Seite 62 Internationale Sa m ni I e r - Z e i t u n g. Nr. 4 aus Anlaß des Regierungsjubiläums seitens Preußens geplant, über deren Ausgabe und Anordnung das preußische Staats ministerium Beschluß zu lassen hat. Es handelt sich hier um die Prägung einer am Bande zu tragenden Medaille für Staats beamte, Offiziere sowie für Personen, die zum preußischen Königshause in besonderen Beziehungen stehen. Philatelie. (Neue österreichische Briefmarken.) Die amtliche »Wiener Zeitung« vom 11. d. M. veröffentlichte fol gende Verordnung: Die zufolge der Verordnung des Handels ministeriums vom 28. Dezember 1907 ausgegebenen Bi iei- marken von 1 bis 35 li werden von nun an auf unbestri chene m Papiere hergestellt. Bei diesem Anlasse wird die Farbe der 6 //-Marken von gelb in h e 1 lb ra u n, die der 10 7t.- Marken von. weinrot in karminrot geändert. Die Brief marken zu 5 0 h werden aufgelassen und an ihrer Stelle Briefmarken zu 7 2 7t, mit dem Bilde der gegenwärtigen 50 7t- Marke (Kaiser Franz Josef I. in Marschallsuniform) in brauner Farbe ausgegeben. Die noch vorhandenen Bestände an Briefmarken von I bis 35 h auf gestrichenem Papiere und von 50 h werden vollständig aufgebraucht. (Ein »Briefmarkenaufruhr« in Rußland.) Eine interessante und für den russischen Volkscharakter charakteristische Revolution ist in den Zentralgouvernements Rußlands ausgebrochen. Die Revolution richtet sich gegen die neuen Briefmarken mit den Bildnissen der russischen Zaren, die aus Anlaß der Dreijahrhundertfeier des Hauses Ro manow eben in Verkehr gesetzt wurden. Die Postbeamten der genannten Gouvernements weigern sich, die neuen Marken zu stempeln, und zwar mit der Motivierung, daß cs ihren patrioti schen Gefühlen widerstrebe, die »geheiligten Bildnisse der Zaren« mit Druckerschwärze oder mit Farbe zu besudeln. Sie richteten Petitionen nach Petersburg, in denen sie ihren Ge fühlen schwungvollen Ausdruck verliehen und um Zurück ziehung der neuen Briefmarken baten. Den patriotischen Post beamten kamen einige Bischöfe zu Hilfe, die in Hirtenbriefen die »unerhörte Schmach« rügten und die Zurückziehung der Briefmarken forderten. Den Bischöfen kamen hierauf die echt- russischen Preßorgane zu Hilfe, die in alarmierenden Artikeln die Regierung beschuldigten, durch die neuen Briefmarken die Zarentreue des Russenvolkes tief verletzt und der »revolu tionären Hydra« neuen Mut eingeflößt zu haben. Ein Blatt er klärte sogar, daß es besser sei, Briefmarken mit dem Bildnis Leo Tolstois in Verkehr zu bringen. Man weiß noch nicht genau, ob die Regierung vor diesem Ansturm der vereinigten pseudo-patriotisch-byzantinischen Kräfte bereits kapituliert hat. Aber eine bemerkenswerte Tatsache fällt jetzt allgemein auf: in den Postämtern zu Petersburg und zu Moskau wurde der Verkauf der neuen Marken eingestellt; jedes Verlangen nach diesen Marken wird höflich zurückgewiesen mit der Erklärung, die alten müssen zuerst verkauft werden. Verschiedenes. (Die Iiara des Saitaphernes.) Vor mehr als zehn Jahren erregte in der wissenschaftlichen Welt die Kunde von einem antiken Goldschatz großes Aufsehen, den ein Anti quitätenhändler aus Odessa namens Hauchmann in der Gegend der alten Griechenstadt Albia in Südrußland aufge- deekt haben wollte. Die einzelnen Stücke davon wurden zu hohen Preisen an verschiedene große Museen verkauft. Das viel bewunderte Prachtstück dieses Schatzes, die »Tiara des Saitaphernes«, eine prachtvolle Kt'one, die einem alten Skythen könig gehört haben sollte, erwarb der Louvre in Paris um 200.000 Fi cs. Als verschiedene Gelehrte, darunter der frühere Münchener Archäologe Fartwiingler, Zweifel über die Echtheit der Tiara äußerten, erklärten noch immer