Nr. 15/16 Internationale Sammler-Zeitung. Seite 239 mit 18 auserlesenen Züricher Musikern vor ihrem Schlafgemach erschienen sei, um von diesen unter seiner persönlicher. Leitung die »Träume« vortrageu zu lassen, nachdem er dieselben eigens zuvor für dieses kleine Orchester instrumentiert hatte.« Es unter liegt sicherlich keinem Zweifel, daß die hier vorliegenden Or- chesterstimmen von Wagners Hand diejenigen sind, die zu der damaligen einzigen Aufführung benützt worden sind. Die Solo- Violine, welche, wie ich genau verglichen habe, den Inhalt der Singstimme, Note für Note, ohne die geringste Abänderung wiedergibt, konnte sich Wagner ersparen zu kopieren, da sie von der Singstimme selbst abgespielt werden konnte. Dagegen liegt hier die Kopie derselben bei, und zwar von der eigenen Hand der Mathilde Wesendonck, die sie am Schluß mit ihren Initialen M. W. versehen hat. Das vorliegende Orchesterarrangement, das wohl nur diese einzige Aufführung erlebt hat, ist sonst gänzlich unbekannt und selbstverständlich auch unediert.« (Neue Briefe von Liszt.) Die kürzlich verstorbene hervorragende Liszt-Biographin Lina Ra mann hat eine große Anzahl bisher noch ungedruckter Briefe Liszts hinterlassen. In ihrem Testament hat sie letzwillig angeordnet, daß die wertvollen Handschriften zu einer »Lisztiana« zusammen gestellt und veröffentlicht werden sollen. Mit der literarischen Zusammenstellung hat die Erblasserin den Professor Dr. Arthur Seidl in Dessau beauftragt. Der Nachlaß ist um so wert voller, als er auch Memoiren in Form genauer Tagebuch- zeichnungen enthält. Auch Handschreiben der Fürstin Wittgenstein und Hans v. Bülows sind vorhanden. Wo die »Lisztiana« erscheinen wird, steht heute noch nicht fest, da Wünsche der Erblasserin berücksichtigt werden müssen. Bibliophilie. (Die Bibliothek Leo Hirschbergs.) Aus Berlin wird uns berichtet: Dr. Leopold Hirschberg, ein in den weitesten Kreisen Deutschlands bekannter musikalischer Vortragskünstler, seines Zeichens praktischer Arzt, ist gleich zeitig -einer der findigsten und glücklichsten Sammler auf dem Gebiete der neueren deutschen Literatur. Es war ihrn das er staunliche Kunststück gelungen, mit unverhältnismäßig geringen Mitteln eine geradezu beispiellos kostbare Büchersammlung zu stande zu bringen. Sie beschränkt sich auf deutsche Literatur des IS. und 19. Jahrhunderts, und dürfte hinsichtlich der Voll ständigkeit von Erstdrucken der klassischen und romantischen Zeit kaum ihresgleichen unter den deutschen Privatbibliotheken finden. Die Bibliothek Hirschberg erregte den Neid aller deutschen Sammler. Nunmehr ist dieser kosibare literarische Schatz in den Besitz der königlichen Universitätsbibliothek Berlin übergegangen. Allerdings hat der vom Glück so über aus begünstigte Sammler sich die Gesamtausgaben Vorbehalten. Er soll ferner die Bedingung gestellt haben, daß die von ihm gesammelten Bücherschätze in einem gesonderten Zimmer der Universitätsbibliothek aufgcstellt und als »Bibliothek L. e o p o 1 d Hirschberg« für alle Zeit kenntlich gemacht werden. Was vor vielen Jahrzehnten beim Ankauf der be rühmten Meusebachschen Sammlung durch Friedrich Wilhelm IV. dem damaligen großen Büchersammler und -kenner seitens der Bibliotheksverwaltung nicht zugestanden wurde, das hat sein glücklicherer Nachstreber für sich durch zusetzen. verstanden. So hat Leopold Hirschberg beizeiten für seinen Nachruhm als Bibliophile zu sorgen gewußt. (Der Nachlaß Nikolaus Müllers.) Aus dem Nachlaß des Professors Nikolaus Müller, des hervor ragenden Lehrers der christlichen Archäologie an der Ber liner Universität und Leiters der christlich-archäologischen und epigraphischen Sammlung, der im vorigen Herbst plötz lich in Berlin starb, sind der Hochschule verschiedene wert volle Gaben zugekommen. Zur Erinnerung an den Gelehrten schenkten seine Erben der einst von ihm geleiteten Samm lung und dem theologischen Seminar eine große Zahl von Büchern, Bildern und Altertümern aus seinem Nachlaß. (Kuriosa aus einem Biiclierkataloge der Leipziger O s t e r in e s s e 1713.) Es ist sicher, daß sich die langen Titel der