Seit; 76 Internationale Sammler-Zeitung. Nr. 5 reichen Entwürfen, Plänen, Aufzeichnungen und dergleichen die Niederschrift des Demetriusfragments und die des »Wilhelm Teil«. Die Tellhandschrift ist jetzt nur noch in Bruchstücken vorhanden, da die Familie Schiller in einer unserem Empfinden unbegreiflichen Weise die Handschrift zerschnitten hat, und die einzelnen Verse an Autographensammler und Verehrer des Dichters zu verschenken pflegte. Noch um die Mitte der 1880er Jahre waren fast auf allen Autographenversteigerungen solche Zettel aus »Teil« für billiges Geld zu kaufen, heute sind sie nicht mehr zu finden, also wohl in den Besitz von Biblio theken und Museen übergegangen. Hat sich somit aus dem Manuskript des »Teil« wenigstens einiges erhalten, so sind die übrigen Manuskripte unauffindbar geworden. Es liegt nun ein Brief des ältesten Sohnes Schillers, Karl v. Schiller, vor. der die Frage nach dem Verbleib der Originalmanuskripte in einer sehr klaren Weise löst. Als sich beim Herannahen des hundertsten Geburtstages Schillers im ganzen deutschen Lande Vereine bildeten, die seinen Namen trugen, schrieb der Leip ziger Schillerverein an den damals in Lorch (Württemberg) lebenden Sohn Schillers und bat ihn, den Sammlungen des Ver eines ein Manuskript des Dichters zur Verfügung stellen zu wollen. Darauf erwiderte Karl v. Schiller, daß er zu seinem Bedauern nicht in der Lage sei, den Wunsch des Vereines zu erfüllen, da »der große Dichter« die Gewohnheit gehabt habe, seine Manuskripte sofort zu verbrennen, wenn eine Ab schrift davon genommen war. Der Grund hiefiir mag vielleicht in der Abneigung Schillers zu suchen sein, einen Einblick in die Art seines Schaffens und in die zahlreichen Aenderungen zu gewähren, die er vor der Vollendung seiner Werke an ihnen vornahm. Auch über den erhaltenen Handschriften Schillers hat ein eigenartiges Schicksal gewaltet. Auf die Zerstörung der Tellhandschrift ist schon hingewiesen worden, aber auch die Niederschrift der »Huldigung der Künste« ist verloren ge gangen. Schiller hatte sie der Großfürstin Marie Paulowna bei ihrem Einzug in Weimar geschenkt, und die Großfürstin, die spätere Großherzogin, die sie noch im späten Alter als höchsten Schatz aufbewahrte, hatte sie bei ihrem Tode der kaiserlichen Bibliothek in Petersburg überweisen lassen. Der Wille der Oroßherzogin wurde auch erfüllt, aber das kostbare Manuskript ist in Petersburg nicht mehr zu finden. (Autographen von Jean Paul.) Eine vollstän dige Ausgabe von Jean Pauls (Friedrich Richters) Briefen wird von Dr. Eduard Berend in München (Kufsteinerstr. 2) vorbereitet. Der Genannte bittet alle Besitzer von Jean Paul- Autographen (auch Briefen an und über den Dichter), ihm deren Vorhandensein anzuzeigen und sie ihm womöglich zur Einsichtnahme zu übersenden. Bibliophilie. (Eine unbekannte französische Inkunabel.) Vor einigen Tagen ist c’ie französische Nationalbibliothek in Paris durch den Erwerb des Breviariums des Bischofs Niko laus M a u g r a s von Uzes in den Besitz eines Buches gelangt, das zu den größten Seltenheiten der französischen Inkunabeln- litcratur gehört. Das Buch ist in Uzes selbst gedruckt und war bisher völlig verschollen, so daß der Fund berechtigtes Auf sehen in der bibliographischen Welt hervorruft. Bisher kannte man aus der Zeit von 1470, wo das erste französische Buch in Paris gedruckt wurde, bis 1500 nur 41 gedruckte Bücher, von denen sich 39 im Besitze der Nationalbibliothek befinden, während die beiden anderen, die in Perpignan und Narbonne gedruckt sind, in der Bibliothek Sainte-Genevieve an der Place de Pantheon in Paris, und in der öffentlichen Bibliothek in Nar bonne aufbewahrt werden. Nachdem sich durch das genannte Breviarium die Zahl der vor 1500 