Nr. 11 Seite 167 Internationale Sammler-Zeitung. gatten, den'bekannten vorsätzlichen Todtschlag. Er ist nun nach eigenem Geständnisse seiner schändlichen Mordsucht nach den bestehenden Gesetzen aus der menschlichen Gesellschaft hinausgestoßen; zum ab schreckenden Beyspiele durch den Strang von diesem Leben in das andere ‘befördert, und der Menschheit un schädlich gemacht worden. Welch ein zurück,schrecken- der Anblick! Ein Mensch nach dem Ebcnbilde Gottes, wie wir, vernünftiges Wesen, konnte sich so vergessen, und ein Mörder isoines Mitmenschen werden, um sein Leben so sträflich am Schandholze enden zu müssen. Es ist wahr, wird vielleicht Mancher hier denken, es ist ein schändliches, Menschen entehrendes Verbrechen, allein e [ s hat schon so sollen seyn, denn was einem a-uferlegt ist, dem entgeht man nicht. Solche und dergleichen Reden führen selbst jene, die aus eigener Schuld die Folgen verübter Schandtaten büßen müssen. Gott, sagen sie, hat doch alles vorher gesehen, was einem Jeden begegnen soll, und was er vor her gesehen hat, muß doch geschehen, weil er es und wie er es vorher gesehen hat. Dieses sträfliche Vorurteil ist bloß aus falschen Be griffen von Gott und seiner Vorsehung entstanden, näm lich aus der Vermengung der Begriffe, etwas vorher sehen und etwas vorher bestimmen. Beydc Begriffe be zeichnen aber etwas ganz Verschiedenes. Etwas vorher sehen, heißt nämlich, bloß wissen, was geschehen oder aus dem Verhalten (dieser und jener Menschen, in diesen und jenen Umständen erfolgen wird; etwas vorher be stimmen aber heißt hier, cs veranstalten, daß dieses ge schehen muß, oder daß diese und jene so handeln müssen. Gott sicht es freylich vorher, und bey seyner Allwissen heit kann er cs auch vorher sehen, wie es uns in unserem Leben gehen wird, weil er es auch weiß und vorher sieht, wie wir uns in diesen und jenen Umständen verhalten, und was wir zu unserem Glück und Unglück mit wirkend beytragen werden; aber deßwegen ist das, was er vorher sieht, von ihm uns nicht bestimmt und auf erlegt, weil er unser Verhalten, von welchem unser Glück und Unglück abhängt, in allen Umständen ganz unserem Willen überläßt und überlassen muß, wenn er die Grundlagen unserer Natur, das, was uns eigentlich zu Menschen macht, die Vernunft und Freyheit des Willens, nicht selbst zerstören, und mit ihnen alle Zurechnung und Sittlichkeit nicht ganz rufheben will. Von diesem Vorurteile, welches ich bey dieser Ge legenheit nur kurz fassend widerlegen konnte, war der vor uns hangende nicht geblendet. Er erkannte gleich nach verübter Mordtat sein Verbrechen, ging selbst dem Gefängnisse und der strafenden Gerechtigkeit ent gegen; bath selbst um Verüaftnehmung und gerichtliche Untersuchung seines sträflichen Vergehens, wobey er niemanden als sich selbst anklagte, und sich selbst die Schuld zuschrieb, seinen Dienstkameraden aus schon lang in sich genährter Rache, ermordet zu haben. Sein innerer Richter, das Gewissen, verurteilte ihn früher zur ver dienten Strafe, als das bestehende Gesetz des Staates. Höhlet mir, ich bitte euch, sagte er zum Wächter seines Gefängnisses, den Seelsorger, damit ich vor ihm an Gottesstatt, mein großes Verbrechen bekenne lind be reue, damit ich durch Bußthränen meinen so schwer be leidigten Gott aussöhne; denn, idh bin ein Mörder, und habe den gesetzlichen Tod verdient. Ja, ich war dann, als mir gerichtlich der freye Zutritt nach seiner gänz lichen Verhörung bekannt gemacht wurde, Zeuge -seiner Bekehrung, seiner Seufzer und reumüthigen Bußthränen, die er in seinem Gefängnisse vergoß, bevor er noch öffentlich -sein Todesur-theil vernahm. Nachdom er aber nach vorgeles-enem Todesurtheil an seiner Hinrichtung gar nicht mehr zweifeln