Nr. 18 Internationale Sammler-Zeitung. Seite 273 Die Neuerwerbungen der Berliner königlichen Museen. Unter den Neuerwerbungen der Berliner königlichen Museen ist vor allen Dingen ein Löwe aus Marmor bemerkens wert, der von der Skulpturensammlung im Alten Museum erworben wurde. Der Löwe spielt seit alter Zeit in der Vorstellung der Völker die Rolle des furchtbaren Feindes, dessen Bekämpfung zu den Heldentaten der Nationalhelden gehörte. Die Wiedergabe solcher Heldentaten bot der bilden den Kunst immer wieder Anlaß zur Darstellung des Tieres. Daneben finden wir Löwen häufig in tektonischer Ver wendung, zum Beispiel als Wasserspeier oder in ornamentalen Gruppen, die zum Teile aus der älteren orientalischen Kunst von den Griechen übernommen wurden, ln diesen orientali- sierenden Darstellungen ist die Wiedergabe des Tieres bereits zum Schema geworden. Namentlich den griechischen Künstlern fehlte die Anschauung der Natur, denn auf griechischem Boden war der Löw'C längst ausgerottet, nur in Nordgriechenland, Thessalien u. s. w. haben sich bis in die klassische Zeit vereinzelte Hxemplare erhalten. Als Hrsatz des Löwen mußte sich der Künstler mit dem Hunde begnügen, und vielfach sieht man es den Löwenbildern an, daß ein Hund da zu als Modell gedient hat. Auch der neuerworbene Löwe, der von der Insel Knidos stammt, zeigt neben der Abhängigkeit von einem älteren Schema die Aehnlichkeit mit dom Hunde körper. Die ursprüngliche Aufstellung ist nicht genau mehr zu erkennen. Mit dem Hinterkörper hockt der Löwe am Boden, nach vorne richtet der Leib sich auf, die rechte Tatze, etwas vorgestreckt, trägt das Gewacht des Körpers, die linke lag vermutlich auf der Beute, etwa einem Stierkopfe, während das Haupt aufgerichtet sich dem Feinde zuzuwenden scheint. Das alte Schema verrät sich in der Art, wie die Mähne und die Haarzotteln stilisiert sind. An den Hund erinnert die Modellierung deb Muskeln sowie die Walzenform des Leibes. Die Vorbilder für die Löwenfiguren der archäisch-griechischen Kunst sind neuerdings in der hethitischen und der von ihr stark beeinflußten phönikischen Kunst nachgewiesen worden. Auf einer Schale der Berliner Vasensammlung, auf der der Kampf des Pcleus mit der Thetis dargestellt ist, trägt die Göttin auf der Schulter einen kleinen Löwen, der in manchen Zügen Aehnlichkeit mit dem neu erworbenen Marmor-Löwen aufweist, der, wie auch die Schale, in der zweiten Hälfte des VI. Jahrhunderts entstanden sein dürfte. Für die Abteilung der Bildwerke christlicher Epochen wurde eine bemalte Stuckwiederholung von Francesco di Simones Tondo der Maria mit dem Kinde am Grabmahl Tartagni in San Domenico zu Bologna erworben, sowie ein zweites kleines Madonnenrelief in bemaltem Ton, dem als Original besondere Bedeutung zukommt. Der Meister gehört der Gruppe der Florentiner Tonbildncr an. In der Bildung der Frauengestalt zeigt sich eine Verwandtschaft mit früheren Arbeiten des Luca della Robbia, doch erscheint der Künstler in der stärkeren Bewegtheit und in der mangel hafteren Kenntnis des nackten Körpers noch primitiver und ungeschickter. Die Künstler der Florentiner Tonbildwerke ge hören dem Kreise von Bildhauern an, der sich etwa 1410 bis 1450 um Ghiberti gruppiert. In die Sammlung der deutschen Bildwerke ge langten als Geschenk