Ni. 12 Internationale S a m m l e r - Z e i t u n g. Seite 185 Adresse schrieb, kam der Brief mit dem Vermerk zurück, daß ein Adressat und eine Straße dieses Namens in St. Pölten u n- bekannt seien. Mich frappierten diese Mitteilungen, da merkwürdiger weise der Mann, von dem ich die Silhouetten kaufte, auch als Installateur auftrat und sich ganz so benahm, wie der, dessen Bekanntschaft Herr Linde machte. Nur daß er mir gegenüber Baden als Wohnort bezeichnete. Er gab rnir auch eine Adresse an, von der ich aber keinen Gebrauch machte. Meine Stücke waren in alten, ramponierten Rähmchen unter Qlas, rückwärts befand sich ein dickes Papier über den Bildern und dieses war mit Siegellack befestigt. Das Qlas war auch innen sowie die Bilder selbst sehr verstaubt, so daß es den Eindruck erweckte, als wären die Bilder schon lange Zeit auf einem staubigen Ort, etwa Bodenraum, gelegen. Ich ließ die Rahmen etwas auffrischen. Der Rahmenerzeuger, der dies be sorgte, teilte mir mit, daß er viel altes Siegellack entfernen mußte und daß Gläser und Bilder sehr verstaubt waren. Charakteristisch scheint mir die Art des Vertriebes der Silhouetten durch allem Anscheine nach eine und dieselbe Person. Der Mann erkundigt sich vorerst in einem Orte nach Personen, die Interesse für Antiquitäten etc. haben; er besucht das ausgeforschte Opfer und bringt Silhouetten von Persön lichkeiten, die sich in dem Orte einst aufhielten. Es ist dies ein Trick, der eine gewisse Kenntnis der Psychologie des Sammlers verrät. Dieser ist angenehm überrascht, daß ihm ein Gegenstand, der ihn interessiert, angeboten wird und ist um so mehr zum Kaufe geneigt, als der Verkäufer in bezug auf den Preis mit sich reden läßt. Er verlangte für die beiden Silhouetten 12 Kronen, überließ sie mir aber, als ich ihm die Hälfte gab. Der Verkäufer spielt den Unwissenden, er tut so, als wüßte er nicht recht, um was es sich handle, nur die Auf schrift auf dem Bilde, in meinem Falle Mödling, im Falle des Herrn Apothekers Linde, Melk, habe ihn veranlaßt, nach dem Orte zu gehen und sich zu erkundigen, ob jemand sich dafür interessiere. iNebenbei läßt er noch einfließen, daß er noch andere Sachen habe, er wohne da und da. Der Käufer freut sich über den glücklichen Erwerb eines so raren Stückes und der Verkäufer ist, trotz des Versprechens, nochmals vorzusprechen, auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Es scheint eine Erzeu gungsstätte von derartigen Silhouetten zu bestehen, indes der schlichte Jüngling der Verkäufer ist, der von Ort zu Ort wandert. Zur Verantwortung ziehen kann man ihn eigentlich auch nicht, denn er sagt ausdrücklich, daß er von der Sache gar nichts versteht, das heißt, er garantiert nicht, ob die Sil houetten echt sind, woran der Käufer aber gar nicht denkt und wonach er auch nicht fragt.« Neuerwerbungen der Berliner königlichen Museen. Unter den Neuerwerbungen der Berliner königlichen Museen, die in dem soeben zur Ausgabe gelangten Juni-Heft der »Amtlichen Berichte aus den königl. Kunstsammlungen« be- kanntgegeben werden, befindet sich, wie Geheimrat V. Bode berichtet, in der Abteilung der italienischen Renais- sance-Biild werke eine fast halblebensgroße Tonstatuette einer Madonna, ein Geschenk des Proiesors Elia Vo 1 p i. Die Madonna erweist sich durch das nackte Kind auf ihrem Schoß als ein Werk des sogenannten »Meisters der unartigen Kinder«. Die Berliner königlichen Museen besitzen die größte Anzahl der Arbeiten dieses originellen Meisters, dessen Figuren nach Typus, derbem Bau und realistischer Auffassung stets unver kennbar sind. Durch diese Madonuenstatuette wird die Streit frage, ob diese so cinquecentistisch anmutenden Werke wirklich noch ganz dem Quattrocento zuzuschrciben sind, geklärt: nach Haltung und Gewandung gehört die Maria vollständig dieser Zeit an, so daß die Tätigkeit des Künstlers ungefähr in das dritte Viertel des Quattrocento zu setzen ist. Die Sammlung italienischer iRronzestatuct- ten erhielt eine bemerkenswerte Bereicherung durch die von Herrn Charles Fairfax Murray gestiftete Neptun-Bronze statuette Giacopo Sansovinos. Wir haben es hier wahr scheinlich mit einer Skizze für die Kolossalfigur der Marmor statue des Neptun an der Scala dei Giganti zu tun. Den 1913 erworbenen kleineren italienischen Stuckreliefs, die wahrscheinlich über deutsche Holz- oder Bronzeoriginale hergestellt wurden, reiht sich als Geschenk von S. Augusto Yandalo in Rom ein weiteres kleines Relief der Madonna auf der Mondsichel an. In die Gemäldegalerie des Kaiser Friedrich- Museums gelangte, wie M. J. F riedländer berichtet, als Geschenk des Herrn M. van G e 1 d e r ein Bildnis Gillis de Srnidts von der Hand des Adriaen Thomasz Key (tätig um 1558 bis 1589), der mit beglaubigten Bildnissen in Wien und Brüssel ver treten ist. Geheimrat Schuchhardt berichtet über die für die vorgeschichtliche Abteilung erworbenen etwa 30 steinzeitlichen Tongefäße, die bei einem Kiesgrubenbetrieb bei Butzow bei Brandenburg zutage gefördert wurden. Die Gefäße gehören nach der vorherrschenden Form des weiten, sich nach unten stark verjüngenden Schoppens und dem breiten Bandhenkel dem so genannten »Bernburger Typus« an, während dieser jedoch viel fach ohne Dekor ist, zeigen die Butzower Gefäße in ihren Orna menten eine große Fülle hübscher Flecht- und Webemotive, ähnlich der sogenannten Megalithkeramik, der die Gefäße aus den Steingräbern Nordwestdeutschlands angehören. Auch bei den Butzower Gefäßen sind die Flechtmuster, meistens hori zontale und vertikale Bänder, mit einem mehrspitzigen kleinen Instrument einstochen, und zwar wurden zur Erzielung dieser Verzierung drei Arten des Einstichs verwandt, nämlich ein kleines, stets schräg gestelltes, meistens zwei- bis fiinfreihiges Kreuz, -ein halbkreisförmiger, vielleicht mit einer zugeschnittenen Federspule gemachter Einstich und drittens zur Herstellung des horizontalen Linienumrisses ein einfacher Furchenstich. Die Gefäße zeigen den deutlichen Uebergang von der steinzeitlichen Keramik an der mittleren und unteren Elbe zur Lausitzer Keramik der Bronzezeit, deren Ursprung man bisher immer noch nach Ungarn, Tllyrien oder selbst Troja verlegen wollte.