Nr. 11 Seite 163 Internationale Sammler- Zeitung. sein? Eine auch nur oberflächliche Umschau unter den Werken des Meisters wird uns darüber die erwünschte Auskunft geben. Da stoßen wir gleich in der Kaiserlichen Gemäldesammlung in Wien auf das große Ambrosius bild (um 1619) und bemerken auf demselben (siehe die Abb. Fig. 2) zu unserer großen Ueberraschung, unsere beiden Köpfe des angeblichen Modellbildes in fast ge treuer und genauer Wiedergabe, so daß sich uns auf den ersten Blick der Gedanke aufdrängt, das wäre ja das Pubenssche Original, nach welchem unser Pergament bild, sei es als Studie, sei es zur Uebung oder aus be sonderem Interesse gerade für diese Köpfe, kopiert wurde. Aber nur auf den ersten Blick und im ersten Moment, denn bei genauerer nachdenklicher Betrachtung werden gleich in uns manche Zweifel rege, viele Argumente scheinen dagegen zu sprechen, so der Umstand der Transponierung von Pinsel und Oel in Pastell, die Wahl ] des Malgrundes, die freie Ergänzung der im Original durch den Rücken des Kaisers verdeckten Büste, endlich die Erwägung, daß es in diesem Bilde bloß untergeord nete, eine Statistenrolle spielende, daher im Hintergründe staffelförmig angebrachte Köpfe sind, die unsere Aufmerk samkeit nicht in dem Maße auf sich zu lenken vermögen, um deren Herausgreifen zu einer selbständigen Schöpfung rechtfertigen zu können. Alles dieses müßte einen einsichtsvollen, unvorein genommenen und geduldigen Beobachter zu der IJcber- zeugung führen, daß es miit dem Bilde eine eigene, rätsel hafte Bewandtnis haben müsse, daß es unmöglich Fig- 1. eine Kopie nach dem Ambrosiusbildc sein könne, zumal, wenn er in Betracht zöge, daß außer in diesem unsere beiden Typen noch in Hunderten von anderen Bildern des Meisters in verschiedenen Varianten, und zwar von den ersten Anfangsstadien seines Schaffens bis zu seinem Tode Vorkommen. Damit wäre aber noch immer kein absoluter, jeden Widerstreit ausschließender Beweis hergestellt, und dem Nörgeln, Kritteln, Anzweifeln und einfachen Abweisen wäre noch immer Tür und Tor angelweit offen gelassen, wie man denn an unserem Pergamentbilde so oft gleich- giltig vorbeigegangen sein dürfte. Fig. 2. Nichts ist in der kunstgeschichtlichen Forschung schwerer und nichts kommt seltener vor, als ungläubige Thomasse, die noch so überzeugenden Beweisargumenten ihr starres Nein entgegenhalten, zu bekehren. Vielleicht glückt es in diesem Palle. Ein eingehendes Studium der Zeichnung an beiden Bildern muß jeden Zweifel ver stummen machen. Es ist eine Linie, die einwärts gebogene Kurve des Nackens des im Vordergründe stehenden Kriegers, die die Tatsache sozusagen körperlich vor Augen führt, daß unser Pastell nicht nach dem Ambrosiusbilde kopiert wurde, sondern daß es vielmehr dem Ambrosiusbilde als Vorlage, als Modell gedient hat, daher das ursprüngliche ist. Ich habe bereits erwähnt, daß die Rubens-Schüler die ihnen vorgelegten Modcllbilder getreulich wider geben mußten, wie sie sich auch sonst nicht getraut haben würden, Korrekturen oder Abweichungen an des Meisters eigenhändigen Vorlage vorzunehmen. WenrijWir nun die zwei uns hier interessierenden Typen im Ambrosiusbild genau ansehen — und die Photo graphie leistet uns dabei vorzügliche Dienste — so werden wir finden, daß die Linien des Nackens an beiden Köpfen des Kriegers divergieren; während diejenige unseres Pastellbildes, das wir als M o d e 11 b i 1 d reklamieren, derart scharf einwärts gebogen ist, daß,' wo sie sich unter dem Halsringe der Rüstung verliert, dieser noch etwa einen Zoll weit über den Nacken hcraus- ragt, ist diese Nackenlinie am Ambrosiusbilde derarl nach außen g e s c h we i f t, daß sie mit jenem Ringe in einer Höhe zu stehen kommt.