ein paar ausgezeichnete kleine Holz porträte. Das eine ist ein Buchsmodell für eine Medaille. Der Dargestellte ist Jörg Vetter laut der Umschrift: IORG VETER MEIN ALDER VND GESTALD IN XXXVI. Die Rückseite zeigt eine untersetzte weibliche Figur in reicher Gewandung mit einem Lamm in der Linken, umgeben von einem schmalen Blattkranz, durch die Umschrift: GEDVLT charakterisiert. Das zweite, in Birnbaumholz geschnitzte Relief des Pankraz Kämmerer trägt die Umschrift: PANCRACZ KEMMERER ANO ETATIS SVE 34. Die frische, fast derbe Charakteristik, die breite Behandlung sowie die architektonische Einrahmung erinnern am meisten an Hans Schwarz, dem das Relief auch nach der Zeit seiner Entstehung (1420 bis 1430) ange hören könnte. Ein drittes Buchsmodell wurde der Sammlung leihweise vom Kaiser Friedrich-Museum-Verein überwiesen. Es ist das Porträt eines jungen Mannes, eine tüchtige Arbeit des Friedrich Hagenauer, dessen Monogramm auf der Rückseite angebracht ist. Das Exemplar stammt aus der Sammlung Campe in Hamburg. Autographen. (Alte Papiere...) Vor einigen Tagen wurde, wie aus M u s o auf Korsika gemeldet wird, von der dortigen Stadtverwaltung ein großer Posten alter Akten versteigert. Die Papiere wurden zum Tagespreise für altes Papier — das Pfund ein Centime — verkauft. Der Käufer, ein alter Lehrer, hat sich die Mühe gemacht, die einzelnen Paniere durchzu gehen, wobei er eine große Anzahl heute sehr gesuchter Auto gramme von Racine, Corneille, Alfred de Müsset, Balzac und auch von einigen Ministerpräsidenten, so auch eines schon von —- F a 11 i e r e s, fand. Der alte Herr hat eine Sammlung der Autogramme zusammengestellt, die er dem nächst in Paris zu verkaufen gedenkt./ Bibliophilie. (Von der Berliner Universitätsbiblio thek.) Die Berliner Universitätsbibliothek hat. wie der neue Jahresbericht meldet, zwei wertvolle Bereicherungen erfahren. Der verstorbene Geheime Oberregierungsrat Professor Dr. H ii b 1 e r, der hervorragende Lehrer des Staats- und Kirchen rechtes an der Berliner Universität, hat seine reichhaltige Bibliothek kirchen- und verwaltungsrechtiichen Inhalts testa mentarisch der Universitätsbibliothek zugewendet. Ferner ist es nach langjährigen. Bemühungen geglückt, den literarisch künstlerischen Nachlaß des Berliner Sonntagsvercines »Tunnel über der Spree« mit Zustimmung der wenigen noch lebenden Mitglieder dieses Vereines für die Universität ausgeliefert zu erhalten. Der Senat der Universität hat sich damit einver standen erklärt, daß diese für die literarische und künstlerische Vergangenheit Berlins nicht unwichtigen Dokumente in der Universitätsbibliothek verbleiben. Welche Rolle der Verein einst im geistigen Leben Berlins gespielt hat, das ist ja aus Theodor Fontanes Selbstbiographie bekannt. (Eine wertvolle national-ökonomische Bücher Sammlung.) Aus Gießen wird gemeldet, daß die Bibliothek des im Februar d. J. verstorbenen National ökonomen Prof. Dr. Biermer, die eine ausgezeichnete Sammlung der gesamten älteren und neueren national-ökono mischen Literatur bildet, von dem bekannten hessischen Politiker Freiherrn Heyl zu Herrnsheim erworben und der Landesuniversität zum Geschenk gemacht worden ist. Herr von Heyl ist erst unlängst von der Gießener Juristischen Fakultät zum Ehrendoktor ernannt worden.