Seite 218
Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 14
Numismatik.
(Münzeniiind.) Aus Brünn wird uns geschrieben:
Zum Baue des neuen Gemeindehauses in Altendorf bei Bautsch
werden auf den der Gemeinde gehörigen Gärten Ziegel ge
wonnen. Die hiebei beschäftigten Arbeiter fanden am 18. Juni
unter dem Lehm anscheinend kleine Blechstiickc, die sie nicht
weiter beachteten. Ein Schüler, namens H u d e z, der in diesen
alten Blechstücken Münzen erkannte, grub weiter und fand unter
einer alten Baumwurzel drei Rollen, natürlich ohne Umhüllung,
vorzüglich erhaltener Silbermünzen, die aus der Zeit
Wenzels II., des Sohnes Ottokars von Böhmen und
Schwiegersohnes Rudolfs von Habsburg (1278—1305), stammen.
Auf der einen Seite befindet sich die böhmische Königskrone mit
einer äußeren Umschrift: »Dei gratia Rex Boemia«, und einer
inneren: »Wencezlaus secundus«; auf der Reversseite ist der
böhmische Löwe mit der Umschrift: »Grossi Pragenses« sehr
deutlich zu sehen. Der Rand dieser Münzen ist wie mit einer
Schere beschnitten.
(Ö’esterreichisch - deutsche Zweimark
stücke.) Aus Berlin wird uns gemeldet: Ganz eigenartig
und raffiniert ausgeführte falsche Geldstücke kursieren seit
einiger Zeit in Deutschland. Es handelt sich um Zweimark
stücke, die augenscheinlich für den Verkehr an der deutsch-
österreichischen Grenze hergestellt worden sind. Die Stiidke
zeigen auf der einen Seite den deutschen Reichsadler mit der
Unterschrift 2 Mark, auf der anderen Seite den österreichischen
Doppeladler und die Wertbezeichnung 1 Gulden. Je nach dem
Aufenthalt der Falschmünzer auf österreichischem oder auf
deutschem Gebiet wird die entsprechende Seite bei der Zahlung
nach oben gelegt. Infolge der Jahrhundert- und Jubiläumsfest
lichkeiten scheinen diese falschen Münzen in größerem Um
fange abgesetzt worden zu sein, denn aus zahlreichen Orten
der Provinz wird gemeldet, daß viele Zweimark-Stücke mit
dem deutschen und österreichischen Adler kursieren.
Philatelie.
(M a u r i t i u s - F e h 1 d r u c k e.) Uns wird ge
schrieben: Auf der Internationalen Briefmarken-Ausstellung, die
zurzeit im Pariser »Palais de Glace« unter dem Protektorat
des französischen Kolonialministers stattfindet, sind die nieist-
angestaunten Raritäten die beiden ungebrauchten Mauritius-
Marken mit dm fehlerhaften Umschrift »Post-Office«, die der
Sammler D u v e e n als die hervorragendsten Prachtstücke
seiner kostbaren Sammlung ausgestellt hat. Die beiden Marken,
die einen Nennwert von 3 Pence haben, gelten zurzeit
mindestens 100.000 Franken. Der Grund dieser enormen Wert
steigerung erhellt aus der nachstehenden ergötzlichen Ge
schichte. Als im Jahre 1847 der Graveur der in englischem
Besitz befindlichen Insel Mauritius von der Regierung den Auf
trag bekam, den Prägestempel für zwei Briefmarken im Wert
betrage von 1 Penny und 2 Pence mit dem Bildnis der Königin
Viktoria anzufertigen, erhielt er gleichzeitig eine eingehende
Instruktion über die Aufschrift, die die Marken erhalten sollten.
Der Graveur war aber ein großer Raucher vor dem Herrn und
hatte, bevor er die Arbeit in Angriff nahm, die Instruktion als
Fidibus benützt, um seine Pfeife in Brand zu setzen. Zerstreut
wie er war, konnte er sich beim besten Willen nicht mehr
daran erinnern, was die Instruktion über die Aufschrift des
linken Seitenrandes der Marken vorgeschrieben hatte. Nach
vielem Kopfzerbrechen dämmerte ihm indessen die Ahnung, daß
das Wort »Post« in der behördlichen Anweisung gestanden
hatte, und so gravierte er denn auf gut Glück das Wort »Post-
Office« statt des vorgeschriebenen Vermerks »Post Paid«
(Porto bezahlt). Als der Gouverneur die in Rede stehenden
Marken mit dem falschen Aufdruck zu Gesicht bekam, ordnete
er unverzüglich die Vernichtung der Markenvorräte an, so daß
nur verschwindend wenige dieser Post-Office-Marken in den
Verkehr gelangten. Man kennt in den verschiedenen Brief
markensammlungen der Welt nur 24 Exemplare dieser fehler
haften Mauritius-Marke, von denen zudem die Mehrzahl noch
abgestempelt ist, was den Raritätenwert der beiden unabge-
stempelten Marken der Duveerischen Sammlung naturgemäß
noch wesentlich erhöht.
