Nr. 15 Internationale Sammler-Zeitung. Seite 235 tragende Satyr« haben. Denn Frau Dr. Tietze hat einen ausgezeichneten Einfall gehabt, sie hat ein Motiv der Antike durch die Zeiten hin verfolgt, das heißt, um Mißverständnissen vorzubeugen, sie hat von einer antiken Statue ausgehend, ihre verschiedenen mehr oder weniger treuen Kopien und Abwandlungen wenigstens in Abbildungen zusammengebracht, um schließlich eines dieser Werke dem Raphael Donner zuzuschreiben. Und ich denke, daß manchen Sammler auf das hin die Lust anwandeln wird, etwas Aehnliches in praxi zu ver suchen, die Abwandlungen eines Motives durch die Jahrhunderte in seiner Sammlung zu vereinigen. Es gäbe eine Menge Motive, die sich lohnend gestalten würden, etwa der Diskuswerfer, Her kules, die Leda mit dem Schwan, der heilige Sebastian und dergleichen mehr. Ganz neu ist ja die Idee nicht. Seine k. u. k. Hoheit weiland Erzherzog Franz Fer dinand hat sie schon aufgegriffen und hat eine große Sammlung von heiligen Georgs 1 ' angelegt. Aber icli meine, sie ist noch nicht sehr verbreitet. Und da sie, wenn sie auch den Sarnmelkreis sehr ein schränkt, doch in ihren Resultaten sehr interessant ist. so möchte ich bei ihr etwas länger verweilen. Ich nehme * Siehe den Artikel »Erzherzog Franz Ferdinand als Sammler« in Nr. 14 der »Internationalen Sammler-Zeitung« vom 15. Juli 1914. nämlich an, daß wohl ein jeder, der eine Sammlung an legt, sich dabei etwas denkt, und es begrüßt, wenn die Objekte, die er ankauft, nicht bloß sein Gefallen erregen, sondern auch andere Qualitäten haben, die sie auch anderen näher bringen. Gewöhnlich wird der Wunsch nach Vollständigkeit, nach einer Entwicklungsreihe vorhanden sein. Der Wunsch nach Vollständigkeit wird wohl nie erfüllt werden, wohingegen die Schaffung einer lückenlosen Entwicklungsreihe oft, vielleicht zu leicht gelingt. Neuerdings wird solch eine Reihe aus recht disparaten Elementen bestehen, die infolge des ver schiedenen Materiales, der verschiedenen Techniken nicht ganz gut Zusammengehen werden. Ich meine, daß zum Beispiel Kupferstiche die Lücken unter Holz skulpturen, Tonarbeiten jene in Glas und dergleichen werden ausfüllen müssen. Ich glaube, daß da die Be schränkung auf ein bestimmtes Thema erschwerend und erleichternd einsetzen könnte und die Kollektion unge mein anregend und belehrend wirken würde. Weiters bespricht Gustav F r i z z o n i, der Freund des großen M o r e 11 i, einige Bilder der Liechten- s t e i n-G a 1 e r i e in Wien. Da die tollsten Zuschrei bungen besonders bei Gemälden in Privatsammlungen sehr häufig sind, so werden die kritischen Worte Frizzonis besonders zur Beachtung empfohlen. Die drei Bücher sind bei Schroll erschienen. Chronik. Autographen. (Autographenauktion in London.) Man schreibt uns aus London: Die jüngste Äutographenauktion bei Sotheby brachte die erhebliche Summe von 102.418 Mk. 48 Briefe Goethes an Joh. Fr, Schlosser wurden von einem deutschen Sammler für 12.000 Mk. erstanden. Den höch sten Preis erzielten 22 Briefe, die aus den Jahren 1712 bis 1716 datieren und die Verbreitung des Evangeliums unter den In dianern in Neu-England behandeln. Die 15.000 Mk., die hiefür von einem Händler aus der Neuen Welt gezahlt wurden, be weisen den großen Anteil, den