Nr. 9 Internationale Sammler-Zeitung. Seite 131 eifrige Pflege, verständnisvolle Restaurierungen des Palastinnern und der Gemäldeschätze bewahren diese rechtzeitig vor dem Verfall, und alle die durch die Tra ditionen seines Geschlechtes schon selbstverständliche liebevolle Sorgfalt des Fiirst-Großpriors gegenüber dem übernommenen künstlerischen Ordenserbe hat in dem zu Prag residierenden infulierten Prior und Komthur des Ordens Fra Josef Hammerschmied ein mit gleich verständnisvoller Liebe wachendes ausführendes Organ. Und nun zur Sammlung selbst. Das rechts von der Kirche liegende Hauptportal des üroßprioratspalastes, das für gewöhnlich verschlossen ist, läßt den dort ein tretenden Besucher an der festlichen, in drei Wendungen aufsteigenden Prunktreppe vorbei zunächst in einen Hof gelangen, wo im Frdgeschoß die ersten geschichtlichen Reliquien des Ordens sich der Betrachtung darbieten. Fs sind alte, patinaüberzogene Bronzekanonen, die einst die von Rhodos abziehenden Ritter ins Meer versenkten, um sie den Ungläubigen nicht ausliefern zu müssen. Dort haben sie die Jahrhunderte hindurch ge ruht, bis der Großmeister Fürst Lichnowsky sie durch Taucher wieder aus der salzigen Tiefe herauf holen ließ. Noch tragen sie die Steinkruste, die da am Meeresgrund sich angesintert hat. Neben ihnen stehen Kanonen von Malta; cs sind bereits Hinterlader und sie weisen sehr schöne Bronzereliefs auf, so daß sie auch den Kunstfreund interessieren können. (In den anstoßen den Räumen ist, wie bei dieser Gelegenheit für Jagd liebhaber vermerkt sei, eine nach vielen Hunderten von Stücken zählende Geweihsammlung untergebracht, die der vorletzte Großprior Graf Guido von T h u n- Hohenstein aus eigenen Jagdtrophäen zusammen stellte.) Zurück zur Treppe und diese hinan, wobei den schönen, mit geistreichster Schalkhaftigkeit gestalteten überlebensgroßen Putten von der Hand des berühmten böhmischen Bildhauers Matthias Braun ein Blick ge schenkt sei, kommt man durch einen Vorraum in den imposanten Kapitelsaal. Schon der Vorraum ist mit recht merkwürdigen Gemälden geschmückt. Vier roh gepinselte Porträts von typisch südlich-barbarischem Gesichtsausdruck und in türkischer Phantasietracht weisen sich durch die Unterschrift als der albanische Held Skanderbeg, als Urvater T schec h, unter dessen Führung der Sage nach die Tschechen nach Böhmen gelangten, endlich Przemysl und Li- b u s s a aus. Ueber den Ursprung dieser sonderbaren Bilder ohne Kunstwert ist nichts bekannt, doch ist ihr hohes Alter verbürgt. Im gleichen Vorraum findet sich auch eine Serie von Darstellungen aus der Ordens legende, die von der Gefangenschaft und Befreiung dreier Ordensritter erzählt. Der Kapitelsaal gehört gewiß zu den eindrucks vollsten Innenräumen des frühen Rokoko. Mit seinen kardinalroten Tapeten und Möbelbezügen, dem sorg fältigen Schnitzwerk der Spiegelumrahmungen, Leuchter konsolen und Spiegeltische, den hochlehnigen, wappen geschmückten Rittersesseln, den glitzernden veneziani schen Glaslustern nud zarten weißen Stuckdecke bildet er ein ganz einheitliches Kunstwerk vergangener Innendekoration, das, zumal nach den verständnis vollen Restaurierungen unter dem gegenwärtigen Groß prior und Prior neben die besten Stilbeispiele gestellt zu werden verdient. Fine für diese Reize blinde Zeit hatte einst die Lambris und Türen hier und in den übrigen Räumen weiß lackiert, jetzt ist der Lack ent fernt und die schöne eingelegte Arbeit aus amerikani schem Nußbaumholz leuchtet wieder in dunkler Ge diegenheit unter dem Gold der geschnitzten Ornamentik. Den Hauptschmuck