Seite 104 Internationale Sammler-Zeitung. Nr. 7 weißer Aetzgrund wird, weil er die richtigen Valeurs zeigt, auch vom Radierer geschätzt. Adam Elzheimer kannte ihn schon und Hubert Herkomer hat ihn noch einmal entdeckt. Die iiberzeichnete Glasplatte wird auf der Schichtseite mit einem Stück lichtempfindlichen (photographischen) Papieres belegt und so aufgestellt, daß Lichtstrahlen auf das Glas fallen. Da, wo die Farbschicht stehen geblieben ist, können die Lichtstrahlen nicht durchdringen, das Papier bleibt also an diesen Stellen weiß. Die Gänge der Nadel, die die Schicht fortgenornmen haben, lassen die Lichtstrahlen durch die Glas scheibe zum Papier gelangen und photographieren die Zeich nung in dem üblichen schwarzen oder braunen 'Ion im gleichen Sinne des Entwurfes. Es ist auch versucht worden, das licht empfindliche Papier auf die freie Glasseite zu legen und so die Lichtstrahlen zuerst durch die Zeichnung fallen zu lassen. Die Brechung der Strahlen durch die Glasplatte erzeugt dann im Resultat Linien von weich verschlimmerter Unbestimmt heit, die, da es sich bei den Glasklischees fast ausschließlich um Landschaften handelt, von guter, malerischer Wirkung sein kann. Ein Glasklischee ist also eine Art von Photographie, die Linien sind so flach und unkörperlich wie alles photo graphische Werk. Und doch ist ein Glasklischee wieder mehr und etwas anderes als.eine Photographie nach einer Zeichnung. Die Photographie eines Kunstwerkes setzt ein fertiges und selbständiges Kunstwerk voraus. Die Scheibe des Glas- klischees ist ein solches noch weniger als die gestochene Kupferplatte oder der geschnittene Holzstock. Bei Kupfer und Holz gebiert der Druck das Kunstwerk, beim Glasklischee die Photographie. Ist es auch keine gedruckte Kunst, so gehört das Glasklischee doch im weiteren Sinne zur Graphik und ist in Kupferstichkabinetten heimatberechtigt. Glasklischee ist Spezialität der Eontain.ebleauer und in ihrem Alleinbesitz geblieben, ausgeübt während der Jahre 1855—1874. Camille Corot, Jean Francois Millet, Charles Dau- bigny, Theodore Rousseau, Charles Jacque haben in dieser Technik Studien und Einfälle reichlich produziert. Von Glas klischees der Barbizoner wurde für das Kupferstichkabinet; kürzlich eines von Daubigny und zwei von Corot erworben. Von deutschen Künstlern hat allein Albert Brendel Glas klischees gearbeitet. Der aber lebte von 1864 bis 1870 in Bar bizon, er gehört also für die erste Zeit seiner Tätigkeit zu dieser Schule. Von ihm besitzt das Berliner Kabinett zwei Glasklischees. Die Kunst des Glasklischees ist heute ausge storben. Die Wiederbelebung, bei der einfachen Technik natürlich ohneweiters und jederzeit möglich, ist auch nicht zu erwarten und kaum zu wünschen. Es war gelungenes und adäquates Ausdrucksmittel für den paysage intime. Im modernen Kunstbetrieb würde mit Glasklischees wenig zu sagen sein. Das Kunstgewerbemuseum erwarb mittelalterliche Glas gemälde monumentalen Stils. Unica und Seltenheiten im Dresdener Kupferstichkabinett. Es dürfte nicht vielen bekannt sein, welch reich haltige Schätze das königliche Kupferstichkabinett zu Dresden beherbergt. Während die größte Galerie der Welt noch nicht einmal 6000 Objekte zählt, ist die Zahl der Blätter, Bücher u. s. w. in diesem Kabinett auf nahe zu eine halbe Million geschätzt worden. Aus dieser