Seite 44 Nr. 3 Internationale Sammler-Zeitung. nisses vollziehen würde. »Wir Museumsdirektoren,« sagte Dr. Ubell, »welche bis jetzt aus dem Reservoir der Antiquitäten händler unsere Bestände ergänzt haben, würden in Zukunft leer ausgehen. Die Antiquitätenhändler würden sich in Amateure ver wandeln, die heimlich einkaufen, und, wenn sie größere Partien von Waren beisammen hätten, heimlich im Auslande verkaufen. Aber auch viele Private würden, um beim Antiquitätenhandel ihren Namen nicht angeben zu müssen, wie die geplante Ver ordnung es verlangt, es vorziehen, ihre Sachen im Auslande zu verkaufen, statt in Oesterreich. Wie vieles ginge dadurch für uns verloren! Man sieht also klar, daß die drückenden Bestim mungen der in Aussicht genommenen Verordnung mit logischer Konsequenz zu dem Gegenteil des angestrebten Zweckes führen würden.« Dr. Ubell schloß unter dem lebhaften Beifalle der Ver sammlung: »Dies ist in erster Linie von Seite der Museums direktoren aufs herzlichste zu bedauern und ich spreche gewiß im Sinne aller Anwesenden, wenn ich auf die Gefahren, welche die Gesetzwerdung des Entwurfes in sich bergen, in letzter Stunde noch aufmerksam mache.« In ähnlichem Sine bewegten sich auch die Ausführungen anderer Redner. — Wie wir hören, sind die Antiquitätenhändler übrigens nicht müßig gewesen, den ihnen drohenden schweren Schlag abzuwenden. Wiederholt sind in dieser Angelegenheit Deputationen beim Handelsminister Dr. Schuster von Bon hott vorstellig geworden und das Gremium der Wiener Kaufmannschaft hat im Einvernehmen mit den Antiquitätenhändlern eine Eingabe an das Handelsministerium gerichtet, in der es in Aufrechterhaltung seines Standpunktes, daß die Konzessionierung in diesem Falle nur im Gesetzeswege erfolgen könnte, die größten Härten der geplanten Verordnung äufzeigt. Besonders wendet sich die Eingabe gegen die Be stimmung des Entwurfes, daß bei der Erteilung der Konzession »auf die Lokalverhältnisse Bedacht zu nehmen« sei. Es handle sich hier nicht, wird ganz richtig ausgeführt, wie bei Gasthäusern, Buchhandlungen etc. um die Befriedigung eines örtlichen Be dürfnisses, im Antiquitätenhändel bestehe vor allem für die Händler selbst das größte Interesse, eine möglichst große Anzahl von Betrieben so nahe als möglich beieinander zu vereinigen. Die möglichst große Konkurrenz sei für einen regen Verkehr von Käufern und Verkäufern geradezu unentbehrlich. Was die Be stimmung des Entwurfes über die Führung von Geschäfts büchern über alle Ein- und Verkäufe anlange, aus welchen der Name, Stand und Wohnort des Verkäufers ersichtlich sein müsse, so liege darin eine bedeutende Gefährdung der Möglichkeit des Vcrkaufsabschlusses, zum Beispiel bei alten Familienstücken und dergleichen. Außerdem müsse die strikte Befolgung dieser Vor schrift den österreichischen Antiquitätenhandel gegenüber dem an solche Bedingungen nicht gebundenen ausländischen in be deutenden Nachteil setzen. (Tod bekannter Sammler.) Man schreibt uns aus Wiener Kunstsammlerkreisen: Der am 21. v. M. hier plötzlich verstorbene Herr Heinrich Egger war in seinen jüngeren Jahren und viele Jahrzehnte hindurch einer der be deutendsten und angesehensten Kunstkenner und Kunsthändler Europas. Die Wiener und Budapester Museen sowie alle unsere heimischen älteren Privatsammlungen verdanken ihm äußerst wertvolle Objekte. Egger begann seine Tätigkeit in jener, heute schon legendären Zeit, wo der Händler noch Streifzüge machen mußte, wo aber diese Mühen und Strapazen ihren reichen Lohn durch großartige Funde erhielten. Er hatte so manches Objekt aus seinem Schlupfwinkel geholt, das heute Zierde und Stolz großer Sammlungen bildet. Bis in seinen letzten Tagen hing Egger mit der schwärmerischen Liebe des Kenners an einzelnen Gegenständen der Morganschen Sammlungen, die er vor vielen Jahren gefunden hatte. Es ist schade, daß er nicht seine Me moiren geschrieben hat. Sie gäben ein interessantes Zahlen material für den ungeheuren Unterschied der Preise im Anti- quitätenhandel. Der Verstorbene sammelte in seinen späten Tagen selbst mit größtem