konnte, so bath er mich auf seinen Knieen mit zitternden Händen, mit schwacher Stimme eines Sterbenden, inm eine Bitte nicht zu ver sagen. Ich bin Vater, sprach er, von vier unmündigen Kindern, ach dieses BewuDtseyn ist mir schwerer, als die Ketten, die ich trage, angstvoller, als die Todesart, die meiner wartet; diese, ach diese Unglücklichen machen mir das Sterben schwer! Ich kann sic nicht mehr sehen, und darf sie, wie ein sterbender Vater seine Kinder am Sterbebette das letzte Mahl segnet, mit meiner verruchten Mörderhand nicht segnen! Sie weinen aber nicht Thränen des Dankes für mich, sondern, wie ich es verdient habe, Thränen der Schande und des Unwillens über mich, ihren Vater am Schandholze als Verbrecher sterben zu wissen. O ich bitte Sie, sprach er weiter, be ruhigen Sie sie, und sagen Sie -ihnen meine von Herzen gut gemeinte Le-hre, die ich ihnen -aus eigener Erfahrung um so nachdrücklicher sagen kann: daß sic Gottesfürchtig und Nächstenliebend wandeln; daß sie durch ihre gute Aufführung die Schande ihres Vaters vergessen machen sollen! Auch an alle Bewohner Mödlings, wo er das große Aergerniß gab, als auch an all jene, die Zeugen und Zu schauer seiner Hinrichtung sind, hat er eine Bitte, daß ihr ihm vergebet, verzeihet, und für seine -arme Seele, die Gott richtet, bet-het. Er hat diesen schimpflichen Tod standhaft vollendet, er starb nicht wie ein unbußfertiger Brudermörder Kain, nicht wie ein verzweifelnder Selbstmörder Judas, sondern wie ein reuimüthiger Missothäter, nach dem Beyspi-el-e des an der Seite des unschuldig sterbenden Jesus, hangen den Schächers, -deßwegen hoffen wir alle, daß Gott seiner armen Seele gnädig und barmherzig sey. Erhebet nun alle zu,m letzten Mahl eure Augen an den den entseelten, am Schandholze hangenden Mörder; -er hängt -da, nicht bloß der Strafgercchtigkeit wegen, son dern auch der Menschheit zum warnenden Beyspiele, das Gebot-h Gottes sowohl als auch die bürgerlichen Ge setze, wodurch -die -menschliche Gesellschaft Schutz und Sicherheit erhält, nicht leichtsinnig zu übertreten. Lerne hier Jeder, den oft seine Leidenschaft und Begierden übermannen, sie in ihrer Entstehung zu unterdrücken, da mit ihn keine zu späte Reue treffe, kein Ach und Weihe zu Grabe begleite. Denn wie glücklich ist der, welcher seine Begierden mäßigen und beherrschen kann, und Herr über sich selbst, dadurch erst verdient und behauptet er den hohen Rang über alle sichtbaren Geschöpfe. Aber besonders w-ende ich mich an euch, christliche Aclt-ern, denen dii-e geistliche und leibliche Wohlfahrt eurer Kinder am Herzen liegt, und bitte euch, eure Kinder mit Worten und Beyspielen von der -ersten Jugend an, die Gcbothe Gottes halten zu lehren, wenn ihr nicht an ihnen Spott und Schande, Kummer -und B-etrübniß erleben, und einst vor dem Abrichter für selbe verantwortlich er scheinen wolltet. Widersteht ihren Begierden, wenn sie auf unerlaubte oder -schändliche Dinge gerichtet sind, alle zeit, und machet ihnen, wenn sie ihre Vernunft ge brauchen können, darüber Vorstellungen, damit sie bey Zeiten nach -Gründen handeln lernen. Aber auch dann zu weilen, wenn sie etwas an sich Unschädliches begehren, schlaget ihnen ihre Bitte ab, nöthiget sie auch zu dem, wo zu sic keine Lust bezeigen und kehret euch nicht an ihr Bitten, Weinen oder Trotzen. Sie werden dadurch lernen, ihren Begierden zu widerstehen, d-cr Vernunft, welche in reifem Jahren die Stelle der Aelt-ern vertreten muß, zu folgen und sich selbst zu beherrschen. Ehe wir -aber diesen Richtplatz verlassen, wo w-ir itzt den entseelten Hängenden nach der Gerechtigkeit der Gesetze sterben sahen, aber doch reiumüth-ig sterben Sahen, so verabscheuen wir zwar sein Verbrechen, aber