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Internationale Sammler-Zeitung,
Nr. 15
Bleibt nur die Bemerkung Königs, das er davon hörte,
Goethe habe selbst solche Nachsicht öfter nötig gehabt.
Mein Gott . . . dieses Gerücht mag ja seinen Grund in
der Nachsicht gehabt haben, die Goethe — anderen
gegenüber übte; Gerüchte entstehen ja so leicht und haben
oft in den seltsamsten Umständen ihren Grund.
Ueber Goethe als Sammler kann man schon aus
den Katalogen, die unter seiner Aufsicht angefertigt
wurden und die später sorgfältig ergänzt und revidiert
erschienen, Belehrung finden. Goethes mehrjähriger Se
kretär Chr. Schuchardt, welcher lange Zeit auch das
Amt eines Ordners und Beaufsichtigen dieser Sammlun
gen bekleidete, hatte schon ein viertelhalbhundert Seiten
starkes beschriebenes Verzeichnis herausgegeben, wel
ches sich nur auf die der zeichnenden Kunst ungehörigen
Stücke beschränkte, die Goethe Zeit seines Lebens zu
sammeln nicht müde wurde. Man kann Goethe sicherlich
im idealsten Sinne des Wortes zu den passionierten
Sammlern zählen. Er konnte mit einem geradezu leiden
schaftlichen Eifer einem Stücke nachgehen, das eine
Lücke in einer seiner vielen und mannigfaltigen Kollek
tionen ausfüllte. Wer ihn darin hilfreich unterstützte, dem
konnte er seine Dankbarkeit nicht genug herzlich be
kunden. Zelter zum Beispiel, der diese Neigungen seines
großen Freundes kannte und nach Kräften förderte, ist
daher auch ganz glücklich darüber, daß er ihm den Besitz
eines ehernen Stieres verschaffen konnte, der in David
Friedländers Sammlung sich befand und Goethes
Sammellust mächtig gereizt hatte. Friedländer, dem
Goethe für dieses Stück Dubletten aus seiner Medaillen-
Sammlung anbietet, macht sich eine Ehre und Freude
daraus, dem Dichter das gewünschte Stück zu über
lassen. Goethe schließt aber nicht bloß Tauschgeschäfte
mit Friedländer ab, worauf ein Briefwechsel zwischen
den Beiden sich bezieht, sondern wird auch von Fried-
ländcr mit Geschenken bedacht, was wir aus einem er
götzlich schlauen Briefe erfahren, mit dem Zelter dieses
Geschenk eine Medaille — begleitet. Da heißt es u. a.:
»In der Schachtel selbst wirst du beim Auspacken auch die
Zueignung des Gebers an dich finden. Willst du ihm
darüber ein gutes Wort gönnen, so hast du
vielleicht noch einmal dergleichen zu
hoffen; er ist ein guter Mann in deinem Alter, den ich oft
sehe, weil er mir nahe wohnt und am Podagra leidet, und
wird oft von dir gesprochen. Er ist ein Schüler von
M. Mendelssohn und hat bei hohem Alter ein Gedächtnis
seiner Zeit und der meinigen, wodurch ich immer zu be
richtigen und zurechtzustellen finde . . .«
Das Sammeln war bei Goethe, wie bei jedem echten
Sammler, nicht Selbstzweck, sondern auch Behelf und
Mittel zu stets sich erweiternder eigener Ausbildung. Der
erwähnte Beschreiber der Goetheschen Sammlungen be
merkt schon, daß sich aus dieser Tendenz das Vorhanden
sein vieler Sachen, namentlich unter den Kupferstichen
erkläre, zu denen ein skrupulöser Sammler den Kopf
schütteln möchte . . . Allein für Goethe war der Gedanke,
die Art und Weise der Auffassung und der Darstellung
derselben die Hauptsache bei dem Kunstwerke. Dieselbe
zu erkennen, genügte ihm auch eine weniger gute Nach
ahmung, ja selbst das Fragment eines bedeutenden
Werkes. Der Sammler Goethe sammelte und sah das Ge
sammelte eben als Dichter an.
Die Neuerwerbungen der Wiener Hofmuseen.
(Schluß.*)
Den Gemälden der englischen Schule des 18. Jahr
hunderts, die im vorigen Jahre erworben worden waren,
reihen sich zwei neue an: ein feines, in der etwas skizzen
haften Ausführung besonders intim wirkendes Porträt
eines sinnenden jungen Mädchens von Josuah Rey
nolds (Fig. 1) und eine überaus stimmungsvolle, fein ab
getönte Landschaft von Thomas Gainsbor.ough
(Fig. 2), der auch als Landschaftsmaler eine außerordent
lich hohe, entwicklungsgeschichtlich sehr wichtige Stellung
ein nimmt.
Aus der Alt-Tiroler Schule, von der die Galerie bis
vor kurzem noch keine Vorstellung zu geben vermochte,
wurden, nachdem in den beiden vorhergehenden Jahren
zwei Altarwerke aus dem Kreise Michael Pacher s,
die Madonna von Uttcnheim und das Triptychon mit der
heiligen Dreifaltigkeit, in die Galerie gelangt waren, im
Jahre 1913 zwei koloristisch und kompositioneil höchst
interessante Flügel eines Altars des heiligen Laurentius
(Fig. 3 und 4), vor: dem einige andere die Münchener
Pinakothek besitzt und der offenbar aus der Werkstatt
Michael Pachers selbst stammt, aus Privatbesitz
bei Bruneck erworben. Dadurch wurde die Vertretung
der Tiroler Schule in der Galerie wesentlich abgerundet.
Aus der Österreichischen Schule kamen außerdem acht
* Siehe Nummer 14 der »Internationalen Sammler-
Zeitung«.
vorzügliche, durch helle Färbung, kraftvolle Malerei und
eigenartige Komposition ausgezeichnete Skizzen zu
Deckenbildern von dem ausgezeichneten Barockmaler
A. F. Maulpertsch (Fig. 5 und 6), eine sehr feine
Städteansicht von dem jüngeren Brand (Fig. 7), die
diesen Meister von einer neuen Seite zeigt, eine flüch
tige, aber interessante Skizze von Heinrich Füger zu
seinem großen Bilde »Die Ermordung der Virginia« im
Museum zu Stuttgart (siehe die Abbildung in Nr. 12 der
»Internationalen Sammler-Zeitung«), und endlich als
Widmung der Baronin Marie P a s e 11 i aus dem Nach
lasse ihrer Mutter Marie Schwartz von Mohren
stern ein vornehm wirkendes, in der weichen maleri
schen Behandlung anmutiges männliches Bildnis von
dem älteren Lampi (Fig. 8) in die Sammlung.
Die prähistorische Sammlung des Natur
historischen Museums erhielt im Jahre 1913 29 Posten
prähistorischer Funde, die zum Teile für die Urgeschichte
sehr wichtig sind, aber kein kunstgewerblich inter
essantes Material enthalten. Auch die ethnographi
sche Sammlung hat im Jahre 1913 keine Erwer
bungen aufzuweisen, welche besonderes kunstgewerb
liches Interesse beanspruchen würden.
Die Kupferstichsammlung der Hof
bibliothek verzeichnet für das Jahr 1913 einen Zu
wachs von 770 Nummern mit 1271 Stücken (Einzel
blättern, Bänden, beziehungsweise Mappen). Die Kollek-