Nr. 14 Seite 219 Internationale Sammler-Zeitung. (Eine polnische Siegelsammlung.) Man schreibt uns aus Lemberg: Unsere Universität hat eine außerordent lich große und wertvolle Siegelsamm lang zum Geschenke erhalten. Sie enthält über 5000 Siegel polnischer Könige, Fürsten und Herzoge, Städte, Innungen, Aemter, Bruderschaften., Kirchen, Klöster, Edelleute und Bürger. Die Sammlung gehörte dem vor einigen Jahren verstorbenen Archäologen und Sphragistiker Boles- laus Podczaszynski in Warschau und befand sich zuletzt in Petersburg in Privatbesitz. (Im ewigen Eise gemalt.) In diesem Sommer soll in L o n d o n eine einzigartige Gemäldeausstellung stattfinden. Etwa 120 Aquarelle werden gezeigt werden, die im ewigen Eise des Südpolarkreises, zwischen furchtbaren Schnee stürmen und auf öden Gletschern gemalt wurden. Der Künstler, der den Erfolg seiner Werke nicht mehr erleben sollte, war Dr. Wilson, einer der drei Männer, die im ewigen Schlaf in jenem tragischen Zelt gefunden wurden, das Scott mit seinen beiden Begleitern in der Nähe des Eintonnenlagers er richtet hatte. Nicht wenige dieser Aquarelle sind beim Schein des Nordlichts und bei einer Temperatur von 30 Grad unter Null gemalt worden. Ein seltsames Atelier hatte der Polar forscher sich gewählt, aber es steht nicht einzig da in der Ge schichte. Eine englische Zeitschrift weiß noch von einem anderen Künstler zu berichten, der im Polareis auf die Motiven- jagd ausging. Es war ein skandinavischer Maler, der vor etwa zwölf Jahren aus dem Nordpolarkreis eine Reihe von Bildern mitbrachte, die in Stockholm großes Aufsehen erregten. Irri Pariser Salon war vor einigen Jahren das Bildnis einer Dame aus gestellt, das auf dem Gipfel des Mont Blanc gemalt war. Es gibt bekanntlich ein Observatorium auf dem Gipfel d : eses höchsten europäischen Berges, dessen Besitzer zufällig der Onkel eines bekannten französischen Künstlers ist. Der Neffe hatte sich nun in den Kopf gesetzt, sein Atelier in einer Höhe von 4800 Meter über dem Meeresspiegel aufzuschlagen, und führte seinen Plan glücklich durch. Einen eigenartigen Platz zur Ausübung seiner Kunst wählte sich auch der ausgezeichnete Schwarzwejß- kunstler Cyrus C u n e o, der während der Dreyfus-Skandale packende Darstellungen von Straßenszenen entwarf. »Ich kletterte auf einen Baum,« so erzählte er selbst, »und sah nun die ganze wildbewegte Masse sich unter mir Zusammenhalten. Das waren Motive für Bilder, wie ich sie so leidenschaftlich und großartig noch nicht gesehen. Ich machte auf dem Baum eine erste Skizze, rutschte dann rasch herunter und führte das Bild aus.« Im Amerika (wo natürlich jede Sensation zur Ueberssnsation werden muß), gibt es sogar, (wenn es nicht er funden ist) einen Maler, der »unter Wasser arbeitet«, Walter P r i t c h a r d. Er hat sich zum Inhalt seiner Kunst die mystischen Farbenwunder der Meerestiefe gewählt, und im Taucherkostüm steigt er zum Meeresgrund hernieder, wie ein anderer in sein Atelier. Walter Pritchard benutzt dabei Oel- pinsel, die er in einem schweren eisernen Kasten mit sich trägt; er malt auf besonders präpariertes geöltes Leder und bleibt etwa zwanzig Minuten immer bei der Arbeit; dann steigt er auf kurze Zeit hinauf, um »Luft zu schnappen«. (W as die Haare großer Männer ein- bringen.) Locken großer Männer — man denke an Bis marck oder Napoieon — sind unter Umständen ein kleines Vermögen wert und erzielen in anderen Fällen nur Preise, die in Anbetracht der Seltenheit solcher Reliquien lächerlich gering sind. Besonders stark schwanken die Preise der Napoleon-Locken. Ein englisches Blatt berichtet, daß auf einer großen Versteigerung eine Locke vom Haupte Napo leons, die in St. Helena abgeschnitten worden ist, nicht mehr als fünf Guineen, also nur 105 Mark einbrachte, und eine andere Napoleon-Locke wurde gar auf einer Versteige rung dem Bieter für 60 Mark zugeschlagen! Dagegen erzielte eine