Seite 368 Internationale Sammler-Zeitung. Nr. 24 Die Sammlungen des Prinzen Eugen von Savoyen. Zur Nachfeier des 250. Geburtstages des Prinzen Eugen von Savoyen hielt der Regierungsrat im literarischen Bureau des Ministeriums des Aeußern in Wien, Jakob Edler v. W i n t e r ni t z, am 18. v. M. einen überaus interessanten Vortrag, in welchem er die Quali täten des Prinzen als Feldherr, als Staatsmann, als Kunstmäzen und auch als Sammler erörterte. Prinz Eugen, so sagte der Vortragende, hatte außer der Gunst des Hofes mancherlei Resourcen, sich das Leben angenehm zu machen. Er legte eine große Biblio thek an und setzte besonderen Wert in den Besitz von Ausgaben schöner und seltener Art. Einen besonderen Teil dieser Bibliothek bildete eine ausgedehnte, kost bare Sammlung von Handzeichnungen, Kupferstichen und Porträts. Die Käufe für diese Sammlung wurden durch Pierre Jean Mariette besorgt; dieser besorgte auch die prachtvollen Bronzen, die Eugen zur Aus schmückung seiner Paläste aus Paris kommen ließ. In Rom ließ der Prinz die Käufe von Kunstgegenständen durch den Abbate Silvio Valcnti Gonzaga, der später zum Kardinal und päpstlichen Staatssekretär ver rückte, ausführen. Viele, ja die meisten Kunstschätze Eugens sind in fremde Hände übergegangen und von Wien weggebracht worden. So geschah es mit jenen schönen Bildwerken — die pompejanischen Gewand statuen genannt die ersten, die in Herkulanum aus gegraben und Eugen von dem Prinzen Elboeuf zum Geschenke gemacht wurden. Sie wurden nach Eugens Tode von seiner Erbin nach Dresden verkauft. Nach Preußen wanderte von den Kunstschätzen Eugens jener betende Knabe, der in der Tiber gefunden und von Papst K 1 e m ens XI. dem Prinzen Eugen geschenkt worden war. Auch die Gemälde der Sammlungen Eugens, insbesondere vortreffliche Schlachtengemälde des Franzosen Parocel und des Niederländers Van Hugtenburg wurden in alle Welt verstreut. Eine besondere Vorliebe hatte Eugen für seltene Vögel. Aus Cadix bezog er sie durch den dortigen kaiserlichen Generalkonsul Vefmolen und sie wurden ihm durch Tiroler aus dem Oberinntal überbracht, welche der Handel mit Kanarienvögeln bis nach Spanien gezogen hatte. Von Raubvögeln liebte er Adler und Geier. Ein weißköpfiger Geier, den er seit dem Jahre 1706 im Belvedere hielt, starb daselbst erst 1824, nachdem er 117 Jahre in der Gefangenschaft gelebt hatte. Endlich sind noch die kostbaren Medaillen zu er wähnen, die in Eugens Sammlungen sich fanden, die meisten ihm zu Ehren und zur Erinnerung an irgend ein großes Ereignis geprägt. Sie wurden pietätlos von der einzigen Erbin des Prinzen, der Prinzessin V i k t o r i n e von Savoyen verkauft und zu Geld gemacht. Diese habgierige Frau ließ die schönsten Sachen aus den Palästen und Schlössern des Prinzen, die Statuen und Gemälde herausholen und verkaufen. Zum Glück rettete der Kaiser die Bibliothek des Prinzen. Sie bildet heute noch eine besondere Zierde der Wiener Hof bibliothek. ^07 Die Watteau-Bilder des deutschen Kaisers. Die alte Frage, ob die Berliner Bilder wirklich von Watteau sind, wird aufs neue erhoben. Der französische Schriftsteller Andre M a u r e 1 widmet ihr jetzt einen ganzen Band, »L'Fnseigne de Gersaint« (Paris, Haehette, 1913. mit Illustrationen), der jedenfalls das