schier unübersehbaren Menge eine kleine Auswahl für die Veröffentlichung zu treffen, war gewiß keine leichte Aufgabe, der sich aber Professor Dr. Hans Wolfgang Singer in Dresden mit um so größerer Freude unter zog, als sich ihm dadurch ersehnte Gelegenheit bot, für sein Kabinett eine Art Werbeschrift in die Welt hinaus zu senden. ln einem reizend ausgestatteten Werke, das zu gleich als glänzende Probe für die Leistungsfähigkeit der Verlagsfirma G 1 a ß & T u s c h e r in Leipzig dienen mag, gibt Prof. Singer Kunde vom Entstehen und Werden der Sammlung, die sicherlich zu den größten ihrer Art gehört. Einem beigefügten Inventar ist die Tat sache zu entnehmen, daß die Sammlung bereits im Jahre 1746 854 Blatt Deutsche des XV. Jahrhunderts enthielt und daß Heineken während seiner Tätigkeit diesen noch 427 Blatt hinzufügte. Es wäre sicher von allergrößtem Interesse, zu erfahren, wie, woher und wann diese Blätter in die Sammlung gekommen sind, aber darüber schweigen sich die Akten aus. Prof. Singer hat sichs nicht verdießen lassen, nach den Belegen zu forschen, leider war der Liebe Mühe umsonst, was um so ärger licher ist, als er Rechnungen in Hülle und Fülle über die lächerlichsten Sachen fand. Von den Stichen reproduziert das Werk im ganzen fünfzig. Für die Auswahl war, wie der Verfasser im Vorwort ausführt, entscheidend, daß das Buch sich an ein breiteres Publikum wendet und diesem eine mög lichst reiche Abwechslung, wie die Berücksichtigung des Interesses am Gegenständlichen wertvoll er scheinen. Mit freundlicher Erlaubnis des Verlegers geben wir hier drei Stiche aus der Sammlung wieder. Fig. 11 zeigt das »Bildnis des Papstes Leo X.«. Prof. Doktor Singer gibt von dem Blatte folgende Beschreibung: »Unbekannter italienischer Stecher des XVI. Jahr hunderts. Unbeschrieben. Höhe des Brustbildes 204 Millimeter. Dieses wunderbar gestochene Bildnis ge mahnt in seiner monumentalen Auffassung und in seiner mehr der Federzeichnung ähnelnden Technik noch stark an die hohe Kunst, die im vorausgegangenen Jahrhundert P o 11 a j u o 1 o ausgeübt hatte. Oben schrieb eine alte Hand mit Tinte: »Leo Deci- mus Florentinus (Pon. Ro. Max).« Das Brustbild ist silhouettiert worden und auf ein Blatt in der Größe von 303X201 aufgeklebt. Beide sind von Würmern sehr durchfressen worden. Kappe und Rock hat eine alte Hand Scharlach, die Lippen rosa bemalt. Das Blatt ist dem Kabinett im Jahre 1887 von der königlichen Biblio thek überwiesen werden, die es in einem alten Buch deckel aus der Oelser Bibliothek eingeklebt gefunden hatte. Unikum.« Ein prachtvolles Blatt ist »The fruit barrow«, nach dem Gemälde von H. Walton, von John Raphael Smith gestochen (Fig. 12). Unter dem Titel des Obst karrens hat Walton ein Familienbild gemalt. Die junge Dame soll eine Miss Car, die Kinder sollen Neffen und Nichten des Malers gewesen sein. Das Prachtblatt ist ein erster Zustand, mit nur gerissener Schrift und daher selten. Auf der am 28. Juli 1837 zu Dresden abgehaltenen Versteigerung der gräflich S c h a 11 sehen Erben um sieben Groschen gekauft, hätte es heute einen Marktwert von mindestens 2500 Mark. Fig. 13 »Die Rache Vergils« ist die Arbeit eines un bekannten italienischen Stechers des XV. Jahrhunderts, Das späte Mittelalter hat bekanntlich aus Vergib dem römischen Dichter, eine Art Zauberer gemacht,