Bücher sowohl bei den Schriftstellern als auch beim Publikum heute keiner besonderen Gunst mehr er freuen. Anders lagen die Verhältnisse vor 200 Jahren, da lange Beschreibungen über den Inhalt eines Buches das Titelblatt füllen mußten. Aber nicht nur Bücher mit langen, sondern auch mit ganz kuriosen Titeln sind damals auf dem Markte er schienen. Das erhellt unter anderem aus einem Katalog der Leipziger Ostermesse aus dem Jahre 1713, dem wir die folgen den Kuriosa entnehmen: Speculationes bei Schlaff-losen Nächten. — Hildebrands Fortsetzung der besonderen Ge danken über die Frage: ob die verstorbenen Heiligen für die Menschen auf Erden beten, wieder Hr. M. David Hermanns bessere Gedanken. — Hildebrands Gewissens-Frage, ob einem Ehe-Mann, der ein Christ sein will, erlaubet sey, an sein Ehe- Weib welche böse ist, mit Ohrfeigen oder Prügeln etc. Hand anzulegen. — Früh-Mittel wider den Sünden-Gifft. — Adami Delician Poenitentiales, oder BußHirgötzlichkeiten über 103 Sprüche. — Bewährter Unterricht von gesunder Zubereitung des Coffe-Geträncks. — Die ganze Gelahrtheit über Haupt. — Beschreibung der Magen-Bürste, — Gedanken von der Lutherischen und Reformierten Religion und derselben Ver einigung. — Jacobi Gott und gnug. — Bechmanns Vergiß mein nicht, oder Betrachtung der letzten Dinge der Menschen. — Zippelii Orator in Chatedra Sacra oder der von Natur und nicht von angemasten Affecten lieblich und angenehme Prediger auf der Cantzel. — Manir, wie man sich in der Con- versation verhalten soll. — Thilonis Donner Goettliches Zorns. — Hornschmidts der fromme Wirth und Christliche Gast-Hoff. — Grafens Priesterliches Gewissen. •— Historische Erzählung alles dessen, was zwischen denen heute zu Tage so genannten Pietisten und den anderen Theologis der Lutherischen Kirche vorgegangen ist (1713). — Gräfin von Kent Handbüchlein, oder rare, sonderbahre Artzeneyen (1713). — Leben und Taten Christoph Wagners, gewesenen Famuli des Weltberuffenen Ertz-Zauberers D. Faustens, zum Spiegel und Warnung vor dem abscheulichen Laster der Zauberey ans .Licht gestehet. — Hinkende Staats-Both, 64—66 Reise. — Paullini Bauken-Physica. — Dessen Hoch und wohlgelahrtes Frauen-Zimmer. •— Artemidori großes vollkommenes Traum- Buch (1713). — Galante Correspondenz in historischen und galanten Briefen (1712). — Haeveckers lebendig-todte Trunckenbold. — Eines scharff-sinnigen und ingenieusen Poeten Trauer- und Freuden-Gedichte (in Quartformat). — Hoheburgs verwirrter teutscher Krieg. (Die Bibliophilie als Ausstellungsgegen stand.) Auf der 1914 in Leipzig stattfindenden Inter nationalen Buchgewerbe-Ausstellung wird zum erstenmal die Bibliophilie als Ausstellungsgegenstand erscheinen. Diese Sonderabteilung wird neben der von Geheimrat Lam- p r e c h t geleiteten Halle der Kultur wohl einer der an ziehendsten Punkte dieser Weltschau des Buches werden. Das Gesamtprogramm der Gruppe ist sehr umfänglich und wird keine Keite der Biichcrliebhaberei außer acht lassen. Als Mittelpunkt ist das Samrrielzimmer eines modernen Biblio philen gedacht worden. Die Mitglieder der deutschen und österreichischen Bibliophilen-Gesellschaft. die über zahllose seltene Kostbarkeiten verfügen, haben sich bereit erklärt, zur Vervollständigung der Ausstellung Geeignetes aus ihrem Privatbesitze herzuleihen. Bilder. (Ein Rembrandt auf dem Trödelmarkt.) Russische Blätter berichten: Ein Rembrandt-Porträt wurde, gänzlich verwüstet, aus dem Nachlaß eines einst reichen Mannes auf dem Trödelmarkt in Petersburg für wenige Rubel verkauft. Ein bekannter Petersburger Sammler erwarb das Bildnis, dessen unzweifelhafte Echtheit er erkannte, für 12.000 Rubel. (Das wieder erstände ne Madonnenbild Be 11 i n i s.) Aus Rom wurde irr der Vorwoche gemeldet, daß ein Priester der Kirche Santa Maria in Trastevere ein Bild des berühmten Venezianer Meisters Giovanni B e 11 i n i um hohen Preis verkauft habe, nachdem er vorher erklärt hatte, es sei bei einem Brande der Sakristei seiner Kirche zerstört worden. Die »Tribuna« hat es sich angelegen sein lassen, der Sache auf den Grund zu kommen und weiß darüber folgendes