dritte Napoleon-Locke, die dem Korsen auf dem Toten bette abgeschnitten war, die stattliche Summe von 6000 Mark. Aehnliche Preisschwankungen gibt es bei den Locken Nelsons, des großen englischen Seehelden. Es ist noch nicht allzu lange her, daß eine Nelson-Locke für 2¥2 Pund, also 50 Mark, verkauft wurde, während ein großer Nelson- Verehrer für eine andere Locke seines Helden 400 Pfund, also über 8000 Mark anlegte. Dies ist wahrscheinlich der höchste Preis, der für solche »Heldenlocken« überhaupt bezahlt worden ist. Andere Locken müssen sich zuweilen mit ganz geringen Preisen begnügen, so eine Locke Wellingtons, die für 25 Mark versteigert wurde. Eine Byron-Locke dagegen ist jüngst für 350 Mark verkauft worden. (Ein Prozeß um zwei G o e t h e - R e 1 i q u i e n.) Aus Petersburg wird uns unter dem 10. d. M. geschrieben: Vor dem Petersburger Bezirksgerichte beginnt in einigen Tagen ein interessanter Prozeß. Vor einigen Jahrzehnten ließen sich zwei Schwestern Böhme in Petersburg nieder, wo sie sich durch literarische Arbeiten ihr Brot verdienten. Den einzigen Reichtum der beiden Schwestern bildete eine Locke Goethes und ein Aquarell von Goethe. Diese Reliquien hatten die Schwestern von ihrem Vater, einem Kunstmaler in Weimar, geerbt, der sie von einem persönlichen Freund Goethes, Christian Schuchert, erhalten hatte. Diese Heiligtümer der alten Schwestern gelangten in den Tagen der Not als Pfand in die Hände einer gewissen Frau R e i n wa 1 d, die den Schwestern einige zwanzig Rubel dafür gab. Die Schwestern richteten nun alle Bemühungen darauf, die Reliquien wieder zurückzukaufen, zumal verschiedene ameri kanische Sammler Unsummen für die Locke und das Brustbild boten, das angeblich Goethe während seiner Romreise gemalt haben soll. Als die Schwestern die Pfandschuld bezahlen wollten, verweigerte die Reinwaid die Herausgabe der Reliquien, die sie als ihr Eigentum bezeichnete. Darauf gingen die Schwestern mit der Klage vor. Der Gerichtshof behandelte den Fall, da die Schwestern den Schatz auf 20.000 Rubel ver anschlagten, als Kriminalverbrechen und dürfte den Schwestern wohl wieder zu ihrem Gut verhelfen. (W e r t v o 11 e Renaissancereliquien ver seil w u n d e n.) In L u c c a ist man großen Kirchendiebstählen auf die Spur gekommen. Jn der Kirche San Erediano wurden kostbare Kultusgeräte aus dem 15. Jahrhundert, Kelche, Hostienbehälter und eine überaus wertvolle Christusfigur aus Elfenbein gestohlen. Kurz darauf brachen die Diebe in die Mariakirche ein und raubten drei Bronzestatuetten aus der Renaissancezeit. Museen. (Berliner Kunstgewerbemuseu m.) Di? Samm lungen des Berliner Kunstgewerbemuseums haben als neuen Ankauf eine hervorragende Bildwirkerei der deutschen Re naissance zu verzeichnen. Es ist ein gewirkter Wandteppich mit der Darstellung einer Hochzeit nach Heinrich Alde- g r e v e r, dem hervorragenden westfälischen Kleinmeister. Der Teppich zeigt die Wappen der Familien von Wendt und von Saldern. Er ist eine niederdeutsche Arbeit aus Westfalen oder Lüneburg vom Jahre 1548. Geschenkt wurde der Sammlung von Frau Hedwig Lang ein Meißener Porzellanteller von der Mitte des 18. Jahrhunderts, überwiesen eine gleichzeitige chine sische Seidentapete und ein Meißener Porzellanteller aus der Zeit um 1800. Der Bibliothek schenkte Frau Ellen von Siemens, die Tochter von Helmboltz’, das zweibändige Ge denkbuch an Ellen Elisabeth v. Siemens, das Freifrau Anna v. M a 11 z a n mit Buchschmuck versehen hat. Und Pierpont M organs Gunst hat der Bibliothek noch nach dem Tode des Sammlers eine Gabe verschafft, den Katalog der Sammlung von Taschenuhren aus seinem Besitz, den G. C. William- s 0 n geschaffen hat. Für die Bibliothek angekauft wurde eine Reihe von Einzelblättern und Folgen zur Ergänzung der Orna mentstichsammlung, im ganzen etwa 500 Stück. Die Meister der deutschen Renaissance, wie Altdorfer, Hans Sebald Beham,