es sind hier vereinigt die Sammlung des gewesenen griechischen Gesandten in Wien, Gregor M a n o s, sowie eine Sammlung aus altem adeligen Be sitz in Bologna und Bilder aus anderem Privatbesitz. Am stärksten vertreten sind die Italiener und Holländer des 16. und 17. Jahrhunderts, aber auch vom 18. Jahrhundert und dem Be ginn des 19. sind charakteristsische Arbeiten zu sehen. Zwei Tafeln mit Heiligen, die von der Hand eines Tiroler Meisters stammen, führen uns in das Zeitalter der Gotik zurück. Einige andere deutsche Arbeiten gehören schon in den Anfang des 16, Jahrhunderts. So die koloristisch interessante »Heilige«, die einem rheinischen Meister zugeschrieben wird, der »Astronom«, der nach Süddeutschland gehört, sowie ein männliches Bildnis aus dem Jahre 1504, dessen Ursprung in der Schweiz zu suchen ist. Die venezianische Kunst im 16. Jahrhundert repräsentiert eine »hl: Katharina« des Bartoiorneo Veneziano und eine »Anbetung der hl. Drei Könige«, die durch ihre Beziehungen zu Jacopo Bassano und Greeo interessiert. Ferner »Mariä Tempelgang« von Schi av o n e, »Christus am Kreuz« von S a v o 1 d o und zwei Arbeiten von Battista F a r i n a t i. Von