andere Sachverständige das Werk für antike Arbeit, bis der Juwelier Rach umov ski in Odessa gestand, daß er die Tiara des Saitaphernes nach den Plänen und Angaben Hauchmanns selbst hergestellt habe, ohne jedoch zu wissen, daß damit eine Fälschung beabsichtigt sei. Der geistige Vater des Schwindels, auf den auch das Moskauer Museum hereingefallen, war also Hauchmann. Er hatte sich eigens zu diesem Zwecke mit dem alten Kunstgewerbe so eingehend beschäftigt, daß er sich auf die Mischung und Verwendung der einzelnen Metalle sowie auf alle Einzelheiten der alten Goldschmiede ausgezeichnet verstand. So entwarf er Zeichnungen und ließ danach von den geschicktesten Juwelieren die Fälschungen herstellen. Von dieser technischen Seite drohte ihm kaum ein Verhängnis. Aber Professor v. Stern, der Verdacht schöpfte, ging der Sache in Odessa nach und enthüllte die moderne Antiken fabrik. Vorher schon hatte die Tiara ihren antiken Nimbus eingebüßt durch die unbedachte Art, womit die Beulen und Düllen an den Metallflächen künstlich eingetrieben waren, die zum Verräter wurden. Hauch m a n n ist nun, wie die »Köln. Ztg.« meldet, jetzt nach einem langwierigen Prozeß zu einer Strafe von VA Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden, und seine Helferin J a n k o w s k a j a erhielt vier Monate Ge fängnis. Die Goldarbeiter, die nichts von der Schwindelabsicht wissen konnten, gingen frei aus. Museen. (Neue r w erbungen des Berliner Kunst- g e w e r b e m u s e u m s.) Die Sammlungen des Berliner Kunstgewerbemuseums erhielten soeben einige bemerkens werte Geschenke. Es sind Bronzemörser mit Naturabgüssen und Flütner-Plakettcn, Nürnberger Arbeiten der Jamnitz.er- "Werkstatt aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Ge heimer Kommerzienrat Eugen G u t m a n n stiftete dem Museum eine geschnittene Eisenschüssel italienischer Arbeit des 16. Jahrhunderts. Der Bibliothek des Kunstgewerbe museums schenkten Ullstein & Co. eine Sammlung von Photographien neuer Pariser Moden. Angekauft wurden von der Bibliothek Watteaus Entwürfe für die Dekorationen des Schlosses De la Meurthe. Vom Kunstmarkt. (Kunstauktion in Frankfurt a. M.) Die altbe kannte Firma Raab & Knapp, Antiquitätenhandlung in Frankfuit a. M., löst sich auf und läßt deshalb ihre reichen Bestände unter der Leitung des Münchener Kunsthändlers und gerichtl. vereideten Sachverständigen Hugo H e 1 b i n g am 3. März und den folgenden 'Lagen im Oberlichtsaale Katha rinenpforte 6/1 in Frankfurt a. M. versteigern. Der Kata log beginnt mit Steinzeug und Steingut. Unter den Fa y encc n befindet sich eine Palissischüssel, mehrere gute Rouenplatten, zwei hervorragende Pynackervasen, zahlreiche Delft und frän kische Erzeugnisse. Das Porzellan setzt sich aus vielen Geschirren und mehreren Figuren zusammen. Erwähnt sei be sonders ein Meißner Teeservice mit bunten Höroidchinoiserien um 1730—1740, eine Meißner Uhr, mehrere Höchster Gruppen, eine der bekannten Ludwigsburger Ziegenbockgruppen von Pustelli und aus derselben Fabrik ein frühes Tintenzeug von I rothe. Ein interessantes Stück ist die Liebesgruppe mit Vogelkäfig von Hannong in Straßburg. Auch ostasiati sche Vasen und Platten enthält die Kollektion. Dem sch ließt sich an: Glas, Zinn der verschiedensten Formen und Zeiten sowie Arbeiten in verschiedenem Metall. Unter den Bronzen ragen einige bedeutende französische Figuren des 18. Jahrhunderts hervor. Auch hübsche Standuhren und Girandolen des Louis XVI.-Direktoirc- und Empirestiles ver dienen besondere Beachtung. Eine sehr gute Arbeit ist das Augsburger Kanonenrohr von 1630. Aus Messing sind zahl- t eiche sechs- bis zwölfarmige Renaissanceluster gefertigt. Eine