Nr. 13 Internationale Sammler-Zeitung. Seite 195 dritte endlich, derber und flotter gemalt, sehr ausdrucks voll in der Zeichnung, ist zweifellos Haarlemer Schule und vielleicht von dem Franz Hais-Schüler W e r- s p r o n g. Hier sei schließlich auch ein Rembrandt (?) angeschlossen, der zwar deutlich in roter Farbe als solcher signiert ist, gleichwohl eher ein Werkstattbild (vielleicht des Aert van Gelder n) sein dürfte, als solches aber mit seiner durchgeistigten Darstellung eines Greises mit müden Augen und verfallenden Wangen eine sehr tüchtige Leistung darstellt. Zu den Bildern, die unter falscher Flagge in die Sammlung gelangt sind, ist wohl auch eine Landschaft mit drei (Rembrandtschen) Bäumen zu zählen, für die der frühere Besitzer den Ph. de Köninck als Maler re klamierte, die aber nach der ganzen weichen, duftigen Art auf englische Landschaftskunst, etwa auf C r o w n, hinweist. Damit sind wir aber schon in jüngere Epochen eingetreten, die in der Sammlung Maier nicht weniger trefflich vertreten sind. Es sei zunächst ein gutes Damenporträt in Weiß von dem Engländer Martin A. S h e e, das Bildnis einer spanischen Prinzessin Von Mignard, zwei minutiöse Stilleben mit Schmetterlingen, Libellen, Eidechsen und Blumen von dem in böhmischen Sammlungen häufigen, hier aber besonders effektvoll geratenen Karl Wilhelm Hamilton und ein Altwiener Frauenbildnis von L a in p i erwähnt. Dann aber gehören zwei Meisterwerke hieher, die allein eine öffentliche Aus stellung der Sammlung rechtfertigen würden. Das eine stammt von der Meisterhand Goyas und stellt einen spanischen General in verschnürter Uniform, ein tief rotes Käppi in der Linken, dar, wie er aus kühnen, leidenschaftlichen Augen in stolzer Haltung aus dem Bilde herausblickt, während ein Schriftstück in seiner Rechten die zunächst rätselhaften Worte lesen läßt: »Fluctibus rei publicae expulsus.« Das Bild ist mit den Worten »Pintado p. Goya 1815« signiert; aber über die Persönlichkeit des Dargestellten herrschte bis vor kurzem völliges Dunkel. Maier ist es gelungen, festzustellen, daß der Dargestell'te der in den Unabhängigkeitskämpfen 1809 bis 1814 bis zum Feldmarschall vorgerückte, ur sprünglich als einfacher Landwirt tätige Spanier Don- Francesco Espoz y Mina ist. Mina war einer der genialsten Guerillaführer während der französischen In vasion und Goya, der ihm durch die freiheitliche Gesin nung verbunden war, empfand für ihn stets die größte Verehrung. Die Inschrift auf dem Bilde weist auf die Um stände hin, unter welchen Mina 1815 vor der despoti schen Regierung Ferdinands VII. aus Spanien fliehet; mußte. Das zweite Bild hat sich noch auf keinen bestimmten Meister festlegen lassen. Dennoch ist es eine ganz ein zige, ungewöhnlich reizvolle Arbeit, und der Stolz de Sammlung. Es ist das Porträt einer vornehmen Dame, die in rauschender Spitzentoilette, überschüttet mit den: Frou-Frou der rosa Rokokoschleifchen und -Stickereien wde Bouchers Pompadour, dasitzt, ernst-nüchtern in den etwas groben Zügen wie die Bürgerinnen des Hogarth und an einer Stelle des Kleides wieder in Rot und Gell: aufleuchtend, fast wie ein Goya. Keinem dieser Meister kann das Bild zugehören; Maier glaubt es dem schwedi schen Maler Alexander R o s 1 i n zusprechen zu können, der, in Malmö geboren, in Paris als eifriger Schüler der Franzosen verstorben ist. Vielleicht hat Maier recht; es würde am besten die eigentümliche Mischung von fran zösischer Grazie und nordischer Herbheit erklären, die rätselhaft und interessant zugleich aus dem Bilde spricht. Aber im Grunde ist es auch dem Besitzer glcich- giltig, auf welchen Namen sich die Gelehrten einmal einigen werden. Er liebt das Bild, wie es ist. Und er liebt so alle seine Bilder. Es wäre wunderlich, wenn ein Mensch mit so offenen Sinnen vor der modernen Kunst sie verschlossen hätte. Wirklich hat Maier auch für die lebenden Meister sich ein Plätzchen im Herzen gewahrt. Er sammelt den ihm heimatlich nahestehenden Wenzel W i r k n e r, er hat einen schönen, späten und einen aufschlußreichen frühen U h d e, er hat L e n b a c h (Bildnis der Frau von Poschinger), Samberger, E r d t e 11, er hat neben vielen anderen einen meisterhaften, wundervollen Moll. Es liegt kein System in diesem Sammeln, man fühlt, wie Stück für Stück aus lauterem Gefallen den Wunsch nach Besitz weckte und nachher das Glück der Erfüllung brachte. Qualität! Schönheitsdurst, Augenkultur, die seltenen und vor nehmen Charaktereigenschaften der berühmten französi schen Sammler des Impressionismus, sind auch diesem weltmännischen Karlsbader zu eigen. Er reist im Winter, verbringt Tage in den Galerien, Abende und Nachmittage vor der Natur, bummelt des Nachts vor den erleuchteten Auslagen der Weltstädte und hört auch da noch nicht auf, nach Erlesenem, Schönen auszuschauen. Dann kauft er kunstvolle japanische Schnitzereien, gleißende kostbar gefaßte Kristalle und Halbedelsteine, lebenerfüllte, japanische Tier bronzen, oder immer wieder neue, glitzernde, duftig-geheimnisvolle Arbeiten jener beiden japanischen Brüder, die in unseren Tagen noch ein neues Verfahren, das sogenannte Glas clois- sonne,* erfunden haben. Er hebt sie, in Watte gehüllt, jedes in einem besonderen schlichten Holzkästchen, in den Fächern seiner alten, eingelegten Schränke und Se kretärs auf, zusammen mit arabischen Schwertern, Briefbeschwerern aus Jaspis und einer Mappe mit ganz seltenen, ganz groß wirkenden Blättern von S a r a k u, Hokusai, Harunobu. Und kommt ein Besucher, dem er seine Schätze zeigen will, dann hebt er sie mit der Zärtlichkeit eines Verliebten ans Licht des Tages,-erklärt schlicht und sachlich des Stückes Eigenart und versucht nicht des Betrachters Beeinflussung. Aber am Ton der Stimme muß man hören, wie der stille, unverheiratete Mann diese toten Dinge liebt. Daß sie jetzt - zum Teil wenigstens — Herrn Jeder mann aus Chicago oder 'Toledo zur Augenbetastung vor gelegt werden sollen, erscheint fast als Entweihung; wenn Herr Maier sich wirklich dazu entschließt, darf er nur an die wahren Kunstfreunde denken, denen bisher keine Gelegenheit zum Genüsse der Sammlungsschätze ward. Sie werden ihm für die Ausstellung sehr dank bar sein. * Eigentlich email cloisonnee, Zellenschmelz.