gedruckten französischen Bücher auf 42 erhöht, besitzt die Nationalblbliothek nunmehr deren 40. (Die musikhistorische Bibliothek in Manchester.) Die Stadt Manchester besitzt in ihrer musikhistorischen Bibliothek, einem Legat des Musikers und Sammlers Henry Watson, eines der wichtigsten musikali schen Archive. Laut Verfügung des Erblassers sollen, wie wir der »Neuen Zeitschrift für Musik« entnehmen, alle Werke und Partituren fortan den Mitgliedern musikalischer Gesellschaften, Musikforschern und Studenten auf Wunsch zugänglich gemacht werden. Eine der wichtigsten Neuerwerbungen der Musik bibliothek ist eine einzigartige Sammlung von ausschließlich englischen Kompositionen für Viola aus dem 16. und 17. Jahr hundert. In der Sammlung entdeckte man auch bisher unbe kannt gebliebene englische Volksmelodien, die von Shakespeare in seinen Werken mehrfach erwähnt werden. Bilder. (Ein Raffael aufgefunden?) In St. Peters burg soll im Privatbesitz ein Gemälde von Raffael, »Die heilige Familie« darstellend, aufgefunden worden sein. Die kaiserliche Eremitage besitzt ein damit übereinstimmendes Gemälde, und wie es in derartigen Fällen zu geschehen pflegt wird auch diesmal die neuaufgefundene Arbeit für das Original und die ältere für die Kopie erklärt. Das abschließende Urteil der Fachkundigen steht noch aus. Heraldik. (Das Wappen von S c jh 1 i e r s e e.) Prinzregent Ludwig von Bayern hat der Gemeinde Schliersee ein Wappen verliehen. Es zeigt in Blau auf goldenem Grunde sitzend einen Papst in silbernem Gewand, die rechte Hand segnend erhoben, in der linken ein blankes Schwert mit goldenem Griff haltend. Das Haupt ist mit einer mit drei goldenen Kronen umfaßten silbernen Tiara mit abfließenden Bänden bedeckt, über der Schulter hängt das mit schwarzen Kreuzen belegte silberne Pallium. Das W appen ist das Kapitel- sicgel des ehemaligen Kollegiatstiftes Schliersee aus dem 17. Jahrhundert. Der auf dem Wappen dargestellte Papst Sixtus II. ist Patron der ehemaligen Stifts- und jetzigen Pfarrkirche zu Schliersec. Numismatik. (Sammlung russischer Münze n.) Die Müuz- lirma Adolf Heß Nachfolger in Frankfurt a. M. bringt am 10. d. M. die Sammlung russischer Münzen des Grafen Iwan Iwanowitsch Tolstoi zur Versteigerung. Graf Tolstoi, geh. 1858 als Sprosse eines der ältesten russischen Adelsgeschlechter, ist seit seinem 12. Lebensjahre leidenschaftlicher Münzen sammler. Geweckt und genährt wurde diese Neigung durch seinen Erzieher Christian G i e 1, einen Deutschen, der durch Jahrzehnte als der beste Kenner der russischen Numismatik galt. Er war nicht nur die rechte Hand des Grafen Tolstoi, sondern auch die des Großfürsten Georg Michailowitsch bei der Herausgabe von dessen großem Werk über die Münzen Rußlands. Unter so sachkundiger Leitung konnte nicht fehlen, daß die hervorragende numismatische Begabung des jungen Grafen sich bald aufs glücklichste entwickelte. Wie sein Lehrer betätigte auch er sich bald als wissenschaftlicher Autor in zahl reichen kleinen Aufsätzen, später in größeren Arbeiten über die Münzen des Großfürstentums Kiew, die Münzen von Nowgorod und von Pskow. Gegenwärtig ist er mit dem Abschluß eines großangelegten Werkes über byzantinische Münzen beschäftigt. Die Hauptsache blieb dem Grafen aber immer die Sammlung russischer Münzen, die er beständig durch Ankäufe, manchmal von ganzen Sammlungen, wie des berühmten Kabinetts des Generals Schubert, der Kollektionen von D. Gau per, Ba ron Frederici, Josephowitsch, G u b e r t i, B r i c k- I i n, Gornung (Gepräge Peters des Großen) u. a. bereicherte. So gelang es ihm im Laufe von vierzig Jahren ein unschätzbares Material für die Münzkunde Rußlands zusammenzubringen, das heute selbst die russische Abteilung des Münzkabinetts der kaiser-