Seite 70 Internationale Sammler-Zeitung, Nr. 5 Ziemlich gleichzeitig mit der Einführung der Kupfer münzen und des Papiergeldes kam es unter Maria Theresia 1762 auch zu einer neuen gemeinsamen Stempelordnung für die deutschen und die böhmischen Erblande, die von da an im wesentlichen bis 1803 er halten blieb. Es wurde Stempelpapier zu 2 und 1 Gulden, zu 15 und 3 Kreuzern eingeführt, dessen ur sprünglich einfache Zeichnung wurde bald durch eine mehr verschnörkelte ersetzt, die sich aber dann bis an das Ende der Periode erhielt. Außerdem wurden noch Stempel auf Kalender zu 15, 12, 6, 2 und V-c Kreuzer und auf Spielkarten zu 10, 7 und 2 Kreuzer einge führt, später, 1784 und 1787, auch auf Haarpuder una Stärke sowie auf Sch m inke, 1789 auf Zei tungen. (Schluß in der nächsten Nummer.) Berolinensia. Von Max Osbcru (Berlin). Endlich beginnt Berlin sich auf sich selbst zu be sinnen. Die Stadt, die Jahrzehnte hindurch so viel mit ihrer Gegenwart zu tun hatte, daß alle Fäden mit der Geschichte ihres eigenen Werdens zerschnitten schienen, erkennt mit wachsendem Entzücken den Zauber ihrer Vergangenheit, die Feinheit und Geschlossenheit ihrer Kultur vor den überlauten Zeiten des Aufschwunges (die wir gewiß nicht schmälern wollen), den Reichtum an Kunst aller Art, die damals als charaktervolles Eigenge wächs aus dem kargen Boden der Mark aufblühte. Mehr noch als durch die neue Leidenschaft der norddeutschen Kunstforschung, den vielfach noch verborgenen Gängen der hier auftauchenden Probleme nachzuspüren, wird diese Wendung durch den lebhaften Austausch von Werken berlinischer Kunst bestätigt, der plötzlich im Handel und auf dem Auktionsmarkte eingesetzt hat. Ja, die Zahl der Sammler und gelegentlich kaufenden Lieb haber, die ihr Augenmerk auf dies Spezialgebiet richten, ist in wenigen Jahren so gestiegen, daß der Vorrat, der vor kurzem noch unerschöpflich schien, bereits zu sammenschrumpft. Cie Periode des enormen Angebotes von Berolinensien liegt hinter uns; schon treten wir in die der Nachfrage ein, und »über ein Kleines« werden vielleicht die Quellen versiegt sein, aus denen die Kauf lust bisher so mühelos schöpfte. Da kommt die Ver steigerung der Sammlung Aufseesser gerade recht, die mit ihren 2000 Nummern den gesamten Umkreis der neugeweckten Interessen umschreibt. Die Entstehung dieser Sammlung ist bezeichnend genug: es ist ein Süddeutscher, den hier der Fanatismus packte, möglichst alles Altberünische, was ihm be gegnete, in seinen Besitz zu bringen. Wie in der heutigen Berliner Gesellschaft der geborene Spreeathener eine rara avis ist, so besteht auch die Sonderzunft der Sammler, die sich in die Geschichte der Stadt und ihrer Kunst einbehren, zum beträchtlichen Teil aus Nicht berlinern anders als etwa in Paris, in Wien, in den süd- und westdeutschen Zentren, wo gerade die alteinge sessene Bevölkerung in der Pflege der heimischen Weit stets die Führerrolle Ihne hatte. Berlin, über Nacht zu einem Brennpunkt internationaler Einflüsse geworden, hat sich selbst allzu lange unterschätzt und kann nun von den »Zugezogenen« lernen, die, von fernerem und darum besserem Augenpunkt aus urteilend, den Reiz seiner äußerlich spröden, doch von tausend fruchtbaren Keimen erfüllten Eigenart rascher erfaßten. Die Mappen, die jetzt unter den Hammer gelangen, beweisen das. Das riesige Berliner Herbarium, das Herr Aufseesser sich anlegte, enthält neben zahllosen Bei spielen der nun schon offiziell anerkannten lokalen Flora eine Unmenge von Exemplaren der Kräuter und Blümchen, die bescheiden am Wege wuchsen, ohne daß man sich viel um ihre Farben und ihren Duft, kümmerte, und der versteckten Arten, die den suchenden Augen der Botaniker bislang meist entgingen. Aus einer kaum über sehbaren Fülle von Einzelheiten, die dem Kenner wohl vertraut sind, aber eben darum nicht fehlen dürfen, um das Gesamtbild rund und vollständig zu gestalten, ragt eine überraschende Masse von ungewöhnlichen und seltenen Stücken hervor. Vor allem aber fesselt die Reichhaltigkeit der Gruppen und Serien von unbe kannteren wie von bekannteren Dingen, der schön er haltenen Zeichnungen und Aquarelle, der Probedrucke und frühen Zustände bei den graphischen Blättern. Bildnisse und Darstellungen zur Geschichte von Brandenburg und Preußen machen den Auftakt. Die Porträts von Mitgliedern der königlichen Familie ge winnen beim Herannahen des Halbjahrtausend-Jubiläums big. 6. Blick in die Werkstatt eines Druckers.