Verdienst hat, die Geschichte des angezweifelten Werkes und des Streites um die Echtheit kiar zu erzählen. Ein reiches Illustrationsmaterial gestattet dem Leser, der Beweisführung mit Verständnis zu folgen. Bekanntlich hängen im Salon der Kaiserin im Berliner Schloß zwei Bilder, die zusammen den Laden des Kunsthändlers Gersaint darstellen. Kurz vor seinem Tode hatte Watteau das Werk angefangen und in acht Tagen vollendet. Er kam aus England zurück und schlug Gersaint, seinem Freunde und Gönner vor, dessen offenen Laden auf der Brücke Notre-Dame zu malen. Man besitzt darüber eine Aufzeichnung Gersaints. Das Bild sollte als Geschäftsschild dienen und man nennt es daher »L.’Enseigne de Gersaint«. Bei seiner Größe von ungefähr drei Meter Länge auf nahezu zwei Meter Höhe muß rnan freilich annehmen, daß es als Deckengemälde gedacht war. Es gibt auch einen besonderen Streit darüber, ob das Wort »plafond«, das in den frühesten Zeugnissen vorkommt, ein tatsächliches Decken gemälde bezeichnet oder nur andeuten soll, daß das Bild in der breiten, großzügigen Manier gemalt war, die man bei Decken gemälden anwendet. Das Berliner Werk besteht heute aus zwei besonders eiu- gcrahmten Bildern. Man nimmt an. daß sic die beiden Hälften des ursprünglichen Gemäldes sind, daß ferner bei dieser Zer schneidung in zwei Stücke eine Verkürzung am rechten und eine Ergänzung am linken Rande notwendig waren, um jedem Bilde den Eindruck einer selbständigen Komposition zu verleihen. Neuere Restaurationen, besonders die im Jahre 1899 vorgenom mene »Neubeleinwandung« haben ebenfalls einige kleine Armie rungen herbeigeführt. Das Berliner Werk wird nun angezweifelt, weil kein Dokument über den Erwerb vorhanden ist und auch der Pariser Sammler Leon Michel-Lev y ein Bild besitzt, das dem linken Flügel in Berlin entspricht und in seiner Fraktur Watteaus Finsel verrät. Die Anhänger des Pariser Bildes erklären die beiden Berliner Gegenstücke für eine Replik oder eine Kopie. Auch Maurel neigt zu dieser Ansicht, Maurel hat im letzten Winter die Berliner Bilder einer sorgfältigen Prüfung unterworfen. Er hält sie für wundervoll, vermißt aber in ihnen den honigfarbenen Ton, der Watteaus Eigenheit war und den die Pariser Hälfte besitzt. Die Berliner Bilder haben einen Silber grauen Ton, während das im gleichen Salon hängende »Embarquement pour Cythere« von Watteau ganz in diesen Honigton getaucht ist. Watteau hat also nur ein einzigesmal eine solche Sinfonie in Grau gemalt. Das gibt zu denken. Man muß an Pater denken, der die Berliner Bilder als Kopie nach dem Original hergestellt haben könnte. Wenn es sich um eine Kopie handelt, kommt noch freilich ein anderer Künstler in Betracht. Er stellt die neue Hypothese auf, daß Pililippe Mercier der Urheber der Berliner Bilder sei. Mercier hat oft in der Manier Watteaus gemalt. Er ist 1689 in Berlin geboren und starb 1760 in England. Er nahm am eng lischen Hofe eine ähnliche Stellung ein, wie Pesne am preußi schen. Dokumente, welche beweisen, daß Mercier einen Auftrag erhielt oder aus eigenem Antrieb die Kopie machte, bringt Maurel nicht bei. Er zieht nur den allgemeinen Schluß, den Merciers geschickte Nachahmung der Watteauschen Manier ge stattet. Auch im Louvre hängt ein Bild von ihm, das lange für