Nr. 3 Internationale S a in m 1 e r - Z e i t u n g. Seite 37 wir auf zwei interessante Holzschnitte, von denen der eine die Kärntnertorbastei zur Zeit des Attentates, der andere die erste Ausfahrt des Kaisers zum Dankgottesdienste in die Stephans kirche am 12. März 1853 darstellt. Erwähnenswert sind ferner ein Plan von Wien zur Zeit des Attentates, bearbeitet vom königlich lithographischen Institut in Berlin, ein Plan von Wien nach dem Attentat mit der projektierten Votivkirche mit Impri matur des Zeichners Ludwig Zettel, ein Porträt des Leib arztes des Kaisers, Doktor Seeburger von Kriehuber, eine Lithographie des Leibchirurgen Josef von Wattmann von F. Eybel, die allerdings aus einer früheren Zeit (1830) herrührt, die Proklamation des Wiener Bürgermeisters Doktor Seilier vom 13. März 1853 und der Aufruf des Erzherzogs Maximilian, des nachmaligen Kaisers von Mexiko, zum »Bau einer entsprechenden Kirche«. Der Name »Votivkirche« ist erst später aufgekommen. Gedanken über die Graveurkunst. Vom kaiserlichen Rat Johann Schwerdtner (Wien). ich habe im Verlaufe von 50 Jahren oftmals Aufsätze in Zeitschriften und in Büchern gelesen, welche sich mit der Gravierung einer Medaillenstanze befaßten und einem größeren Kreise eine interessante Aufklärung zu geben trachteten. Alle diese - Bemühungen sind unklar und weit entfernt von der Wahrheit, weil sich der Ver fasser doch nur flüchtig an das Gesehene erinnert, daher sich oft von der Wahrheit entfernt. Seit die Kaiserin Maria Theresia die Graveur- Akademie in Wien gründete und der Medailleur N. Würth diese Schule leitete, ist ein System in die Arbeit des Graveurs und Medailleurs gebracht worden, welches sich bis heute erhalten hat und nur neue Findigkeiten aufnahm, welche die Zeit gebracht hatte mit ihren Fortschritten der Technik und ihren Neuerungen.* N. Würth hat seine Schüler geiehrt, es müsse von jeder Arbeit, ob es ein Kopf ist oder eine Allegorie mit Figuren, ein genaues Wachsmodell ange fertigt werden. Durch Ueberpausen wird die Zeichnung der Konturen auf die Stanze übertragen und mit Nadel und Stichei in feinen Linien fertiggcstellt. Von diesem Wachsmodell wird ein Gipsabdruck angefertigt, welcher, genau vertieft, anzeigt, wie die Stanze aussehen muß, welche nach diesem Abdruck graviert wird. Um die Tiefen festzustellen und zu übertragen, bedient man sich eines Tiefzirkels, eines primitiven Instruments, welches sich der Graveur selbst anfertigte, ein Stift er möglicht, alle Tiefen des Gips-Originals auf die Stahl stanze zu übertragen. Zum Ausheben der Vertiefungen bedient sich der Graveur der sogenannten Grabsticheln, welche dreierlei Formen der Spitze zeigen. Spitzstichel, Bohl- oder Rundstichel und Flachstichel. Dieselben sind in verschiedener Stärke und Breite auf der Bahn ange fertigt. Die Länge eines neuen Stichels beträgt mit dem Holzheft, welches beim Arbeiten in der hohlen Hand liegt, 10 Zentimeter. Mit Vorliebe bedient sich der gravierende Künstler länger gebrauchter, durch Ab schieden bereits kürzer gewordener Sticheln, wenn er es nicht vorzieht, dieselben schon als neu kürzer zu machen. Diese Sticheln werden auf der langen Bahn am Schleif stein nur abgezogen, während die schiefe Wand an der Spitze auf dem Schleifstein so lange geschliffen wird, bis die Schneide, auf dem Daumennagel probiert, dort hängen bleibt. Die Stanze ist entweder iri einer großen eisernen Kugel mit Spannvorrichtung eingespannt oder auf einem Kittstock in Kitt festgemacht, so daß der not wendige Widerstand gegenüber dem gravierenden Grabstichel hergestellt ist. * Unter der Regierung des Kaisers Maximilian I. und noch später hießen die Graveure, welche die Stanzen für Münzenprägung gravierten, Eisenschneider, Stempelschneider. Für besonders tiefe Teile, welche, beispielsweise bei einem Porträt, herausgehoben werden sollen, be dient sich der Graveur aus Stahlstangen hergestellter Meißel, welche länger sind als die Stichel und keine Hefte haben, sondern mit dem Hammer am Kopfe des Meißels geschlagen und zum Wegschlagen von größeren Stücken Metalls aus der Stanze benützt werden. Was der Bildhauer plastisch erzeugt, wird im Gegensätze zum Graveur in der Tiefe und verkehrt gemacht. Bei vorgeschrittener Arbeit werden Probeabdrucke während derselben mit einem leicht zu knetenden Wachs — ge wöhnlich in schwarzer Farbe — abgedruckt und so jeder Stich auf der Stanze vorbereitet und kontrolliert. Das Gravieren ist eine Phantasiearbeit, weil bei jedem Stich in die Tiefe die Wirkung vorausgesehen I werden muß. Jahrelange Uebung und Stärke der Hand muskeln und der Augen kann erst ein Kunstwerk ent stehen lassen. In eine Gravierung kann auch Geist ge bracht werden, wovon die Arbeiten namhafter Künstler Zeugnis geben. Die Lebendigkeit eines Kopfes, die Ana tomie einer schönen Figur, welche auch schönes, warmes Fleisch zeigen soll, hängt von dem Talent des Graveurs und der Handhabung seiner schwierigen Technik ab. Ist die Arbeit so weit gediehen, daß ein Abdruck in Zinn davon abgeschlagen werden kann, so kann noch einiges ausgeführt und verbessert werden, weil der Abdruck in Wachs während der Arbeit nicht so genau die fertige Arbeit zeigt als der Metallabschlag.* Nebenbei sei noch bemerkt, daß die Stichelarbeit allein eine Medaille nicht fertig macht, sondern das Schleifen der glatteren Flächen, das Fleisch, selbst die Haare werden mit zugespitzten Sternchen geschliffen, um die Weichheit der Formen zu erzielen. Die vor handenen Medaillen alter Meister geben den Beweis, daß wahre Künstler ersten Ranges unter den Graveuren ge wesen, deren Arbeiten für die Ewigkeit geschaffen sind. Irn Jahre 1854 hatte der Goldschmied Anton P i 11 n e r in Wien sich eine Prägeanstalt eingerichtet, in welcher er durch Aufstellung großer Pressen, größerer als der in der k. k. Münze befindlichen, und mit einem Radantrieb statt des Schwengels mit den großen Kugeln ausgestatteter, sich rnit dem Ausheben und Ein drücken von Graveur- und Medailleurarbeiten be schäftigte. Er wollte Medaillen prägen in der außer ordentlichsten Größe, die man im k. k. Münzamte nicht prägen konnte. Aus der Hand des Medailleurs Seiden, welcher sich für diese in Paris schon 20 Jahre vorher geübte Arbeit interessierte, entstand die große Radetzky-Medaille, an welcher ich auch beschäftigt war. >f Solche von Künstlern stammende Metallabdrücke in feinem Zinn sind in Sammlungen häufig zu finden. Auch derzeit werden diese Zinnabschläge noch immer angefertigt.