(Die Flugzeuge auf der Briefmarke.) Die
Flugmaschine erobert sich nun auch die Briefmarke. Zum
erstenmal erscheint das Bildnis eines Flugzeuges auf einem
Postwertzeichen, und zwar auf der 20 Cents-Marke der
neuen Reihe von Paketmarken, die jetzt von der Postver
waltung der Vereinigten Staaten herausgegeben worden ist.
Bis dahin vertraten eigens hergestellte Flugpostmarken
diesen Markentyp, indessen trugen sie durchaus den
Charakter von Privatmarken.
(Postwertzeichenausstellung in Breslau.)
Auf der Breslauer Jahrhundertausstellung wird in der
Festhalle vom 17. bis zum 24. August eine P o s t Wert
zeichenausstellung stattfinden, zu deren Beschickung
alle Philatelisten deutscher Zunge berechtigt sind. Alle die
Ausstellung betreffenden Anfragen sind an Oberlehrer Doktor
Henze (Breslau, X., Lehndamm Nr. 7 c) zu richten. In Ver
bindung mit dieser Postwertzeichenausstellung wird der
17. Deutsche Postwertzeichensammlertag in Breslau vom 22.
bis zum 25. August abgehalten werden.
Verschiedenes.
(Die Sammlung der Gräfin Amerling-
H o y o s.) Wir lesen in der »Neuen Freien Presse«: Viele
Wiener erinnern sich wohl noch des alten Gumpendorfer
Schlößchens, das fast genau auf der Stelle stand, wo heute die
Station Gumpendorferstraße der Stadtbahn sieh erhebt. Mancher,
dei in dem schmucken, über weit in frühere Jahrhunderte zu
rückreichenden Grundmauern errichteten Barockbau fröhliche
Abende in anregender Gesellschaft verbrachte, denkt nicht ohne
Wehmut daran zurück, wenn er im Zuge an der Stätte vorbei
rollt, auf der einst Friedrich v. Amerlings Heim gestanden.
Für alle, die ihn kannten und die von ihm gesammelten
Schätze der großen und kleinen Kunst zu würdigen wußten, wir
es ein Tag der Trauer, als c'as Schlößchen, das eine Zierde des
Bezirkes bildete, dem Abbruch verfiel und die Poesie der
»Künstlerburg« der Prosa des Stationsgebäudes wich. Daß die
Erinnerung an das Malerheirn heute noch lebendig ist, beweist
ein kürzlich erschienener Essai über das verschwundene
Schlößchen. Er war mit Pietät geschrieben, enthielt aber einige
falsche Angaben, welche eine Berichtigung fordern. Es hieß
darin, die Sammlung Amerlings sei nach seinem Tode der Stadt
Wien zum Kaufe angeboten worden. Die Stadt habe abgelchnt,
und nun müsse man es bitter beklagen, daß die schöne, wert
volle Sammlung in alle Winde zerstreut worden sei. In Wirk
lichkeit hat Amerling in seinem Testament die Stadt Wien zur
Erbin seiner Kunstschätze eingesetzt. Daß die Stadt das groß
herzige Legat nicht annahm, war nicht bloß in der Furcht vor
der hohen Erbsteuer begründet, Sondern auch in den Be
dingungen, welche Amerling an die Uebernahnie geknüpft hatte.
Die fatalste derselben und wohl die entscheidende für die Ab
lehnung war die, daß die Sammlung stets ungeteilt bleiben und
in einem besonderen Gebäude aufgestellt werden müsse. Die
Ablehnung hatte Amerling halb und halb selbst vorausgesehen
und für diesen Fall die Sammlung seiner Gattin Maria (jetzige
Gräfin Hoyos) vermacht. In ihrem Besitze befindet sich heute
die ganze unzersplitterte Sammlung, von der kein Stück verkauft
und in die Fremde gewandert ist. Das von Otto Wagner erbaute
Palais (Rennweg 3), Eigentum der Gräfin Maria Hoyos, gleicht
einem Museum, und bei den »Kunstwanderungen« konnten sich
viele Hunderte von Besuchern überzeugen, daß alle die Kunst
werke und Antiquitäten, welche Amerling in einem langen
Leben mit ebenso viel Eifer als Verständnis erworben, so schön
beisammen sind und so liebevoll erhalten werden wie einst, da
Canon, Dombaumeister Friedrich Schmidt und andere Träger
stolzer Namen mit jüngeren, bescheidenen Freunden des Haus
herrn um den gewaltigen runden Speisetisch im Gumpendorfer
Schlößchen saßen.