die Amerikaner an jeder Einzel heit ihrer Geschichte nehmen. Eine Reihe von 22 Briefen der Königin Viktoria, die viel Intimes über ihre Heirat und über die Jugend des späteren Königs Eduard enthalten, brachten nur 1580 Mk. Für einen langen Brief von Burns wurden 5100 Mk. angelegt, für das Autogramm eines seiner Gedichte 4000 Mk. Eine Reihe von acht Briefen des Dichters Charles Lamb ging für 8200 Mk. in andere Hände über, das Manuskript von Thackerays berühmter Vorlesung über Swift für 4200 Mk. Bibliophilie. (Seltene Goethe-Ausgabe n.) Das Antiquariat Max Perl in Berlin hat einen Katalog für Bibliophile und Kunstfreunde zusammengestellt, der mancherlei Seltenheiten verzeichnet. Besonders möchten wir auf die sehr seltene, für die Textkritik wichtige Ausgabe von Goethes Werken hinweisen, die in Wien 1816 bis 1821 erschienen ist. Der Hauptwert der Aus gabe beruht darin, daß im Band II Goethes Spruch über Mon archenzusammenkünfte (»Sind Könige je zusammengekommen, so hat man immer nur Unheil vernommen«) abgedruckt ist. Dieser Spruch ist wohl wegen seiner »Staatsgefährlichkeit« bis heute noch nicht wieder in die Gesamtausgaben aufgenommen | und überhaupt sonst nirgends wieder gedruckt worden. — Goethes »Faust« ist im ersten Druck der ersten Originalausgabe (Leipzig) bei Georg Joachim Göschen 1787 (richtig 1790) vorhanden. Diese Ausgabe besteht aus den Bogen des 7. Bandes »Schriften«, jeder Bogen trägt noch die Norm »Goethes W. 7. B.«; die drei letzten Zeilen des Bogens I (S. 144) wiederholen sich auf Bogen K (S. 145), was so zu erklären ist, daß bei diesem ersten Satze nach dem Manuskript des Dichters in der Vorlage der Schluß des Bogens J nicht genau angemerkt war und deshalb aus Versehen die Schlußzeilen des einen Bogens zu Beginn des neuen Bogens K nochmals gesetzt wurden. Bei dem zweiten Druck desselben Jahres (von Bogen F an, Seufert B b), der nötig war, um die vielen Druckfehler zu tilgen, wurde auch die Wiederholung ausgemerzt und die vorhergehenden Zeilen auf S. 144 zur Ausfüllung des Raumes auf 4 Zeilen gedehnt. Der Band ruht in einer alten getriebenen Silberkassette mit Schließen. Die Flächen füllen Darstellungen der Hauptgestalten aus der Tragödie, umgeben von reich ornamentiertem Blattwerk, alles auf das zierlichste durchbrochen. Vorderseite: Oben Mephistopheles, um ihn schlingt sich ein Band mit der Inschrift: Eritis sievt Dei scientes bonvrri et malvm. Darunter Faust, in einem Folianten lesend, zwei Pudel und zwei Schlangen. Rück seite: Faust und Gretchen am Spinnrad mit einem Spruchband: A potestate diaboli libera nos domine. Rücken: Um einen Stab schlingt sich ein Band mit dem Titel: Faust ein Fragment Leip zig 1787. Die eine Schließe wird von zwei Drachen, die andere von einem Kreuz, einem Herz und zwei Sternblumen gebildet. (DasErgebnisder Versteigerung Huth.) Aus London wird uns geschrieben: Die vierte Abteilung der Büchersammlung H u t h ergab einen Ertrag von 372.221 Mk. Damit erreichfdie Gesamtsumme, die bisher bei den Versteige rungen der verschiedenen Abteilungen der Sammlung Huth er zielt wurde, den stattlichen Betrag von über 3,382.000 Mk., wobei die unterderhand verkaufte Shakespeare-Sammlung nicht mit gerechnet ist. Mit dem Erträgnis dieser Sammlung würde der