Seite 210 Internationale Sammler-Zeitung. Nr. 14 Waffen; von Bildern bevorzugte er namentlich die ita lienischen Schulen. Jedes seiner Schlösser hatte mehr oder weniger den Charakter eines Museums: am schärfsten wohl prägte er sicli in seinem Wiener Heim, dem Belvedere, und im böhmischen Schlosse Konopischt aus. Auf seinem Lieblingssitze, in Konopischt, hatte der kaiserliche Prinz auch einen zum Schlosse gehörigen Wintergarten als ein St. Georgs-Museum adaptiert, wo an 3000 Darstel lungen des ritterlichen Schutzpatrons in allen möglichen Materialien, von der kleinen Kupfermünze angefangen bis zur überlebensgroßen Reiterstatue, sich befinden. Eine besondere Gelegenheit zur Erweiterung seiner Sammlungen, deren Grundstock das Modenasche Erbe, die berühmte Este-Sam m 1 u n g, bildete, bot die Weltreise, die der verewigte Erzherzog in den Jahren 1892 und 1893 unternahm. In Asien, Afrika und Polynesien machte der Erzherzog mit viel Geschick interessante Gegenstände ausfindig, die dann in Hunderten von Kisten nach Wien gesandt wurden. Nach seiner Rück kehr nach Wien veranstaltete Erzherzog Franz Ferdi nand in den eigens dafür hergerichteten Sälen des Belve dere eine Ausstellung, die besonders vom ethnographi schen Standpunkte aus hervorragend war. Eine Zeitlang war dann diese Sammlufig in dem an das Modena-Palais auf der Landstraße grenzenden Gebäude mit den Este- schen Sammlungen und den vom erzherzoglichen Schlosse Cattaio bei Padua nach Wien überführten Altertümern vereinigt; nach dem Ausbau des Ring straßentraktes der neuen Hofburg fand sie in diesem, seiner eigentlichen Bestimmung nicht entsprechenden Luxusbau eine dauernde Heimstätte. In der neuen Hof burg war vorübergehend auch die großartige Musik- instrumentensammlung zu sehen, die der Erzherzog zu sammengebracht hat. Sic mutete wie eine Geschichte der Musik an. Da gab es Instrumente der berühmtesten Meister, zauberhafte Geigen von unschätzbarem Werte, die Paganini und andere Große gehandhabt hatten, ein Cello, an dem Ludwig XIV. seine Kunst versucht hatte und anderes. Im Kreise von Freunden und Bekannten sprach der Erzherzog, sofern ihn nicht die leidige Politik im Banne hielt, von seinen Sammlungen und verglich sie oft mit anderen, wobei er sich erstaunlich über die Schätze in formiert zeigte, die sich in öffentlichem und im Privat besitze befinden. Besonders gerne unterhielt sich der Erzherzog mit dem Grafen Hans W i 1 c z e k sen., dessen hohes Kunstverständnis ihm Bewunderung abrang. Wie jeder echte Sammler, verließ sich der Erzherzog überall auf seinen eigenen Geschmack, durch An preisungen ließ er sich nicht beirren. Nur wenn ihm etwas selbst gefiel, griff er zu, zahlte aber durchaus keine Phantasiepreise, sondern verstand genau, was jedes Ding wert ist. In W'ien war der Erzherzog in manchen Anti quitätenhandlungen ständiger Gast. Man teilte ihm auch mit, wenn etwas Besonderes auf dem Markte erschienen war, und reservierte cs ihm, wenn er gerade auf Reisen war, so lange es nur ging. In Salzburg und in Bad Ischl, in Innsbruck, Meran und in München kannte jeder Anti quitätenhändler den Thronfolger, der gerne unerkannt sein wollte, und führte ihm die Gegenstände vor, für die er Interesse bei ihm voraussetzte. Weilte er in den Alpen- ländern, so machte er Streifzüge in die Umgebung, um nach Altertümern zu forschen. Der Meraner Lehrer Alois Meng hin, der den Erzherzog auf seinen Exkursionen durch die Bauernhöfe in der Nähe Merans zu begleiten