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internationale Sa m |h 1 e r - Z e i t u n g.
Nr. 3
1. Der Landsknecht vor dem Klöster.
von einem Ritus des Blumenarrangements in Japan
sprechen. In der Tat soll die japanische Blumenkunst
altindisch-religiösen Ursprungs sein und ursprünglich
dazu gedient haben, das Leben der als heilig und als be
seelt geltenden Blumen zu verlängern. — Noch
heute beschäftigen . sich vorzugsweise Priester
und Philosophen, nicht also etwa nur Frauen, mit
der Blumenkunst. Der Priester S t o t o k u
T a i s h i soll die Blumen in sieben Gruppen ge
teilt haben: Landpflanze, Landbaurn, Wald
pflanze, Waldbaum, Bergpflanze, Bergbaum und
Wasserpflanze, Heute noch wird in der Blumen
komposition Rücksicht darauf genommen, ob
eine Pflanze auf dem Berge, in der Ebene, am
Flusse oder im Wasser wächst.
Im Gastzimmer eines japanischen Hauses be
findet sich auf eir^pr Seite ein Alkoven, der durch
eine kleine Wand in zwei Teile geteilt wird, von
denen der der Veranda am nächsten gelegene
Tokonoma heißt. Hier in Tokonoma hängt
das Kakemono (Bild) und steht die Vase davor
auf dem Boden, der gegenüber dem des Zimmers
etwas erhöht ist. In der anderen Abteilung des
Alkovens, dem Chigai-dana, befinden sich
Wandbretter und ein niedriger Wandschrank,
aber nicht mit Angeltüren, sondern ebenfalls mit
Schiebetüren versehen.
Am wichtigsten für die japanische Blurnen-
kunst ist die Linienführung der Stengel, Aeste
und Baumstämme. Für die Japaner gibt es eine
Sprache der Linie. Die Linie ist für sie beseelt,
sie gilt als laufender Punkt, deshalb gibt es für
die Japaner ebenso eine Poesie der Bewegung,
\\ ie eine Poesie der Linie, und deshalb ist der
Stengel und Stamm so sehr wichtig bei dem
japanischen Blumenarrangement, während bei dem
unserigen die Stengel meist gar nicht zu sehen sind
und die Blüten horribile dictu auf Draht gesteckt sind.
Den Ausgangspunkt jeder Blumenkomposition,
gleichsam ihre »Tonart«, in der sie geschrieben ist,
bildet die Linienführung und Richtung der Stengel oder
Aeste, welche die Hauptachse bilden. Die Wasserober
fläche des Gefäßes gilt dabei als die Erdoberfläche,
auf der die Blumen in der Natur wachsen. Die Haupt
achse braucht nicht vertikal, sondern kann gebogen
sein. Strenge Symmetrie wird, wie bemerkt, ver
mieden, vielmehr eine Harmonie der Verschiedenheit
im einzelnen erstrebt.
Die Gefäße, welche die Blumen aufzunehmen
haben, brauchen nicht etwa Kunstwerke zu sein, son
dern sind meist gewöhnlicher Art, soweit das Material
in Frage kommt. Die älteste Form zeigt eine Vase mit
langem Hals aus Steingut oder Bronze. Die Kompo
sition ist entsprechend hoch. Da diese Arrangements
zu viel Raum beanspruchten, griff man zu breiteren
und niedrigen Gefäßen (»Hana-ike«), deren Fuß einen
Felsen oder eine Muschel oder ein Tier nachahmt
oder auch einen Dreifuß darstellt. Für Wasserpflanzen
und Gras wählt man glatte Schalen (Usubata), rund,
rechtwinkelig, diagonal oder vierblattartig. In die
Schale kommt eine Lage Sand oder Kiesel, in welche
die Stengel gesteckt werden.
Kago ist ein geflochtener Bambuskorb chinesi
schen Ursprungs. Es gibt zwei Formen davon. Hakogi
mit einem hohen Henkel über der Oeffnung, und
Resho-jc-üatu ohne Henkel. Jener wird aufgestellt,
dieser aufgehängt; hinein ward ein kleines Gefäß ge
stellt, das die Blumen aufnimmt. - Die Vasen aus
Bambus bestanden zuerst aus einfachen Zylindern von
dickem Bambus, ein Fuß hoch oder höher und fünf Zoii
im Durchmesser. Der Boden wird geschlossen. Diese
Bambuszylinder variiert man, indem man Oeffnungen an-
Fig. 2. Hirten finden die Wölfin mit Romulus und Rernus,