Verständnis und hinterläßt eine kleine, aber ganz hervorragende Sammlung von Bronzen, Prunkgefäßen und kleineren Goldschmiedearbeiten der Renaissance. Als Händler und Kenner war Egger von einer geradezu spartanischen Strenge gegen sich selbst und andere. Diese Strenge ließ ihn oft Stücke, für die er große Summen aufgewendet hatte, wenn sich der ge ringste Zweifel an ihrer Echtheit regte, als wertlosen Trödel bezeichnen. Dem Dahingegangenen war Kindersegen versagt und so benützte er seine Ruhejahre zu einer hingebungsvollen Tätigkeit als Wohltäter armer Kinder. Als ganz junger Mann hat Egger als Kriegsfreiwilliger den Feldzug 1859 in Italien mit gemacht und war bei dieser Gelegenheit wiederholt im Feuer. — Aus Rom wird uns geschrieben: Dieser Tage starb hier der Senator Giovanni Barracco, ein wahrer und edler Freund der Kunst, ein Sammler von auserlesenem Geschmack und feinem Verständnis, wie es deren wenige gibt. Giovanni Barracco stammte aus einer reichen kalabresischen Familie von Adel und wurde am 29. April 1829 geboren. Er gehörte lange Jahre als Vertreter der Wahlkreise von Cotrone und Spezzano Grande dem italienischen Parlament an, in welcher Eigenschaft er sich eifrig mit Fragen der auswärtigen Politik, der Landwirtschaft und Nationalökonomie befaßte. Er war Mitglied der Budget- und anderer Kommissionen und mehrmals Referent der Kommission für auswärtige Angelegenheiten. Aber weit über die Grenzen seines Landes hinausreichende Verdienste erwarb sich der Dahin geschiedene durch seine Sammeltätigkeit, deren Ergebnis das Museo Barracco am Corso Vittorio Emanuele darstellt, das der großmütige Gründer vor wenigen Jahren der Stadt Rom unter der Bedingung des unentgeltlichen Zutrittes für die Besucher zum Geschenke machte. Wer das Museo Barracco zum ersten mal besucht, kann kaum begreifen, wie es überhaupt möglich war, in der zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts eine so fein gewählte Sammlung antiker Skulptur zusammen zubringen. Denn in dem kleinen Museum befindet sich kein minderwertiges und kaum ein mittelmäßiges Stück. Eine ganze Reihe ausgezeichneter griechischer Originale vor allem des ge bundenen Stiles und der Schule Polyklets, neben wenigen, aber guten römischen Kopien bilden den Grundstock der Sammlung, in der auch die etruskische, ägyptische, assyrisch-babylonische und byzantinische Kunst vorzüglich vertreten sind. Und den gleichen Geschmack und vornehmes ästhetisches Empfinden wie die Auswahl zeigt auch die Aufstellung der Kunstschätze. Die längst zu klein gewordenen zwei Räume sind so geschickt aus genützt, daß die Fülle nicht aufdringlich und verwirrend wirkt. Und vor allem, keines der Ausstellungsobjekte hat auch nur die geringfügigste Restauration erlitten, so daß wir restlos genießen können, was uns der Zufall von einstiger Schönheit erhalten. Es ist wohl keine Uebertreibung, zu sagen, daß wir in der Sammlung Barracco in bezug auf ästhetischen Wert und Un berührtheit die homogenste italienische Antikensammlung be sitzen. In ihr hat sich Barracco selbst das beste Denkmal gesetzt und jeder verständnisvolle Besucher wird seiner mit Dank und Verehrung gedenken. Vom Kunstmarkt. (Verkauf der Sammlung P i c r p o n t Mor- gans?) Aus Newyork geht dem Pariser »Gil Blas« die sehr unwahrscheinliche Nachricht zu, daß der Sohn Piermont M o r g a n s den Beschluß gefaßt habe, die von seinem Vater mit großem Aufwande angelegte Gemäldesammlung, die einen Gesamtwert von nahezu 300 Millionen Franken re präsentiert, zu verkaufen. Der Sohn Morgans sei mit einem Syndikat von Kunsthändlern und Antiquaren in Verbindung getreten, um mit ihrer Hilfe seine Sammlungen entweder öffentlich zu versteigern oder partienweise den Kunstlieb habern zu verkaufen. Der größte Teil der Sammlung Morgan befindet sich immer in Kisten eingepackt in dem Newyorker Metropolitan-Kunstmuseum. Der verstorbene Morgan war sehr erbost darüber, daß die endgiltige Ausstellung seiner Sammlung so lange Zeit in Anspruch nahm und ließ infolgedessen testa mentarisch seinem Sohne den freien Willen, über die Kunst-