pflegte, erzählt in seinem Büchlein »Von unserem Thronfolger«, das im Brixener Tyroliaverlage erschien, mancherlei Amüsantes von den Wanderungen des Prinzen. So hatte der Erzherzog in Erfahrung gebracht, daß im Dorfe Schenna bei Meran ein alter lediger Bauer wohne, der ein wahres Arsenal von altem Zeug besitze und dies in einer schön getäfelten Stube ver wahre. »Da müssen wir hin,« sagte sogleich der Erzherzog. In fröhlichster Stimmung, über hundert Dinge plau dernd, langten sie darauf beim Pföstlhof an. Das Haus, von einem alten Gemäuer umgeben, gleicht einem ver kommenen Edelsitz und ist eigentlich auch ein solcher. Der Verfasser schildert nun, wie verblüfft der Erz herzog war, als er bei dem greisen bäuerlichen Diogenes cintrat: »Was sich da unseren Blicken darbot, läßt sich schwer beschreiben. Der Erzherzog schlug die Arme vor der Brust ineinander, blieb eine Weile stumm, wandte sich dann gegen mich und sah mich groß an. Endlich gab er seiner Ueberraschung mit den Worten Ausdruck: »Hat der eine Wirtschaft!« Unterdessen hatte sich der seltsame Bewohner dieses einzigartigen Gemaches von seinem Sitz am Erkertisch erhoben und ging uns freundlich lächelnd entgegen. Der Erzherzog bot ihm die Hand, erkundigte sich um das Befinden des sehr gemütlich dreinschauenden Alten und bat um die Erlaubnis, sein interessantes In ventar besichtigen zu dürfen. Dabei konnte er sich schon gleich über den drolligen Anblick, den das ganze Zimmer bot, des Lachens nicht erwehren. Wir verfielen beide in einen förmlichen Lachkrampf. Eine Zeitlang konnten wir kaum zu Atem kommen. Endlich fand der Erzherzog die Stimme wieder, wischte sich die Tränen aus den Augen und sprach dann, zu mir gewendet: »Ich bin weit auf der Welt herumgekommen, war in Aegypten und Indien, aber so etwas — na, so etwas ist mir noch nicht vorgekommen. Das sollten wir haben, so, wie cs ist, wenn nicht in Wirklichkeit, wenigstens im Bilde.« Das Zimmer bot aber auch wirklich mit seinem bunt durcheinandergehängten Kram und all der fürchterlichen Unordnung einen verblüffenden Eindruck. Pföstl war ein Weiberfeind und ließ nie die ordnende Hand einer Frau zu. Sein Lager war nie frisch gebettet, sondern blieb stets in demselben Zustande. Die Nahrung bereitete er sich ganz allein. »Was wollt Ihr denn für Euer ganzes Zeug hier samt dem Getäfel?« fragte ich, als sich mein Lachkrampf einigermaßen gelegt hatte. »O, dös gib i nöt her.« »Wir zahlen’« Euch gut,« sprach der Erzherzog. Der Bauer weigerte sich und betonte, daß er Geld genug besitze, gab aber dem Erzherzog die Erlaubnis, die Stube samt ihrem Inwohner malen zu lassen. Dieser Greis war glücklich, weil er keine Bedürfnisse kannte. Wie Diogenes schien er auf alle Zumutungen zu antworten: »Geht mir aus der Sonne!« Mit Recht gab der Erzherzog auf die Frage, wie ihm die Tiroler Bauern gefallen, die Antwort: »Ich sag’ Ihnen, das sind die einzigen glück lichen Mensch e n. Sic haben ein bescheidenes, aber wirkliches Glück, und das soll man ihnen nicht rauben.« Dem modernen Sport der Ansichtskarten war der Erzherzog sehr zugetan. Er unterschrieb immer »Erz herzog Franz« und bedachte die meisten seiner Ver wandten und Bekannten mit Karten, auf denen die schön sten Ansichten zu sehen waren. Die Kinder des heimge- gangenen Paares können auf eine Ansichtskartensamm lung zurücksehen, wie sie nur wenige Sterbliche besitzen. Von allen Reisen, von jedem Orte, mit den Unter schriften aller jener Personen, die in der Gesellschaft des