Seite 106 I n t e r 11 a t i o n a 1 e Sammler-Zeitung. Nr. 7 Hiermit konnten die jüdischen Volksgenossen einen Beitrag fiir den Stolz und den Hort der Nation und den Mittelpunkt ihrer religösen Gemeinschaft liefern. Auch als das gelobte Land römische Provinz wurde, bleibt diese Steuer als Aus druck der Volksgemeinschaft bestehen. Nun aber war ia zur Zeit Trajans das Heiligtum in klammen aufgegangen, die politische Einheit des Volkes zersprengt. So muß Dosarion seine Steuer an einen römischen Beamten zahlen, und der Empfänger ist der Jupiter Capitolinus am Tiber. Von gleichem Interesse für die Frühezeit des Christen tums ist die andere neuerworbene Berliner Scherbe. Sie hängt mit dem Edikt des Kaisers D e c i u s zusammen, jenes Roman tikers auf dem Throne, der im Jahre 250 eine Verehrung der römischen Götter im Polizeiwege erzwingen wollte. Da erhält Aurelia Charis folgende Bescheinigung ausgestellt: »An die Opferkommission. Immer schon habe ich ständig den herkömmlichen Pflichten gegen die Götter durch Opfer genügt: und soeben habe ich, dem kaiserlichen Edikt gehorsam, in eurer Gegenwart ein Trankopfer und ein Schlachtopfer ge bracht und vom Opferfleisch genossen und ersuche euch, mir das durch eure Unterschrift zu bescheinigen. Gehabt euch wohl.« Darunter hat der Schreiber der Opferkornmission ge schrieben : »Wir. Aurelius Serenus und Aurelius Hermas, haben dich opfern gesehen.« Und Hermas schreibt darunter: »Ich. Hermas, bescheinige dies. Jahr 1 des Imperator Decius.« Die Scherbe lehrt, daß wohl das Edikt des Kaisers sich gegen die Christen richten mochte, daß es aber nicht lauter abtrünnige Christen waren, die sich diese Urkunden ausstellen ließen. Vielmehr hatten alle Römer das Opfer zu leisten, ließ sich doch auch die Priesterin eines ägyptischen Gottes, die über den Verdacht des Christentums erhaben war, diese Be scheinigung ausstellen. Das Vorgehen des Decius und der Kaiser nach ihm war also mehr der Versuch einer zwangs weisen Belebung der alten Kulte als einer Unterdrückung der christlichen Religion. Die Bemühungen waren ohnmächtig. 61 Jahre später stellte das Edikt der Kaiser Galerius, Kon stantin, Licinius das Christentum gleichberechtigt neben die Staatsrcligion. Chronik. Autographen. (Ein Brief Friedrich Wilhelms III. von Preußen.) Wir lesen in der »Grazer Tagespost« (Nummer vom 27. März): »Einen Brief Friedrich Wilhelms III. von Preußen, des Gemahls der Königin Luise und Vaters Kaiser W i 1 h e 1 m s I, besitzt liier der gewesene Oberleutnant Herr Friedrich E i c h 1 e r, der bekannte Inhaber der Tanz lehranstalt in der Bürgergasse Nr. 5. Der Brief ist eines der wertvollsten Stücke aus der reichen Handschriftensammlung Friedrich Eichlers, Vorfahren des Besitzers haben in den Liitzowschen Freischaren gedient, von ihnen kam das Hand schreiben des Königs, der 1797 bis 1H40 regierte, in den Be sitz der Familie. Der Brief des Königs ist vom 23. März 1813 in Potsdam datiert, also in diesen Tagen hundert Jahre alt. Er ist in den Tagen der tiefsten Erniedrigung Deutschlands in Vorbereitung der großen, schließlich so siegreichen Abwehr bewegung gegen die Franzosenherrschaft, zehn Tage nach dem zu Breslau erlassenen berühmten Aufruf: An mein Volk! geschrieben, ln dem Handschreiben, das an den Prinzen August von Preußen gerichtet ist, wird dem Freikorps des »Majoren von Liitzow« die Bewilligung zur Errichtung einer kleinen Batterie (»zwei dreipfündige Canons und einer sieben- pfiindigen Haubitze«) erteilt. Die Rückseite des Briefes ent hält die handschriftlichen Züge des Prinzen August von Preußen, der auf der Rückseite des Schreibens am 30. März 1813 in Dresden einen Briet an den Oeneral von Blücher ent worfen hat, in dem er diesem die königliche Anordnung mit teilt. Gerade in diesem Jahre der Erinnerungsieiern an die große Zeit gewinnen diese Briefe gesteigerte Bedeutung.