des Raumes bilden — außer dem großen, innen mit Delfter Kacheln ausgelegten Marmor kamin drei, je die ganze Wand überspannende Gobelins mit Darstellungen einer Jagd, einer Weinlese und eines Bades im üblichen mythologisch-barocken Zwitterkostüm. Auch das anstoßende Zimmer weist noch drei solche vortrefflich erhaltene Gobelins auf, von denen namentlich die Darstellung einer höfischen Schlittenfahrt durch die in der Gobelintechnik nicht leicht zu treffende Stimmung der blassen Schneeland schaft hervorragt. Alle sechs Gobelins dürften Werke desselben Meisters Jan van den Heck (um 1750) sein, dessen Name auf einem der Teppiche einge webt ist. Eine Fülle geschichtlicher Erinnerungen spricht aus den Gemälden der anstoßenden, sogenannten Residenz zimmer, zu dem Beschauer. Immer weiter steigen wir in die Vergangenheit zurück. Die Bildnisse der ge wesenen Großmeister und Großpriore blicken hier bald in der schmucklosen schwarzen Profeßtracht, bald im prächtigen Ordensritterhabit aus den Rahmen. Da ist der schon genannte Fürst Lichnowsky, da ist vor allem ein Unikum: ein Porträt Kaiser Franz Josefs, das ihn, geschmückt mit den Insignien des Ordens, dessen Großkreuz er besitzt, darstellt. Ein alter Stich zeigt einen anderen Monarchen als Großmeister des Ordens: den russischen Kaiser Paul I., der es de facto —- wie oben erzählt - nie gewesen ist. Hier sieht man weiter — neben dem wenig interessanten Großmeister G e s c h i die Männer von Malta, den Prinzen Roha n, und den tapferen Manuel de Villhenna (1722 bis 1796), dem der Papst einen mit der Markustaube geschmückten Hut verlieh, den das Gemälde mit abbildet und der erst kürzlich aus dem Besitz des Prager Großpriorats in das zu Rom angelegte kleine Museum des Ordens über tragen wurde. Nach Böhmen zurück führt das charak teristische Bildnis des Matthias Leopold von L o b k u- w i c, jenes Kavaliers, den anno 1618 nur sein Alter und sein grauer Kopf vor dem Schicksal des historischen Fenstersturzes aus der Hradschiner Burg bewahrte. Auch der berühmte Verteidiger Maltas, Jean Parisot de la Valette (1537 bis 1568) erscheint im Bilde. Und nun schließen sich zahlreiche Seeschlachtenbilder und Darstellungen von Türken- und Maltcserschiffen, ferner eine ganze Reihe von Planansichten der Malteser festungen an. Da ist Gerard, der Ordensstifter, als Held einer Reihe von Ordenslegenden, da Raymund du P u y, der erste Ordensritter, da Hugo, der Spital- meister in Genua, da Ritter Gozon mit seinem Drachen. Die blutige Seeschlacht vom 8. Oktober 1700, die Galeere des Grafen T rauthson anno 1724, viele kleinere Seeschlachten :von 1709, 1714, 1721, 1723 und 1729, auf denen immer wieder die Flagge der Johanniter, das weiße Balkenkreuz im roten Felde, stolz im Winde gebläht erscheint, haben Maler mit mehr oder weniger Glück zu Darstellungen begeistert. Keines dieser Ge mälde weckt die Neugier nach dem Meister, ebenso wenig wie die aus der Vogelperspektive gemalten An sichten von Malta, von Coegale, von Maestrale, von Libeggi oder die Landschaft an der Levante. Ein aus der Reihe fallendes Bild niederländischer Provenienz stellt das Gleichnis von den sieben klugen und den sieben törichten Jungfrauen in sehr drollig wirkendem Zeit- gewande aus dem 16. Jahrhunderte dar. Um in den zweiten Trakt des weitläufigen Groß prioratspalastes zu gelangen, in dem eine ganz andere Gattung von Bildern sich vorfinden wird, muß man die Kirche passieren. Ueber diese alte, trotz vielfacher Restaurierungen noch sehr interessante gotische Kirche 1 ist hier nicht der Ort zu sprechen, Nur auf drei Kunst-