Seite 84 Internationale Sammler-Zeitung. Nr. 6 Ein interessanter neuer Sammelsport. Von Dr. Julius Krueg (Wien). (Schluß aus Nr. 5.) Für die Grafschaft G 1 a t z, die im Siebenjähri gen Kriege wieder österreichisch geworden war, waren 1761 Stempel vorgeschlagen worden nach preußischem Muster. Da Glatz mit dem übrigen Schlesien 1763 wieder an Preußen zurückkam, so können sie nicht lange be standen haben, wenn sie überhaupt ausgefiihrt wurden, was noch nicht bekannt ist. Für T i r o I und Vorder-Oest erreich wurde eine Ermäßigung bewilligt (auf 1 Gulden, 30, 10 und 3 Kreuzer) und schließlich in Tirol mit Vorarlberg der Stempel ganz aufgehoben. Für das im Jahre 1772 er worbene Galizien wurden eigene Formen eingeführt mit der Wertbezeiclmung in polnischer und rheinischer Währung. Im Bayerischen Erbfolgekriege wurde 1778 das I n n v i e r t e 1 besetzt und mit eigenartigen österreichi schen Stempeln versehen. In den Niederlanden machte sich die Revo lution in den Jahren 1790 und 1791 wohl durch eigene Münzen bemerkbar, über Veränderungen an den Stem peln ist aber wenig bekannt; mit dem Jahre 1795 gingen die Niederlande für Oesterreich verloren. In Oberitalien beginnen schon 1796 die Ge- bietsveränderungen durch die Napoleonischen Kriege. Die Lombardei wurde verloren, Venedig ge wonnen. Von Venedig sind keine Stempel bekannt; in der ehemaligen Lombardei entwickelte sich ein kom pliziertes Stempelwesen, das dann vorübergehend durch die österreichisch-russischen Siege im Jahre 1800 gestört wurde. Während der kurzen Besetzung gab es vereinzelt wieder österreichische Stempel. Die Bedeutung eines ganz isolierten T r i e s t e r Stempels aus dem Jahre 1797 ist noch nicht völlig auf geklärt. Eine ganz eigenartige Entwicklung beginnt im Jahre 1803 mit der Einführung des K1 a s s e n s t c m p e 1 s. Die Höhe der Stempelabgabc richtete sich nicht nur nach der Art oder dem Werte der in der betreffenden Urkunde behandelten Angelegenheit, sondern auch nach der Stellung der Person. Es wurden derart 14 Klassen aufgestellt und dafür vierzehnerlei Werte von 3 Kreuzer bis zu 100 Gulden eingeführt. Man unterschied einen »Vorrat stempe I«, der schon fertig auf Papier auf gedruckt, gekauft werden konnte, und einen »Er füllungsstempel«, den man auf sein eigenes Papier aufdrucken ließ. Außerdem wurde aber auch ein »Verbrauchsstempe 1« unterschieden, worunter man die Stempel verstand, die auf Kalender, Zeitungen, Spielkarten, Haarpuder und Stärke sowie Schminke ge legt waren. Der Vorratstempel hatte für jeden Wert ein anderes Wasserzeichen im Papier, und zwar nicht nui 14, sondern 17, da drei »Handelspapiere« noch besonders unterschieden wurden. Der Erfüllungssternpel bekam eine andere Zeichnung als der Vorratstempel und in jedem der neun Siegelämter eine andere Initiale eingedruckt, ähn lich den Buchstaben für das Münzamt auf den Münzen. Der Verbrauchsstempel bestand aus 18 verschiedenen Werten, hatte auch die Initialen des Stempelamtes und veränderte überdies mit jedem Jahre seine Zeichnung. Man kann sich darnach eine Vorstellung von der Mannigfaltigkeit machen, die nun auf diesem Gebiete herrschte. Die niederen Werte des Vorratstempels wurden übrigens in den Jahren 1807 und 1808 abge ändert. Einen besonderen Witz leisteten sich die G ö r z e r, die Ende 1805 die vier alten W'crte des Theresianischen Stempels, aber mit dem Wappen von Görz und Gra- diska einführten. Da dieses Papier nur durch wenige Tage im Gebrauche blieb, erklärt sich die Seltenheit, die es jetzt hat. Die größten Veränderungen wurden aber durch die Napoleonischen Kriege und die dadurch entstandenen Gebietsveränderungen verursacht. Der Herzog von Modena war mit dem österreichischen Breisgau für den Verlust seines Landes entschädigt worden, der Großherzog von Toskana mit dem säkularisierten Erz bistum Salzburg, behielt dieses aber nur von 1803 bis 1806, wurde dann weiter in Süddeutschland entschädigt, während Salzburg an Oesterreich kam. Von Salz burg ist nur bekannt, daß dort früher ein Stempel auf Spiel karten bestand. Tirol wurde 1803 mit den säkulari sierten Bistümern B r i x e n und Trient vereinigt, 1806 kam es an Bayern, 1807 wurde das bayerische Stempel gesetz dort eingeführt, während es unter Oesterreich stempelfrei geblieben war, nebenbei bemerkt, eine der Hauptursachen des Aufstandes vom Jahre 1809. In diesem Jahre überschwemmten die Franzosen ganz Oesterreich, sie besetzten die Stempelämter und zwangen die Beamten, für sie weiter zu amtieren. Da das Papier weggeschafft oder entwertet war und die Signetten (Stempelstöcke) versteckt oder vernichtet wurden, mußten neue angeschafft werden: 14 für den Klassenstempel und 18 für den Verbrauchsstempel. Vor rat und Erfüllung hatte den gleichen Stempel und wurde nur durch einen besonderen »Kontrollstempe I« unterschieden. Dieser beigedruckte Kontrollstempel er scheint damit zum erstenmal auf österreichischen Papieren. Die neuen Stempel wurden in Wien angefertigt und nach Linz, Klagenfurt und Laibach geschickt, auch nach Brünn, dort scheinen sie aber nicht mehr in Gebrauch gekommen zu sein. In Graz wurden eigene nach Wiener Muster aiigefertigt; vordem hatte dort noch eine Aushilfe durch Kanzleisiegel mit aufge schriebenem Werte bestanden, ln Galizien wurden die österreichischen Stempel weiter verwendet, bekamen aber einen Beidruck mit NAPOLEON VIELKI (Napoleon der Große). In Salzburg waren besondere angefertigt worden, die wahrscheinlich mit eigenartigen französi schen Adlern Zusammenhängen, die aus den 1809 abge tretenen Teilen Oberösterreichs bekannt sind. Diese und Salzburg bekamen dann natürlich bayerische Stempel. Südtirol kam an das Königreich Italien und machte nun die dortigen Stempelgesetze mit. Der ganze Süden der Monarchie mit einem Stück Tirols und dem früheren Venedig wurde zur französischen Provinz lllyrien; dort blieben vorerst die Lai bacher Okkupationsstempel mit allerlei Abänderungen im Gebrauche, bis ebenso wie im Königreiche Italien 1811 das französische Stempelgesctz mit französischen Zeich nungen eingeführt wurde. Nach dem Sturze Napoleons wurde den wiederge wonnenen Provinzen vorerst das hei ihnen gebräuchliche Stempelrecht belassen, da sie aber auch Hartgeld be hielten, während im übrigen Oesterreich nur stark ent wertetes Papiergeld zirkulierte, so mußten auch die Zeichen verschieden sein. In O b e r Österreich- Salzburg sowie in »111 y r i e n« half man sich durch roten Druck. Tirol, das aus dreierlei Besitz wieder