« Bibliophilie* (Illustrierte Bücher des 18. und 19. Jahr hunderts.) Die Versteigerung der Sammlung illustrierter Bücher des 18. und 19. Jahrhunderts bei Max Perl in Berlin fand unter reger Teilnahme statt und brachte fast durchweg annehmbare, vielfach sogar recht erhebliche Preise. So er zielte A r i o s t o s »Roland Furieux« 870 Mk., eine »Histoire generale d’Allemagne« von Barre le pere 1100 Mk., eine Bibel (Neues und Altes Testament) aus der Vulgate ins Französische übersetzt 450 Mk., »The musical entertainer, zwei Teile in einem Band (G. Bickbam), 360 Mk., Peuvres complettes de Crebillon (Crebillon pere) 660 Mk., Dorats »Les baisers« 1050 Mk. und »Fables nouvelles« 910 Mk., Fenelon (»Les aventures de Telernaque) kam auf 700 Mk., Lafontaine (»Contes et nouvelles en vers«) auf 1700 Mk., ein zweiter Band auf 1620 Mk., Lavater (»Essai sur la Physiognomie«) auf 1150 Mk., Sergent (»Portraits des Grands Hommes« ...) auf 2000 Mk., Vade (»Denvres poissardes...«) auf 2500 Mk. und Louis Legrand (»Cours de danse fin de siecle«) auf 800 Mk. — Gleich günstige Ergebnisse brachte die Versteigerung von Original radierungen, von denen wir erwähnen: Muirhead Bone »Demolition of the James’ Hall Exterior« ging für 620 Mk. fort, Fr. de Goya »Caprichos inventadoS...« für 1650 Mk.. Otto Greiner »Mutter Erde« für 810 Mk., »Die Hexenschule« fiir 600 Mk., Max Klingers Selbstbildnis für 760 Mk., »Sommer nachmittag« für 610 Mk„ »Ein Schritt« für 910 Mk., »Eine Mutter« I und II für 900 Mk., bezw. 840 Mk., »Opus XIII. Vom Tode« für 2450 Mk. und »Die Pest« fiir 770 Mk. Bilder. (Ein vergessener »W a 1 d m ü 11 e r«.) Der Direktor der Galerie M i e t h k e in Wien, Dozent Dr. Haber feld, hat eines der schönsten Waldmüiler-Bilder in der Normandie entdeckt und fiir die von ihm geleitete Galerie er worben. Es handelt sich um das »Famiiiengemälde« betitelte Bild, das der Künstler 1835 gemalt hat. Die aus Vater, Mutter und Töchterchen bestehende Familie ist auf der Steinterrasse eines Landhauses dargestellt. Der Vater ist ein schon älterer Herr in schwarzer Biedermeierkleidung mit einem wunderbar charakterisierten Kopf. Er sitzt auf der Bank, hält das an ihn sich schmiegende Töchterchen umfaßt und reicht die Hand seiner neben ihm stehenden Gattin. Das kleine Mädchen, eine der lieblichsten Schöpfungen in der Galerie Waldmüllerscher Kinderbildnisse, trägt ein weißes, mit hellgelben Bändern ge putztes Mullkleidchen, weiße Strümpfe und schwarze, absatz lose Seidenschuhe; ihr feines Gesichtchen ist von braunen Locken umrahmt. Die noch jugendliche Mutter hat sich am festlichsten gekleidet, nämlich in ein reich gefälteltes Gewand aus schwerem, silbergrauem Atlasstoff, der überaus reizvoll mit einem zart ornamentierten roten Kaschmirtuch kon trastiert, das sie in weichen Falten an ihrer schlanken Figur niederfallen läßt. Der anmutige Kopf trägt eine schwarze Lockenfrisur, in der weiße Kamelien stecken. Die Balustrade ist mit einer barock ausladenden Vase geschmückt und wird